Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Debatte um Kontrolle gefährlicher Hunde
Tierschützer sahen keine Vernachlässigung von Kampfhund Chico
HANNOVER (dpa) - Nach der Beißattacke eines Hundes mit zwei Toten in Hannover ist eine Debatte über strengere Kontrollen für Hundebesitzer entbrannt. Ein StaffordshireMischling soll seine 27 und 52 Jahre alten Besitzer in ihrer Wohnung getötet haben. Die 52-jährige Frau saß im Rollstuhl, ihr Sohn war schwer krank. Er soll den Rüden in einem Metallkäfig in seinem Zimmer gehalten und nur selten ausgeführt haben.
Udo Kopernik, Vorstandsmitglied im Verband für das deutsche Hundewesen (VDH), sagte: „Wenn erste Zwischenfälle bekannt werden, muss man mit großer Konsequenz vorgehen. Behörden müssen auch Tierhaltungsverbote aussprechen.“Wie am Donnerstag bekannt wurde, hatte der örtliche Tierschutzverein 2014 und 2016 von Nachbarn Hinweise auf eine Vernachlässigung des Hundes erhalten und die Familie zweimal in dem Mehrfamilienhaus besucht. „Der Hund zeigte damals keine Anzeichen von Vernachlässigung“, sagte der Geschäftsführer des Tierschutzvereins Hannover, Heiko Schwarzfeld. Beim Besuch der Tierschutz-Inspektorin habe er zwar gebellt und sei weggesperrt worden, aber das sei nicht ungewöhnlich. Ein Rentnerpaar hatte gemeldet, dass der wie ein Boxer aussehende Hund offenbar in einem Zimmer eingesperrt sei, ständig belle und auf dem Balkon sein Geschäft mache.
Der junge Besitzer hatte laut Schwarzfeld bei den Besuchen angegeben, er gehe mit seinem Hund Chico frühmorgens und abends spazieren. Dabei benutze er einen Maulkorb und eine Schleppleine. Nach einer ersten Untersuchung eines Rechtsmediziners starben Mutter und Sohn am Dienstagabend infolge der Hundeattacke. Die Staatsanwaltschaft Hannover ordnete eine Obduktion der Leichen an, um die genauen Todesumstände aufzuklären. Deren Ergebnis wird frühestens heute erwartet.
Jahrelang keine Beschwerden
Die Stadt Hannover muss nun darüber entscheiden, ob Chico eingeschläfert wird. Derzeit ist der Hund im Tierheim. Ein Veterinärmediziner der Stadt werde das Tier begutachten, wenn das Obduktionsergebnis feststeht, sagte Stadtsprecher Udo Möller. In den vergangenen fünf Jahren seien keine Beschwerden über den Hund an die Stadt herangetragen worden. Die Begutachtung habe der Tierschutzverein nicht weitergegeben. Das Tier war demnach steuerrechtlich als normaler Hund gemeldet. Wer in Niedersachsen einen Hund neu anschafft, muss eine Sachkundeprüfung ablegen, auch Hundeführerschein genannt. Wer vor 2013 zwei Jahre lang ohne Beanstandung einen Hund gehalten hat, ist davon allerdings ausgenommen. Das scheint bei der Familie der Fall gewesen zu sein.