Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bauernverband fordert Tötung von Wildschweinen
Während die Lobbyvereinigung wegen der Afrikanischen Schweinepest gegen das Schwarzwild vorgehen will, sehen Tierschützer und Biologen das Problem bei Zuchtbetrieben
WANGEN - Die Afrikanische Schweinepest ist im Anmarsch. Dieser Ruf klingt immer lauter und immer bedrohlicher. Klar ist: Das Virus rückt von Osteuropa aus näher. Polen und Tschechien sind bereits betroffen. Zwar unschädlich für den Menschen, lässt die Pest aber Wild- wie Zuchtsauen verenden. Für die Bauernschaft ergibt sich daraus ein simples Rechenexempel: Milliardenschäden seien möglich, weil der Schweinemarkt kollabieren würde, sollte die Pest Deutschland erreichen. Weshalb Werner Schwarz, Vizepräsident des Bauernverbandes, am Freitag ein rigoroses Vorgehen gegen Schwarzwild gefordert hat.
In ihm sehen die Landwirte die zentrale Übertragungsgefahr. 70 Prozent des Bestandes solle getötet werden, will Schwarz. Er fordert auch den Abschuss von Muttertieren und Frischlingen, eine bisher je nach Bundesland verpönte bis verbotene Praxis.
Ob sich der Bauernverband mit seiner Forderung einen Gefallen getan hat, ist offen. Gleich nach Schwarz hat sich der Deutsche Tierschutzbund zu Wort gemeldet. Eine seiner zentralen Aussagen: „Wildschweine sind nicht das Problem bei der Ausbreitung der Schweinepest, sondern der Mensch. Weil Tausende Mastschweine in riesigen Hallen zusammengepfercht gehalten werden, wird die schnelle Ausbreitung von Krankheiten, beziehungsweise Seuchen begünstigt.“Womit der Bauernverband einmal mehr eine bei ihm höchst unbeliebte Diskussion über Massentierhaltung bekommt.
Falscher Fokus?
Ins gleiche Horn wie der Tierschutzbund stößt der renommierte Wildbiologe Sven Herzog von der Technischen Universität in Dresden. Gegenüber Zeit online sagt er zur Schweinepest: „Nicht die Hauptursachen wie intensive Schweinezucht und transportbedingte Krankheitsverbreitung stehen im Fokus, sondern die Wildschweine.“Ihnen, so glaubt Herzog, solle der Schwarze Peter zugeschoben werden.
Zumindest hat inzwischen auch Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) den Bauern sekundiert. Wildschweinabschuss spiele eine zentrale Rolle bei der Seuchenprävention, heißt es von seiner Seite. Sein baden-württembergischer Amtskollege Peter Hauk (CDU) hat bereits im Spätsommer verlangt, die Schwarzwildbestände zu halbieren. Nun ist es durchaus so, dass sie seit Anfang der 1990er-Jahre trotz scharfer Bejagung stark zunehmen. Über die Ursachen sind sich die Wildbiologen einig: wärmere Winter, Klimawandel, daraus folgend mehr Eichelund Buchenmast. Schon sie deckt den Tisch der Sauen gut. Zudem verweisen die Experten auf Änderungen im landwirtschaftlichen Anbau. „In den Mais- und Rapswüsten fühlen sich die Schwarzkittel besonders wohl, dort finden sie jede Menge energiereiches Futter und gute Deckung“, hat dieser Tage Moritz Klose von der Umweltschutzorganisation WWF erklärt.
Die Jagdverbände schlagen den Bauern seit Jahren vor, sie sollten doch in ihren Maisschlägen Schussschneisen lassen und Felder nicht bis zum Waldtrauf ziehen. Oft genug verhallen diese Appelle laut Informationen aus dem baden-württembergischen Landesjagdverband. Die Erklärung hierzu ist einfach. Schneisen bedeuten für die Bauern Einnahmeausfälle. Wollen sie öffentliche Fördermittel dafür, dann ist die Beantragung höchst komplex. Und zu guter Letzt können sie bei den Jagdpächtern Wildschaden geltend machen, sollten Sauen wie so oft das Maisfeld verwüstet haben.
Immerhin haben die Weidmänner in der vergangenen Jagdsaison stark zugelangt: Die Strecke beträgt 589 417 Wildsauen, der vierthöchste je registrierte Wert. Ob dies zielführend beim Kampf gegen die Schweinepest ist, lässt sich aber nicht eindeutig beantworten. Das FriedrichLoeffler-Institut, zentrale Instanz bei der Tierseuchenbekämpfung, sieht den zentralen Übertragungsweg nicht von Sau zu Sau. Wesentlich problematischer seien Virus-verseuchte Reste von SchweinefleischProdukten, die von Reisenden oder Fernfahrern fortgeworfen und dann von Sauen gefressen würden. Osteuropa habe die Ausbreitung über Fernstraßen erlebt.