Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Streit um Überprüfung des Bildungszeitgesetzes
Die erste Evaluierung führt zum Eklat
STUTTGART (lsw) - Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und andere Bildungsträger halten die Überprüfung des Bildungszeitgesetzes im Land für eine Farce. Das sagte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf in Stuttgart. Viele Träger weigerten sich, an der Evaluierung in der jetzigen Form teilzunehmen. SPD-Fraktionsvize Stefan Fulst-Blei forderte, den Prozess zu stoppen. Das Wirtschaftsministerium teilte mit, eine Unterbrechung widerspreche dem Grundsatz einer ergebnisoffenen Befragung.
Die Träger kritisieren, dass sie bei der Planung der Evaluierung nicht eingebunden worden seien und die Überprüfung nur zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes viel zu früh komme. „Manche haben erst in den vergangenen Monaten ihre Zertifizierung erhalten“, sagte Frenzer-Wolf. Außerdem sei das Zeitfenster der Befragung zu kurz; bis Ende April sollen sich die Träger zurückmelden. „Da stellt sich die Frage, welcher Grad von Repräsentativität erreicht werden kann.“
Zudem seien manche Fragen – gerade auch an die Teilnehmer der Bildungsangebote – suggestiv, etwa ob man an einer ehrenamtlichen Bildungsmaßnahme auch dann teilnehmen würde, wenn es dafür keine Bildungszeit gebe, oder die nach gewerkschaftlicher Aktivität. Gleichzeitig fehlten andere Fragebereiche. Frenzer-Wolf: „Das Ergebnis der Evaluierung steht doch schon fest: Das Gesetz soll beschnitten werden.“Die Bitte der Verbände nach einem vorläufigen Moratorium der Befragung sei vom Wirtschaftsministerium abgelehnt worden. Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück. „Bei der Evaluation wurden im Vorfeld alle Seiten ganz bewusst einbezogen, um größtmögliche Transparenz und Akzeptanz zu erreichen“, sagte eine Sprecherin. Man könne und wolle eine Einflussnahme auf die Evaluation in dem Maße, wie sie der DGB fordere, von keiner Interessengruppe zulassen. Seit dem 1. Juli 2015 können Beschäftigte im Südwesten Bildungszeit nehmen. Für bis zu fünf Tage pro Jahr können sie sich von der Arbeit freistellen lassen, um sich weiterzubilden. Lohn oder Gehalt muss der Arbeitgeber weiter zahlen, Weiterbildungskosten trägt der Arbeitnehmer.