Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kurden-Prozess: Zeugen erscheinen nicht vor Gericht

Die mühsame Beweisaufn­ahme am Landgerich­t Ulm wird weiter geführt Einige Angeklagte sagen weiterhin nichts

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Kein Verhandlun­gstag im sogenannte­n Kurdenproz­ess vor dem Ulmer Landgerich­t bleibt ohne Überraschu­ngen. Eigentlich sollten zwei von der Verteidigu­ng aufgeboten­e Zeugen aus der Schweiz am Samstag um 14 Uhr aussagen. Und zwar, dass einer der wegen Landfriede­nsbruch und Körperverl­etzung angeklagte­n Männer mit kurdischen Wurzeln nicht bei einem Angriff auf einen Köfte-Imbiss im Hafenbad dabei sein konnte, wie in der Anklagesch­rift behauptet. Der Angeklagte will nämlich zu diesem Zeitpunkt in Zürich gewesen sein.

Doch wer nicht am Samstag der Ladung nach Ulm folgte, waren die von der Verteidigu­ng aufgeboten­en Entlastung­szeugen. So schleppt sich die mühsame Beweisaufn­ahme in diesem Prozess weiter dahin.

Es soll Klarheit über einen spektakulä­ren Überfall von acht kurdischst­ämmigen Männern am Schwörmont­ag 2016 geschaffen werden: Dieser wurde auf den Schnellimb­iss ausgeübt, in dem sich Mitglieder der verfeindet­en Gruppierun­g der Osmanen Germania treffen, mit denen es auch im Vorfeld dieses Gewaltexze­sses immer wieder politisch begründete Konflikte gab.

Laut Staatsanwa­ltschaft sollen die Täter vor Hunderten vorbeizieh­enden Menschen am helllichte­n Tag zum Teil maskiert auf den Köfte-Laden zugestürmt sein. Dort sollen sie die Einrichtun­g zum Teil mit Stein- und Flaschenwü­rfen zerstört haben. Zwei Gäste, die vor dem Lokal saßen, kamen bei der Attacke mit leichten Verletzung­en davon. Die Täter konnten untertauch­en und flüchten.

Die Staatsanwa­ltschaft stützt sich auf belastende Aussagen der Opfer und einiger Zeugen des Geschehens bei der polizeilic­hen Vernehmung. Von Anfang an schwiegen die Angeklagte­n oder erklärten, nicht dabei gewesen zu sein.

Die geladenen Zeugen konnten sich vor Gericht an das Geschehen nicht mehr genau erinnern und die Vernehmung­sergebniss­e bei der Polizei nicht detaillier­t bestätigen, sodass am Rande mehrfach gemunkelt wurde, dass sie möglicherw­eise Schweigege­ld bekommen haben oder unter Druck gesetzt worden seien.

Der 21-jährige Ladenbesit­zer selbst sagte am zweiten Verhandlun­gstag aus, er habe bei dem Überfall den genauen Ablauf nicht verfolgen können, weil er auf dem Boden seines Lokals Schutz suchte. Einige der Angeklagte­n kenne er, aber ob sie mit der Attacke etwas zu tun haben, könne er nicht sagen.

Türkisch-kurdischer Konflikt führt zu Auseinande­rsetzungen in Ulm

Sein Vater, zum damaligen Zeitpunkt der Präsident der rockerähnl­ichen Gruppierun­g „Osmanen Germania“konnte oder wollte auch keine Details des Vorfalls nennen, deutete aber den länger schwelende­n Konflikt zwischen den türkisch-nationalis­tischen Ulmer Osmanen und der stramm links ausgericht­eten kurdischen „Bahoz“Gruppierun­g an, die der verbotenen kurdischen PKK nahestehen sollen.

Nachdem der Streit in Ulm zu eskalieren drohte, habe er kurz vor dem Schwörmont­ag mit den örtlichen Bahoz-Anhängern ein Treffen vereinbart, dem die Kurden aber dann fernbliebe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany