Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
VW entschuldigt sich für Tierversuche
Auch Daimler und BMW distanzieren sich von Tierversuchen
BERLIN (AFP) - Nach Berichten über Tierversuche in den USA im Zusammenhang mit Abgastests hat sich der Volkswagen-Konzern für die Praktiken entschuldigt. Volkswagen „distanziert sich klar von allen Formen der Tierquälerei“, erklärte das Unternehmen. Zuvor hatte die „New York Times“berichtet, dass zehn Affen bei einem Experiment in den USA im Jahr 2014 Dieselabgase eines VW einatmen mussten. Dem Bericht zufolge sollen mehrere deutsche Autobauer das Experiment finanziert haben.
NEW YORK (dpa) - Das neueste Kapitel des „Dieselgate“-Skandals von Volkswagen enthält Szenen, die kaum zu glauben sind. Zehn zu Versuchsobjekten degradierte Affen kauern in einem Testlabor im USWüstenstaat New Mexico und atmen stundenlang Abgase eines VW-Beetle ein, während ihnen zur Beruhigung Zeichentrickfilme gezeigt werden. So beschreibt Jake McDonald, was sich 2014 auf Betreiben von VW in seinem Forschungsinstitut in Albuquerque abgespielt haben soll.
Volkswagen räumt angesichts der öffentlichen Empörung ein, es wäre besser gewesen, auf eine solche Untersuchung von vornherein zu verzichten. „Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung Einzelner“, heißt es aus der Wolfsburger Konzernzentrale des Autobauers. Der Wissenschaftler McDonald sagte im Rahmen der US-Ermittlungen zum VW-Abgasskandal aus, sonst wäre der „Albuquerque Monkey Test“womöglich niemals an die Öffentlichkeit gelangt.
Die Tests mit den Affen waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass die Dieselschadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat. Deshalb hatte die EUGT (Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor) – eine von Volkswagen, Daimler und BMW finanzierte Lobby-Initiative – sie beim Lovelace Respiratory Research Institute in Auftrag gegeben. Federführend war laut Studienleiter McDonald dabei VW.
Auch die anderen EUGT-Partner gingen rasch auf Abstand. Daimler erklärte, man habe eine Untersuchung eingeleitet, um die Hintergründe der umstrittenen Studie aufzuklären. „Wir halten die Tierversuche in der Studie für überflüssig und abstoßend“, hieß es in Stuttgart. BMW äußerte sich in einem Statement ähnlich – der Konzern führe keine Tierversuche durch und habe an der Studie nicht mitgewirkt. „Details wie Ablauf oder Umfang können wir entsprechend nicht kommentieren.“
Trotz der deutlichen Distanzierungen bleiben Fragen offen. Etwa ob und was die Firmen zum damaligen Zeitpunkt von den Experimenten wussten. Dazu wollte sich keiner äußern. In einer Stellungnahme von Daimler heißt es allerdings, alle von der EUGT beauftragten Forschungsarbeiten seien von einem Beirat aus Wissenschaftlern von „namhaften Universitäten und Forschungseinrichtungen“begleitet und geprüft worden – von der Auswahl bis zu den Ergebnisdarstellungen.
Laut Forscher McDonald wollte man die Experimente anfangs sogar mit Menschen durchführen. Doch nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Dieselabgase als krebserregend eingestuft habe, seien wegen rechtlicher Bedenken die Affen zum Einsatz gekommen. Die entscheidenden Anweisungen habe stets VW gegeben. Was damals noch keiner wusste: Der getestete Beetle hatte eben jene Software zur Abgasmanipulation an Bord, die Volkswagen im darauffolgenden Jahr in eine der tiefsten Krisen der Konzerngeschichte stürzen sollte.