Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mit Manfred Oster tritt ein „Sparkässler alter Schule“ab
Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Ulm wird heute verabschiedet - Klares Wertegerüst
ULM - Mit dem Abschied von Manfred Oster geht bei der Sparkasse Ulm eine Ära zu Ende: Seit dem Jahr 2000 prägte er das Institut als Vorsitzender des Vorstands. An diesem Donnerstag wird Oster mit einem Festakt im CCU geehrt, am 31. März geht er in den Ruhestand.
Es ist schwer, mit dem bekennenden Sparkassen-Mann Manfred Oster über die Themen Banken, Finanzen und Geld ins Gespräch zu kommen. Der 65-Jährige, der ab Anfang April Pensionär sein wird, spricht lieber über Werte, Ethik, Religion. Und er betont, dass die Sparkasse qua Auftrag am Gemeinwohl orientiert ist.
Größtes Institut in der Region
Natürlich beherrscht er sein Geschäft: Mit einer Bilanzsumme von mehr als sechs Milliarden Euro im Jahr 2017 ist die Sparkasse Ulm das größte Finanzinstitut in der Region. Oster definiert sein Verhältnis zu Zahlen so: „Die Zahlen haben mir immer geholfen, die Zukunft zu bewältigen.“
Im Jahr 2000 kam Oster, der aus Bietigheim-Bissingen stammt, nach Ulm. Er begann seine Laufbahn bei der Kreissparkasse Ludwigsburg, wurde Verbandsprüfer und von 1985 an Vorstand und später Chef der Sparkasse Kitzingen, die im Jahr 2000 zur Sparkasse Mainfranken-Würzburg fusionierte.
Im Interview betont Oster immer wieder: „Unser Geschäft ist nur mit einer Grundeinstellung auf der Basis klarer Werte zu schaffen, die Sparkasse könnte ich ohne mein Gottvertrauen nie leiten.“Er bezieht seinen Rückhalt aus seinem Glauben, den er auch lebt: „Ich bin Vorsteher der neuapostolischen Gemeinde in Senden, ich brauche den Glauben als Rückhalt.“Im Arbeitskreis Kirche und Wirtschaft der evangelischen Kirche engagierte Oster sich: „Um zu lernen und auch um meinen Wertehorizont zu erweitern.“
Aufbauend auf sein Wertegerüst hat Oster, wie er berichtet, die Sparkasse geleitet: „Ich habe meine Kunden nicht alleine gelassen, durch viele Besuche habe ich viel Vertrauen, wie ich glaube, aufgebaut.“Gespräche, Informationen, Rückschlüsse, Netzwerke pflegen: „Ich habe mich immer auf mein Bauchgefühl verlassen. Es ist immer gut gegangen. Darüber bin ich in erster Linie dankbar“.
Ein wenig kokettiert der „Sparkässler aus Überzeugung“: Denn unter seiner Ägide hielten auch bei der Sparkasse Ulm im Kreditgeschäft Computer Einzug, die Risiken für Banken und Kunden berechnen und bewerten und entscheiden können.
Gerade während der Finanzkrise im Jahr 2008 sei die Sparkasse zahlreichen heimischen Unternehmen zur Seite gestanden: „Wir haben damals Firmen durch schwere Zeiten getragen, vor Insolvenzen bewahrt und damit viele Arbeitsplätze gerettet“, erinnert sich Oster, für den die Sparkasse „der zuverlässige und kraftvolle Motor der regionalen Wirtschaft“ist.
Freilich fällt in die Ära Oster auch ein langer Zoff um Zinsen: Mehr als zwei Jahre lang stritt die Ulmer Sparkasse öffentlich mit Sparern über ihr gut verzinstes Anlageprodukt. Die Bank wollte Tausende Kunden aus den Scala-Verträgen herauslocken – und erlitt deshalb gerichtliche Schlappen gleich in mehreren Instanzen. Mit vielen Sparern hat man sich außergerichtlich geeinigt.
Oster bezeichnet sich als Chef, der fordert und fördert: „Die Sparkasse ist ein Gemeinschaftswerk, das man mit Charme und Hartnäckigkeit formen kann. Ich hoffe, das ist mir gelungen.“Sein Prinzip: „Eine Sparkasse schaffen sie nur im Team.“Der Teamgedanke hat freilich seine Grenzen: „Alle werden gehört, dann wird entschieden.“
Auch baulich hinterlässt Oster Spuren: Mit der Sparkasse Neue Mitte sowie mit den ebenfalls preisgekrönten Neubauten in der Neuen Straße prägte die Sparkasse Ulm das moderne Innenstadtbild entscheidend und nachhaltig.
Doch der „Sparkässler aus Überzeugung“kann sich auch sorgen. Sehr sogar: Nach seiner Meinung lernen in der heutigen Zeit viele Kindern das Sparen nicht mehr. Ein Blick ins Ausland helfe weiter, sagt er: „In Laos und Vietnam habe ich als Vertreter der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation erlebt, wie es gehen kann: Dort gibt es an einem Tag im Monat einen Spartag, in Ruanda gibt es die Bewegung ,Learn to save’“: Dort bringen Kinder ihren Eltern das Sparen bei.“Und Oster setzt hinzu „So etwas finde ich vorbildlich.“
Wie spart man? Manfred Oster blickt auf die Strategie für sein eigenes Institut: „Immer abgesichert, nie zu risikoreich.“Die Eigenanlagen der Sparkasse wiesen stets einen gesunden Mix aus kurzen, mittleren und langen Laufzeiten auf. Sparer sollten einen Mix aus kurzen und langen Sparverträgen mit einigen Aktien anstreben.
Noch genau zehn Tage bleiben Oster, dann endet der Vertrag. Wie stellt er sich den Abschied aus der Vorstandsetage vor? „Ich hatte immer eine Begeisterung für die Sparkasse. Daher lasse ich nichts auslaufen, ich werde am 31. März, das ist der Karsamstag, abends die Sparkasse abschließen.“Wann? „Um Mitternacht.“
Orgel spielen, Rennrad fahren
Ab dem 1. April wird sich der künftige Pensionär seiner Frau, den drei erwachsenen Kindern, den Hobbies widmen: „Natürlich ist meine Familie durch die 44 Jahre Arbeitsleben zu kurz gekommen.“Oster will musizieren, wieder Orgel und Kontrabass spielen. Und Sport treiben: „Mein Rennrad und auch mein Mountainbike müssen sich jetzt warm anziehen. Ich glaube, dass sie viel zu tun bekommen.“
Im wichtigsten Ehrenamt, das Oster zugesagt hat, wird es – wie auch anders – um Werte gehen: „Ja, ich bin Vorsitzender der Ulmer Universitätsgesellschaft geworden. Ich frage mich: Was ist heute der Wert der Universität? Welchen Wert hat sie in der Gesellschaft von heute?“