Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kurden-Prozess: Zeugen erscheinen nicht vor Gericht
Die mühsame Beweisaufnahme am Landgericht Ulm wird weiter geführt Einige Angeklagte sagen weiterhin nichts
ULM - Kein Verhandlungstag im sogenannten Kurdenprozess vor dem Ulmer Landgericht bleibt ohne Überraschungen. Eigentlich sollten zwei von der Verteidigung aufgebotene Zeugen aus der Schweiz am Samstag um 14 Uhr aussagen. Und zwar, dass einer der wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung angeklagten Männer mit kurdischen Wurzeln nicht bei einem Angriff auf einen Köfte-Imbiss im Hafenbad dabei sein konnte, wie in der Anklageschrift behauptet. Der Angeklagte will nämlich zu diesem Zeitpunkt in Zürich gewesen sein.
Doch wer nicht am Samstag der Ladung nach Ulm folgte, waren die von der Verteidigung aufgebotenen Entlastungszeugen. So schleppt sich die mühsame Beweisaufnahme in diesem Prozess weiter dahin.
Es soll Klarheit über einen spektakulären Überfall von acht kurdischstämmigen Männern am Schwörmontag 2016 geschaffen werden: Dieser wurde auf den Schnellimbiss ausgeübt, in dem sich Mitglieder der verfeindeten Gruppierung der Osmanen Germania treffen, mit denen es auch im Vorfeld dieses Gewaltexzesses immer wieder politisch begründete Konflikte gab.
Laut Staatsanwaltschaft sollen die Täter vor Hunderten vorbeiziehenden Menschen am helllichten Tag zum Teil maskiert auf den Köfte-Laden zugestürmt sein. Dort sollen sie die Einrichtung zum Teil mit Stein- und Flaschenwürfen zerstört haben. Zwei Gäste, die vor dem Lokal saßen, kamen bei der Attacke mit leichten Verletzungen davon. Die Täter konnten untertauchen und flüchten.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf belastende Aussagen der Opfer und einiger Zeugen des Geschehens bei der polizeilichen Vernehmung. Von Anfang an schwiegen die Angeklagten oder erklärten, nicht dabei gewesen zu sein.
Die geladenen Zeugen konnten sich vor Gericht an das Geschehen nicht mehr genau erinnern und die Vernehmungsergebnisse bei der Polizei nicht detailliert bestätigen, sodass am Rande mehrfach gemunkelt wurde, dass sie möglicherweise Schweigegeld bekommen haben oder unter Druck gesetzt worden seien.
Der 21-jährige Ladenbesitzer selbst sagte am zweiten Verhandlungstag aus, er habe bei dem Überfall den genauen Ablauf nicht verfolgen können, weil er auf dem Boden seines Lokals Schutz suchte. Einige der Angeklagten kenne er, aber ob sie mit der Attacke etwas zu tun haben, könne er nicht sagen.
Türkisch-kurdischer Konflikt führt zu Auseinandersetzungen in Ulm
Sein Vater, zum damaligen Zeitpunkt der Präsident der rockerähnlichen Gruppierung „Osmanen Germania“konnte oder wollte auch keine Details des Vorfalls nennen, deutete aber den länger schwelenden Konflikt zwischen den türkisch-nationalistischen Ulmer Osmanen und der stramm links ausgerichteten kurdischen „Bahoz“Gruppierung an, die der verbotenen kurdischen PKK nahestehen sollen.
Nachdem der Streit in Ulm zu eskalieren drohte, habe er kurz vor dem Schwörmontag mit den örtlichen Bahoz-Anhängern ein Treffen vereinbart, dem die Kurden aber dann fernblieben.