Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Anschlag erschüttert Kabul
Mehr als 100 Menschen sterben bei Taliban-Angriff
KABUL (dpa) - Beim schwersten Anschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul seit acht Monaten hat ein Attentäter mindestens 103 Menschen getötet. 235 weitere Menschen seien verletzt worden, sagte Afghanistans Innenminister Wais Ahmad Barmak am Sonntag. Die radikalislamischen Taliban haben den Anschlag für sich reklamiert.
Ein Attentäter hatte am Samstag einen mit Sprengstoff beladenen Krankenwagen im zentralen Regierungsund Geschäftsviertel der Stadt zur Explosion gebracht. In der Nähe des Anschlagsortes liegen viele Botschaften und afghanische Sicherheitseinrichtungen. Als Reaktion auf den Anschlag wurde am Sonntag landesweit Staatstrauer ausgerufen.
Gegen 13 Uhr (Ortszeit) hatte der Attentäter seine Bombe nahe dem Sedarat-Platz im Viertel Schar-e Nau gezündet. Der Mann hatte sich als Ambulanzfahrer verkleidet und versucht, mit dem Krankenwagen in die Straße einzubiegen, in der unter anderem die Gesandtschaft der Europäischen Union, die Botschaften von Schweden und Indien sowie Gebäudekomplexe des Innenministeriums und des Geheimdienstes liegen.
Wie der Innenminister am Sonntag sagte, wurde der Attentäter von einem zweiten Krankenwagen begleitet, mit dessen Hilfe er durch einen ersten Kontrollpunkt gekommen sei. Dann habe er für 20 Minuten auf dem Parkplatz des DschamhuriatKrankenhauses gewartet. Schließlich sei er zu einem zweiten Kontrollpunkt weitergefahren, der zum Gebäude des Innenministeriums führte. Als Sicherheitskräfte ihn dort als Gefahr erkannten, zündete er seine Bombe.
Der Inhaber eines Kopiergeschäfts am Sedarat-Platz sagte im Fernsehen, es habe sich angefühlt, als habe die Detonation den Boden unter ihm bewegt. Er habe im Laden gesessen, als es geschah. „Da hat plötzlich eine starke Windböe alles Glas zerschmettert, es hat Splitter auf uns geregnet.“Der Mann im Nachbarladen habe kurz zuvor einen Jungen losgeschickt, um Essen zu holen. „Als wir hinausrannten, sahen wir den Jungen daliegen, voller Blut. Er war tot.“
Die EU-Botschaft liegt nur etwa 120 Meter vom Anschlagsort entfernt. Ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Uns geht es gut. Keine der internationalen oder afghanischen Kollegen wurden verletzt oder getötet.“Alle Mitarbeiter seien nach dem Knall sofort in Schutzräume gebracht worden. Allerdings seien viele Fenster zerbrochen.