Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Hoffenheim pfeift, Nagelsmann wütet
Nach dem 1:1 gegen Freiburg hängt der Haussegen schief bei der TSG – Petersen trifft erneut
SINSHEIM (dpa/SID) - Erst verweigerten die gnadenlos ausgepfiffenen Spieler der TSG Hoffenheim den Gang in die Kurve, dann legte der Trainer verbal nach: Die Risse in der heilen Fußball-Welt im Kraichgau sind nach dem 1:1 im Baden-Derby der Fußball-Bundesliga gegen den SC Freiburg deutlich sichtbar geworden. „Wir hatten uns heute mehr Unterstützung erhofft“, äußerte TSG-Coach Julian Nagelsmann seinen Unmut über die Pfiffe der eigenen Fans.
Auch wenn die Hoffenheimer vor 30 150 Zuschauern in der Rhein-Neckar-Arena wahrlich keine schmackhafte Fußball-Kost boten, brachte Nagelsmann kein Verständnis für das Verhalten der TSG-Anhänger auf. „Wir waren in dieser Saison nie schlechter als Neunter. Wenn man ab Platz neun schon anfängt zu pfeifen, wird es eng“, sagte der 30-Jährige und schob die rhetorische Frage nach: „Was machen denn die Fans der Mannschaften, die hinter uns stehen? Da muss es ja eine Steigerung geben. Der Zehnte läuft beim ersten Rückpass aufs Feld? Der Elfte nimmt einen Spieler mit nach Hause? Der Zwölfte macht den Mannschaftsbus kaputt?“
Es knirscht nicht nur zwischen Mannschaft und Fans, auch hinter den Kulissen. Laut „Bild am Sonntag“ist das Aus für Geschäftsführer Hansi Flick endgültig besiegelt. Flick, der seinen 53. Geburtstag am Samstag nicht im Stadion feierte, soll seinen Dienstwagen bereits abgegeben haben und den bis 2022 gültigen Vertrag in den kommenden Tagen auflösen. Der ehemalige DFB-Sportdirektor hatte die Stelle erst im Sommer angetreten. Im internen Machtkampf zog der frühere Assistent von Bundestrainer Joachim Löw, der dem Verein eine neue Führungsstruktur verpassen wollte, nun offenbar den Kürzeren.
Petersen schwärmt vom SC
Sportlich läuft es ohnehin mau. Mit nur einem Sieg aus acht Spielen hinken die Hoffenheimer den eigenen Erwartungen im Rennen um die internationalen Startplätze weit hinterher. „Natürlich ist das für uns Scheiße“, befand Bayern-Leihgabe Serge Gnabry, der im Sommer zu den Münchnern zurückkehrt. Da auch Torjäger Mark Uth (Schalke) und womöglich außerdem Amiri und Demirbay Hoffenheim verlassen könnten, könnte es ab Juli noch ungemütlicher werden bei der TSG und für Nagelsmann.
Ganz anders war die Stimmungslage beim Gegner. Torjäger Nils Petersen, der in der 66. Minute per Foulelfmeter die TSG-Führung durch Andrej Kramaric (57.) egalisiert hatte, ließ sich noch lange nach dem Abpfiff mit seinen Kollegen von den Fans feiern. „Er hat die Souveränität, sich den Ball zu nehmen und mit aller Konsequenz auch auszuführen“, lobte SC-Sportvorstand Jochen Seier den Ausgleichsschützen. Nur Trainer Christian Streich war nicht ganz zufrieden: „Wir haben alles abgearbeitet. Aber wir haben nicht so rausgespielt, dass wir uns Torchancen erspielen konnten. Wir wollen und müssen besser Fußball spielen.“
Für Petersen war es bereits das zwölfte Saisontor, der Ex-Münchner (Dauerreservist) ist damit der beste deutsche Stürmer in der Liga, und mancher würde ihn gerne zur WM in der Nationalmannschaft sehen. Trotz des Erfolgs verlängerte der 29-Jährige unter der Woche seinen bis 2019 gültigen Vertrag vorzeitig. „Ich habe hier meine erfolgreichste Zeit. Die möchte ich nicht hergeben, sondern fortführen“, sagte er. „Ich fühle mich rundum wohl. Und das ist das A und O, dass man jeden Tag mit einem Lächeln zur Arbeit geht.“Julian Nagelsmann dürfte das momentan schwer fallen.