Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Élysée-Vertrag noch 2018
Paris und Berlin planen Neuauflage des historischen Bunds
BERLIN/PARIS (dpa) - Deutschland und Frankreich wollen die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Technologie vertiefen. Dazu wollen beide Länder noch im Laufe des Jahres einen neuen Élysée-Vertrag ausarbeiten, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron in einer am Sonntag in Berlin und Paris veröffentlichten gemeinsamen Erklärung mitteilten. Damit soll auch Europa gestärkt werden. „Unser Ziel ist es, gemeinsame Positionen zu allen wichtigen europäischen und internationalen Themen zu entwickeln“, schreiben Macron und Merkel.
Der aktuelle Élysée-Vertrag wurde vor 55 Jahren, am 22. Januar 1963, von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unterschrieben und besiegelte die Freundschaft der früheren „Erbfeinde“. Die Parlamente Frankreichs und Deutschlands hatten nun eine Neuauflage gefordert.
BERLIN - Der deutsche Bundestag und die französische Nationalversammlung feiern am Montag in Berlin und Paris 55 Jahre Elysée-Vertrag. Wir befragten dazu Andreas Jung
(Foto: dpa), CDU-Bundestagsabgeordneter aus Konstanz und Vorsitzender der deutsch-französischen Parlamentariergruppe. Die Sondersitzungen und die Resolution für einen neuen Elysée-Vertrag gehen auf eine Initiative zurück, die Jung mit den weiteren Baden-Württembergern Franziska Brantner (Grüne) und Michael Link (FDP) sowie mit Achim Post (SPD) angestoßen und ausgearbeitet hat. Mit Andreas Jung sprach Sabine Lennartz.
Herr Jung, 55 Jahre, ist kein runder Geburtstag. Warum wird der Elysée-Vertrag so groß gefeiert?
Weil der Jahrestag in eine Zeit fällt, in der die deutsch-französische Partnerschaft in besonderer Weise gefragt ist. Die Botschaft, die von unseren Sondersitzungen in Berlin und Paris ausgehen soll, ist: Diese Partnerschaft ist nicht fürs Geschichtsbuch, sondern für die Zukunft. Nur wenn Deutschland und Frankreich in dieselbe Richtung arbeiten, kommt Europa voran.
Ein neuer Elysée-Vertrag soll geschlossen werden. Was ist für Sie der wichtigste Punkt?
Dass wir mit neuen Impulsen die Partnerschaft weiter vertiefen und dass wir konkret den Alltag der Menschen verbessern. Mit einer noch stärkeren wirtschaftlichen Integration durch Harmonisierung des gesamten Wirtschaftsrechts, mit mehr Zusammenarbeit auch im Außen-, Sicherheits- und Verteidigungsbereich und mit dem Abbau von Hürden in den Grenzregionen: Am Oberrhein suchen in Baden Betriebe Fachkräfte und im Elsass viele Jugendliche Arbeit. Sie müssen zusammenkommen. Auch etwa die Infrastruktur für Elektromobilität muss grenzüberschreitend ausgebaut werden: Das E-Auto darf nicht auf halber Strecke nach Paris stehen bleiben!
Wie groß ist der Zeitdruck? Muss man in diesem Jahr fertig werden mit der Erneuerung?
Wir meinen Ja. Die Impulse nach Europa müssen jetzt gegeben werden, sie können nicht warten. Europa muss Handlungsfähigkeit beweisen.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, der gerade in Berlin zu Gast war, macht wenig Hoffnung: Die Wiener Koalition wendet sich explizit gegen Mehrbeiträge für die EU. Wie schwierig wird es, Europa zusammenzuschmieden?
Das wird nicht einfach. Wir müssen mehr Beiträge für Europa bringen, weil Europa auch mehr leisten muss, für unsere Sicherheit und für Stabilität – aber auch etwa für die Entwicklung von Afrika. Wenn wir nationale Aufgaben auf die EU übertragen, müssen wir auch die Mittel mitschicken.
Politik und Wirtschaft sind sich in Deutschland weitgehend einig über die Bedeutung Europas. Können Sie auch die Bürger überzeugen?
Viele Bürger sind überzeugt, andere zweifeln noch. Alle erwarten zu Recht, dass Europa angesichts drängender Fragen entschieden handelt. Diese Erwartung wurde in den letzten Jahren enttäuscht angesichts der Flüchtlingskrise, in der Europa auseinanderdividiert war. Europa muss mit einer Stimme sprechen, um neben den USA, Russland oder China stark wahrgenommen zu werden: Als ein Ort wirtschaftlicher und sozialer Stabilität und als ein Bündnis gemeinsamer Werte.