Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Stiftungschef will keinen Kahlschlag
Der neue Herr über die Kreiskrankenhäuser im Kreis Neu-Ulm möchte keines davon aufgeben - Suche nach Lösungen
LANDKREIS NEU-ULM - Es sind entscheidende Wochen für die Kliniklandschaft im Kreis. Werden künftig alle Standorte beibehalten oder muss einer geschlossen werden? Geht es nach dem neuen Stiftungsdirektor Marc Engelhard, so könnten auch in Zukunft mit allen Dreien geplant werden. Man müsse vom Begriff „Schließung“wegkommen, sagte er jetzt vor der Presse.
Zum 1. Januar hat der Mann aus Oberhausen im Rheinland seinen Dienst als Direktor der Kreisspitalstiftung angetreten. Er war im August vergangenen Jahres als Nachfolger des geschassten Michael Gaßner bestimmt worden. Er hat ausweislich seines Lebenslaufs bereits zwei Kliniken saniert und wieder in die schwarzen Zahlen geführt. Nun soll er das Kunststück tunlichts auch im Landkreis Neu-Ulm schaffen. Hier stecken die drei Krankenhäuser tief im Defizit, allein für dieses Jahr wird ein Minus von knapp neun Millionen Euro vorhergesagt.
Hinter verschlossenen Türen haben sich die Kreispolitiker bereits die neuesten Berechnungen der Wirtschaftsprüfer von KPMG präsentieren lassen. Die Ergebnisse sind streng geheim, wer das Gutachten bekam, musste schriftlich versichern, davon nichts nach außen dringen zu lassen. Das Papier enthält unter anderem sogenannte „Exit-Szenarien“, das heißt: Die Wirtschaftsprüfer haben durchgerechnet, was es jeweils kosten würde, wenn einzelne Krankenhäuser geschlossen würden. Dem Vernehmen nach wäre selbst das eine extrem teure Angelegenheit.
„Eine Schließung von Illertissen wäre nicht abbildbar“
Noch am günstigsten käme ein dauerhafter Verzicht auf die Illertalklinik. Das bestätigte Stiftungsdirektor Engelhard, ohne Details zu nennen. Er und sein Team mit Ernst Peter Keller, zeitweilig kommissarischer Stiftungsdirektor, und Dr. Andreas Keller, medizinischer Direktor, wollen versuchen, eine Lösung für alle drei Standorte zu finden. „Eine Schließung von Illertissen wäre nicht abbildbar“, sagte Engelhard. Die dortigen Geriatriebetten ließen sich überhaupt nicht in den verbleibenden beiden Häusern Neu-Ulm und Weißenhorn unterbringen. Und: Die Geriatrie im Landkreis komplett aufzugeben, gehe überhaupt nicht, so Ernst Peter Keller, „denn die Stationen laufen“. Es sei auch das nötige Personal dafür vorhanden.
Vielmehr wird darüber nachgedacht, wie sich die einzelnen Häuser spezialisieren können und wo die Kräfte gebündelt werden müssten. Es stelle sich die Frage, warum Illertissen überhaupt Operationssäle benötige. „Das ist eine Diskussion, die kann man führen.“Ohnehin sei derzeit nur einer der zwei Säle in Betrieb. Es wäre besser, die OPs in Weißenhorn zu konzentrieren. Dadurch ließen sich Kosten sparen. Zum Ausgleich könnten in Illertissen nach den Worten von Engelhard andere Fachrichtungen angesiedelt werden, etwa eine Abteilung für Psychosomatik: „Strukturelle Maßnahmen sind besser als ein Kahlschlag.“
Wesentlich sei, die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die reine Ökonomie dürfe nicht alles sein. In diesem Zusammenhang versicherte Dr. Keller, die Ambulanz an der Illertalklinik solle nicht nur erhalten bleiben, sondern sogar ausgebaut werden.
Verlagerungen zwischen Illertissen und Weißenhorn sind mittlerweile deutlich einfacher, denn seit Anfang des Jahres sind beide Kliniken organisatorisch zu einem Haus zusammengelegt. Diese Veränderung war bereits 2004 grundsätzlich beschlossen, aber erst im vergangenen Jahr umgesetzt worden. Künftig soll ein sogenannter Personalpool gebildet werden, um Fachkräfte in der Pflege besser einsetzen zu können.
Für 18 neue Stellen gibt es keine Bewerber
Das heißt, die Patientenbelegung auf den Stationen wird straff organisiert, um Personal freizubekommen, das anderswo eingesetzt werden kann, in der Regel in Weißenhorn. Dort hat der Krankenhausausschuss sogar 18 zusätzliche Stellen bewilligt, um dem enormen Berg an Überstunden abzubauen.
Doch der Fachkräftemangel in der Pflege ist nach den Worten von Keller so gewaltig, dass die Stellen nicht zu besetzen seien. „Der Markt ist leer.“Deshalb müsse versucht werden, die Lücken kreativ zu schließen. Das Problem ist bekannt: Tageskliniken bieten attraktivere Jobs an, denn da endet der Arbeitstag am Abend, in den Kreiskrankenhäusern sind auch Nächte und Wochenenden abzudecken. „Wir haben hier halt einen 24Stunden-Betrieb.“
Was die Zukunft der drei Stiftungskliniken betrifft, so sollen noch in diesen Monaten die entscheidenden Weichen gestellt werden.