Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Prozess in Ulm: Staatsanwalt spricht von Hinrichtung
Eine Haftstrafe von mehr als zwölfeinhalb Jahren gefordert
EHINGEN - Im Prozess um einen 25Jährigen, der auf seine Ex-Freundin in Ehingen eingestochen hat und auch seinen Nebenbuhler mit einem Fleischermesser verletzt hat, sind am Montag die Plädoyers gesprochen worden. Der Staatsanwalt fordert eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes. Der Verteidiger hingegen erklärte, sein Mandant habe keine direkte Tötungsabsicht verfolgt, daher sei eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren angemessen.
Drastisch schilderte der Staatsanwalt am Ulmer Landgericht in seinem Plädoyer noch einmal die Tat, zu der es im Mai vergangenen Jahres in der Ehinger Innenstadt gekommen war: Der Angeklagte habe, nachdem er in die Wohnung seines Nebenbuhlers eingedrungen war, seiner Ex-Freundin von hinten mit einem Fleischermesser die Kehle durchgeschnitten, erklärte er.
Dabei habe dieser seine ganze Kraft eingesetzt, sodass die Halsmuskulatur verletzt, der Nerv und Venen durchtrennt wurden, bis das Messer auf die Halswirbelsäule traf. „Es ist das äußere Bild einer Hinrichtung“, erklärte der Staatsanwalt. „Es kommt dem Angeklagten darauf an, seine Ex-Freundin zu töten.“Auch der Nebenklägervertreter des Opfers wählte drastische Worte: „Er hat das Messer in der Art von IS-Terroristen eingesetzt“, erklärte er.
Nur glücklichen Umständen sei es zu verdanken, dass das Opfer noch lebe, erklärten Staatsanwalt und Nebenklägervertreter. Das größte Glück sei es gewesen, dass in besagter Nacht im Ehinger Krankenhaus ein Gefäßchirurg vor Ort gewesen sei, denn die junge Frau drohte zu verbluten – durch eine Notoperation konnte sie gerettet werden. Noch immer ist sie in Behandlung, wird demnächst an der Schulter operiert.
Der Staatsanwalt sprach von einem „größeren Motivationsbündel“, das zur Tat in den frühen Morgenstunden geführt habe: Der Angeklagte habe aus Wut, Frustration und Kummer gehandelt, als er seine Geliebte nackt im Bett ihres vorherigen Freundes in dessen Wohnung gesehen habe. „Das vorherrschende Motiv aber war: Bestrafung für die Untreue“, erklärte der Staatsanwalt, der 25-Jährige habe sein eigenes Urteil vollstreckt. Wenn er sie nicht haben könne, solle sie auch kein Anderer haben, hatte er laut Aussage der Geschädigten vor der Tat immer wieder gesagt. „Dieses Mantra hat er in die Tat umgesetzt.“
Wehrlosigkeit ausgenutzt
Beim Angriff auf seinen Nebenbuhler, den er mit dem Messer im Gesicht verletzt hat, spreche vieles für eine Tötungsabsicht, doch habe er von ihm abgelassen. Beim Angriff auf die junge Frau sei eine Tötungsabsicht vorhanden, die Tat sei aus niedrigen Beweggründen geschehen, so der Stattsanwalt. Ebenfalls sei das Merkmal der Heimtücke erfüllt – der Mann habe in den Wochen vorher seine Freundin immer wieder bedroht, bei der Tat schließlich habe er die Argund Wehrlosigkeit der jungen Frau, die mit dem Rücken zu ihm stand, ausgenutzt.
Der Täter sei trotz des konsumierten Alkohols voll schuldfähig. Auch sei es kein unbeendeter Mordversuch, denn dem Angeklagten müsse klar gewesen sein, dass er seine ExFreundin lebensbedrohlich verletzt hatte. Doch er habe keine Rettungsmaßnahmen unternommen, sondern sei geflüchtet und habe sie in der Blutlache liegengelassen, als er Geräusche im Flur gehörte habe. Gegen den Angeklagten spreche etwa auch die lange Liste an Vorstrafen. Für den Angeklagten spreche unter anderem seine geäußerte Reue.
Aus Eifersucht heraus gehandelt
Die Vertreterin des geschädigten Mannes schloss sich dem Antrag des Staatsanwalts an. Der Vertreter der geschädigten Frau forderte sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe – der Angeklagte habe aus pathologischer Eifersucht heraus gehandelt, sagte er. „Er wollte sie büßen lassen.“
Der Verteidiger erklärte, sein Mandant habe die Geschädigte nicht töten wollen und sprach von einem versuchten Totschlag. Über Monate hinweg habe den Angeklagten das Hin und Her in der Beziehung zermürbt. Als er in der Mainacht seine Geliebte schließlich im Bett des Anderen angetroffen habe, sei für ihn eine Welt zusammengebrochen – als sie ihm ein „Verpiss dich“an den Kopf warf, sei die Situation eskaliert. Der 25-Jährige habe zudem nicht planvoll gehandelt, erklärte sein Verteidiger, auch habe er durch den Alkoholund Drogeneinfluss nicht mehr klar denken können. Der Angeklagte ergriff das letzte Wort. „Es gibt keine Entschuldigung und Rechtfertigung dafür“, sagte er. „Ich bin froh, dass sie noch am Leben ist.“
Das Urteil verkündet das Gericht am Mittwoch, 24. Januar, um 11 Uhr.