Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Der Wald hat zu kämpfen“
Sturm, Trockenheit und Käfer bedrohen den Bestand der Wälder auf der Alb.
MERKLINGEN/NELLINGEN - 40 000 Hektar Wald gibt es insgesamt im Alb-Donau-Kreis. Der unterteilt sich in eine Fläche von 14 000 Hektar Staatswald, 10 000 Hektar Kommunalwald und dem restlichen so genannten Privatwald. Doch nicht überall geht es dem Wald gut. Wettereinflüsse wie Stürme oder trockene Sommer oder auch Schädlinge wie der Borkenkäfer nehmen Einfluss.
„Der Wald hat zu kämpfen“, sagt Peter Steck. Der 49-Jährige ist leitender Revierförster und zuständig für den Staatsforst im Bereich der beiden Gemeinden Merklingen und Nellingen – insgesamt 390 Hektar. Seinen Sitz hat der Diplom-Ingenieur der Forstwirtschaft in Amstetten.
Steck kennt den Gesundheitszustand. „Der ist auch in einem Waldschadensbericht festgehalten“, erzählt er. Die forstliche Versuchsanstalt nehme dazu Untersuchungen vor und betrachte landesweit Beschädigungen – biotischer und abiotischer Natur. Die Bäume seien aufgrund von Abgasen schadhaft. Die Statistik zeige, dass 25 bis 30 Prozent der Bäume deutlich geschädigt sind. Dabei gehe es um die Luftschadstoffe. „Damit leben wir seit den 80er Jahren. Da war das Waldsterben sehr groß", erinnert sich Steck zurück. So gebe es eine Grundschädigung.
Kein Heilmittel in Sicht: Die Esche stirbt
Große Probleme und Sorgen mache momentan die Esche. „Sie stirbt ab“, sagt der Revierförster und fügt an: „Die Wissenschaft sagt, dass 90 Prozent über die Jahre absterben werden und zwar in allen Altersstufen. Das ist ziemlich dramatisch.“Hintergrund sei eine Pilzkrankheit.
Das kleine falsche Stängelbecherchen ist ein Pilz, der sich in den Zweigen ausbreitet und diese zum Absterben bringt. Nach und nach sterbe der ganze Baum ab. Es gibt kein Heilmittel. Der Pilz verstopft mit seinem Myzel die Äste. Die abgestorbenen Bäume drohen bei Sturm umzufallen. „In den vergangenen Tagen und Wochen war es mit dem starken Sturm so der Fall“, zeigt Steck auf. Ein „einschneidendes Vorgehen“, bei dem derzeit keine Hilfe in Sicht ist. „Es kommt aus der Rheinebene zu uns – hier mit vier oder fünf Jahren Verzögerung“, weiß der 49-Jährige.
Ein ganz anderes Problem habe die Fichte. In den vergangenen Jahren beeinträchtigte die warme Witterung sehr. Außerdem setze ihr der Borkenkäfer zu. Der Rindenbrüter fresse den Bast. Der Glukose-Transport wird unterbrochen. „Im Frühjahr beginnt der Baum, zu wachsen“, so Steck. Dann geht der Käfer dem Baum sprichwörtlich an den Kragen.
Folge: Der Baum stirbt ab, die Standsicherheit ist nicht mehr gegeben. „Die Fichte ist anfällig“, berichtet der Revierförster. Bruch und Sturmschäden würden eine zusätzliche Schwäche bringen. „Jene gebrochenen oder entwurzelten Bäume müssen aus dem Wald raus. Möglichst bis Ende Mai, denn sonst bilden sie wiederum Brutmaterial für den Käfer“, erklärt Steck.
Das sogenannte „Ausfahren in den Laubwald“sei die einzige Möglichkeit, um dem Käfer entgegenzuwirken. „Wir sind nämlich zertifiziert und bringen kein Gift aus. Wir sind chemiefrei und machen alles biomechanisch“, erklärt der 49-Jährige. Durch das Ausfahren der Bäume in den Laubwald – und damit auch des Käfers – würde der Rhythmus des Rindenbrüters beeinflusst. Der findet im Laubwald kein entsprechendes Holz mehr und auch nicht mehr den Weg zurück.
Mit dem Klimawandel habe die Buche zu kämpfen. Sehr heiße Sommer hätten Trockenschäden in den Kronen verursacht. Grund: Wassermangel. „Unsere Niederschläge sind nicht mehr ganze ausgeglichen", so der leitende Revierförster.
Sein Fazit: „Dem Wald geht es nur zu zwei Drittel gut. Doch wir versuchen, den Schäden und Problemen entgegenzuwirken.“Auch jetzt sind Steck und die Holzarbeiter im Wald zu Gange. „Momentan sind mir mit allen Kräften im Holzeinschlag tätig“, erzählt der Revierförster. Buche, Esche, Ahorn: Die Holzernte werde eingefahren und habe derzeit absolute Priorität. Einst hatte Steck insgesamt ein 2400 Hektar großes Revier. Mittlerweile seien Reviere zusammengelegt worden, so dass er auf 3500 Hektar Fläche komme.
16 000 Kubikmeter Holz würden gemacht. Bis zu 5000 Festmeter übernehme der Holzvollernter namens Harvester, der sein Optimum an Arbeit vor allem bei der Fichte habe. 10 000 Festmeter werden durch die Forstwirte erwirtschaftet. Dann gibt es noch den sogenannten Holzverkauf auf dem Stock, bei welchem Unternehmer ans Werk gehen.
Im Wald unterwegs ist auch Timo Allgaier. Der Förster hat 140 Hektar Gemeindewald Merklingens im Blick. Seit 2013 ist er dafür zuständig und kann die Auswirkungen und Problematiken Stecks bestätigen. „Der Nadelholzanteil hat in den vergangenen Jahren sehr abgenommen. Es gab damals große Kahlflächen, die wieder aufgeforstet wurden und nicht mehr so pflegebedürftig sind“, erzählt Allgaier. Die extremen Wettersituationen wie die Trockenheit und Stürme würden ihren Schaden hinterlassen.
Auch Timo Allgaier spricht die Fichte an. Ebenso kennt er den Borkenkäfer nur zu gut. „Ansonsten ist der Wald im Großen und Ganzen als gesund zu bezeichnen“, sagt er mit Blick auf insgesamt vier Distrikte. Drei davon liegen laut Allgaier östlich von Merklingen und ein Waldgebiet westlich.
„Dem Wald geht es nur zu zwei Drittel gut. Doch wir versuchen, den Schäden und Problemen entgegenzuwirken.“Peter Steck, Revierförster für den Staatswald in Merklingen und Nellingen