Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Union wartet auf die SPD

Zwischen Erleichter­ung und Besorgnis – Berlin quält sich zur Regierung

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Die Sorgenfalt­en sind auch nach dem Ja der SPD zu Koalitions­verhandlun­gen noch nicht verschwund­en. Weder bei der Union noch bei der SPD. Die SPD ist nach dem Ringen auf ihrem Parteitag und dem knappen Ja zu Koalitions­verhandlun­gen noch mit sich selbst beschäftig­t, die Union warnt vor zu hohen Nachforder­ungen der SPD.

„An uns wird es nicht scheitern“, sagt zuversicht­lich der Neu-Ulmer SPD-Abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner nach der Sonderfrak­tionssitzu­ng der SPD am Morgen im Reichstag. Er habe gerade eine nachdenkli­che Diskussion erlebt, aber auch den festen Willen, zu einer stabilen Regierung zu kommen.

Parteichef Martin Schulz tritt nach der fast zweistündi­gen Sitzung kurz vor die Mikrofone. Er meint allerdings, dass seine Partei noch etwas Zeit brauche, sich aufzustell­en. Die SPD werde erst einmal beraten, wie sie in die Verhandlun­gen gehe, „auf welcher Grundlage, in welcher strukturel­len und auch in welcher personelle­n Zusammense­tzung“, sagt Schulz.

Spitzenges­präch der Vorsitzend­en

Am Montagaben­d trafen die Vorsitzend­en von CDU, CSU und SPD zu Gesprächen zusammen. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, der SPD-Vorsitzend­e Martin Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer hätten gut eineinhalb Stunden lang in guter und konstrukti­ver Atmosphäre über die weitere Arbeitspla­nung gesprochen, hieß es aus Parteikrei­sen. Bevor zügig mit den Koalitions­verhandlun­gen begonnen werden soll, würden alle Seiten nochmals getrennt über das weitere Vorgehen beraten.

„Die Wähler warten doch auf uns“, so der Sigmaringe­r CDU-Bundestags­abgeordnet­e Thomas Bareiß. Auch von Wolfgang Schäuble kam die Aufforderu­ng: „Wir brauchen Regierunge­n. Gewählte Regierunge­n und nicht nur geschäftsf­ührende. Darauf warten auch unserer Freunde und Partner in Europa und der Welt“, sagt Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble zum Auftakt der ÉlyséeSond­ersitzung im Bundestag.

Doch bis zum Koalitions­vertrag wird es noch ein langes Ringen geben. Die GroKo-Gegner haben angekündig­t, weiterhin die Mitglieder gegen eine Koalition mobil zu machen. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil winkt am Morgen mit dem Zaunpfahl: „Die Union hat, glaube ich, verstanden, dass die SPD überzeugt werden muss.“Bareiß meint im Gegenzug: „Ich hoffe, dass die SPD versteht, dass das, was wir gemeinsam vereinbart haben, auch gilt.“Bareiß warnt überdies davor, jetzt die Wirtschaft zu sehr zu belasten. Sie soll laut Sondierung­spapieren bereits die Rückkehr zur Parität sowie weiterhin Solizuschl­äge für Personenge­sellschaft­en und damit viele Familienun­ternehmen verkraften. „Auch, wenn es momentan gut läuft, darf man nicht überziehen“, so Bareiß. Die SPD hat in ihrem Leitantrag vom Parteitag festgehalt­en, dass sie noch Verbesseru­ngen durch die Abschaffun­g der sachgrundl­osen Befristung­en und der Zwei-KlassenMed­izin und bei Härtefälle­n beim Familienna­chzug anstrebt. Der CDU Wirtschaft­srat warnt, schon die bisher getroffene­n Vereinbaru­ngen seien „ein enormer Belastungs­test für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d“. Man dürfe sich nicht auf weitere Forderunge­n einlassen. „Dafür, dass zum Beispiel die sachgrundl­ose Befristung unangetast­et bleibt, hat die Union an anderer Stelle einen hohen Preis gezahlt“, so Wolfgang Steiger, Generalsek­retär des Wirtschaft­srats.

Von anderer Seite wird von der CDU aber auch Entgegenko­mmen signalisie­rt. So warnen die Sozialauss­chüsse bereits vor einer Blockadeha­ltung. „Viele Anhänger der Unionspart­eien sind für eine Einschränk­ung befristete­r Arbeitsver­träge“, sagt der Vizevorsit­zende der Sozialauss­chüsse, Christian Bäumler. Und CDA-Chef Karl-Josef Laumann meint wie die SPD, an den langen Wartezeite­n bei Ärzten für gesetzlich Versichert­e müsse weiter gearbeitet werden.

Doch jetzt wird erst mal verhandelt. Die Union besprach intern, ob und wie man der SPD entgegenko­mmen kann. Schließlic­h muss die SPD am Ende einen Mitglieder­entscheid bestehen.

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FOTO: IMAGO Bundeskanz­lerin Angela Merkel: Bis zum Koalitions­vertrag ist es noch ein weiter Weg.

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