Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Verhandlungen im Schnelldurchgang
Bis zum 4. Februar soll der Koalitionsvertrag unterschriftsreif sein – Spätestens an Ostern soll Regierung stehen
BERLIN - Plötzlich soll es ganz schnell gehen: Koalitionsverhandlungen in nur einer Woche, denn schon am 4. Februar soll der schwarz-rote Vertrag unterschriftsreif sein, bis spätestens Ostern eine neue Regierung stehen – wenn die SPD-Basis zustimmt. Nach der vier Monate langen Hängepartie haben CDU, CSU und SPD jetzt den Geschwindigkeitsrekord am Freitag im Konrad-Adenauer-Haus.
„Tempomachen ist gefragt“, drängt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Die Menschen erwarten nun wirklich, dass wir in die Richtung einer Regierungsbildung kommen“, erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Den Anfang machten die Parteichefs. Auch die ersten Arbeitsgruppen beugten sich am Freitag über die Sachfragen. Vor allem die Themen Flüchtlinge, Arbeitsmarkt, Gesundheitspolitik müssen geklärt werden. Alle Themen seien „rauf und runter kommuniziert“, will Dobrindt keine KompromissSignale senden. Prompt warnen SPD-Unterhändler vor dem Scheitern. „Wenn wir beim Abbau der Zweiklassenmedizin nichts erreichen, haben wir beim Mitgliederentscheid nicht den Hauch einer Chance“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles pochte am Freitag wieder auf Nachbesserungen und verteidigt die Forderungen ihrer Partei: Zugeständnisse in der Gesundheitspolitik, bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen und dem Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus. „An Mut und Entschlossenheit mangelt es uns nicht“, sagte Nahles. Doch es müsse es bei den Inhalten stimmen. An ein Scheitern der GroKo glaubt Nahles nicht: „Das wird schon“, sagte sie optimistisch, schließlich hätten Union und SPD auch die letzten Jahre „gut zusammengearbeitet“.
Bis zum kommenden Freitag sollen 18 Arbeitsgruppen Ergebnisse liefern, die dann in einer Abschlussklausur am folgenden Wochenende noch einmal beraten werden, wie Unionsfraktions-Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) berichtet. Für den Fall, dass der enge Zeitplan nicht eingehalten werden kann, haben die Unterhändler einen Puffer „von zwei bis drei Tagen“eingeplant. Bis Weiberfastnacht wolle man durch sein. Gelingt es auch im zweiten Anlauf nicht, eine Regierung zu bilden, dürfte es Neuwahlen geben. Martin Schulz (SPD), der unter Druck in der eigenen Partei steht, würde wohl nicht erneut als Kanzlerkandidat antreten. Auch Merkel müsste mit Widerstand in den eigenen Reihen rechnen. „Wenn das schiefgeht, ist meine politische Karriere zu Ende“, hatte Schulz zu Beginn der Sondierungsgespräche im Kreis der Parteichefs erklärt. „Nicht nur deine“, hatte Seehofer gekontert. Er zieht sich in wenigen Wochen als Ministerpräsident zurück, wird als Kandidat für das Amt des Bundesarbeitsoder Wirtschaftsministers gehandelt, sollte die Große Koalition zustande kommen. Martin Schulz will von seiner früheren Absage an einen Ministerposten plötzlich nichts mehr wissen. Dass der Parteichef mit dem Posten des Außenministers oder Finanzministers liebäugelt, ist kein Geheimnis mehr.