Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Menschenleere Gaststuben in schönen Häusern
Zur Wirtshauskultur in unserer näheren und weiteren Region ist eigentlich alles gesagt: Es werden weniger Häuser, sie gehören für die meisten Menschen nicht mehr zum Alltag. Die Kommunikation am Stammtisch ist für weite Teile der Bevölkerung von Fernsehen und Facebook verdrängt. Umso mehr muten insbesondere historische Gasthäuser wie Museen an. Und es steht zu befürchten, dass es auch in Zukunft mehr Schließungen als Eröffnungen geben wird. Das ist vielleicht der Grund, warum die Buchreihe mit dem Titel „50 historische Wirtshäuser“tatsächlich ein bisschen museal wirkt. In diesen Büchern sind jeweils 50 Häuser einer bestimmten Region versammelt. In den beiden vorliegenden Bänden geht es um „Oberschwaben und Bodensee“sowie „Schwäbische Alb und Mittleres Neckartal“. Die Gestaltung ist von einer gewissen Biederkeit. In den einzelnen Beiträgen wird viel über die Geschichte der Häuser erzählt, manchmal über die baulichen Besonderheiten. Gelegentlich auch nette Anekdoten, wie jene vom weltreisenden Wirt vergangener Zeiten aus dem Gasthof Drei Mohren in Laupheim, der mit einer Orgel musiziert haben soll, während ein kleiner Affe das Geld kassierte. Im Vordergrund steht aber meist der historische Kontext. Das ruhige Bildmaterial zeigt viele interessante Details und vermittelt dem Leser ein Gefühl für das jeweilige Haus. Einen entscheidenden Fehler aber machen fast alle Fotografen, die sich mit ihren Bildern in den Wirtshausbüchern verewigt haben: Sie halten die Gasträume und Häuser fast durchgängig ohne Gäste fest, sodass die Wirtschaften wie verlassen wirken. Fast so, als ob die Wirte erwarten, dass sowieso bald keiner mehr kommt. Schade, denn eine Gaststube ist grundsätzlich nur dann schön, wenn sie von Menschen belebt ist. So aber – wie in den beiden Buchausgaben zu sehen – wirken sie allzu oft lediglich wie Räume, in denen altmodische Stühle ausgestellt sind. Keine Menschen im Gespräch. Keine Leute, die sich zuprosten. Niemand, der genießt.
Immerhin: Meistens sind wenigstens die Gastgeber im Bild. Über die Qualität der jeweiligen Küchen ist so gut wie nichts zu erfahren. Wenigstens aber ist jedes Haus mit Angaben zu den Grundinformationen wie Adresse und Öffnungszeiten versehen. Das erhöht den Gebrauchswert.
Die Texte stammen übrigens aus der Feder von Historikern und Germanisten, was die Texte sprachlich exakt und geschichtlich gewiss korrekt macht. Unterhaltungsliteratur ist das aber leider nur selten. Schade, dass die Bücher nicht stärker das Leben in den Häusern dokumentieren, das es ja unbestritten gibt, und lebendige Wirtshausgeschichten erzählen. Dabei sollen die Bücher doch unter Beweis stellen, dass das Wirtshaus immer noch sehr lebendig ist und eben nicht ausgestorben und es sich auch heute noch lohnt, seiner Wirtschaft die Treue zu halten.
Am besten, der Leser versteht die Bücher als Anregung, selbst wieder mal traditionell essen zu gehen. Wenn es bei den Neugierigen diesen Impuls auslöst, hat sich die Investition von jeweils 24,95 Euro gelohnt.