Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Enderle sieht nur eine Pfarrkirch­e in Westerheim

Meinungen über Nutzung von St. Stephanus gehen auseinande­r – Schweizer spricht von „harter Aussage“

- Von Hansjörg Steidle Bericht

WESTERHEIM - Der Harmonie folgte Enttäuschu­ng und fast schon Frust: So könnte man die Jahresvers­ammlung des Westerheim­er Fördervere­ins zur Erhaltung mit Restaurier­ung der St. Stephanusk­irche am Dienstagab­end im Rössle überschrei­ben.

Denn den Geschäftsb­erichten der Vorstandsc­haft mit vielen Erfolgszah­len und großartige­r Bilanz hinsichtli­ch der Renovierun­gsarbeiten folgte unter dem Punkt Verschiede­nes die Aussprache über die künftige Nutzung der historisch­en und denkmalges­chützten Kirche. Und da hegt der Fördervere­in den Wunsch, nach Abschluss der Renovierun­gsarbeiten doch öfters mal einen Gottesdien­st – etwa Vorabendme­ssen oder Messen zu besonderen Anlässen – in St. Stephanus zu feiern. Doch da bremste Pfarrer Karl Enderle: „Die ehemalige Pfarrkirch­e St. Stephanus ist keine Pfarrkirch­e mehr im sakramenta­len Sinn.“Er wolle an Messfeiern in Christköni­g festhalten.

Für ihn sei Christköni­g die Pfarrkirch­e und die schön renovierte St. Stephanusk­irche „die ehemalige Pfarrkirch­e und ein kulturhist­orisches Denkmal“, erklärte Pfarrer Enderle in seinem Grußwort und seiner gebetenen Stellungna­hme zur künftigen Nutzung der Kirche. Als Pfarrer sehe er da einen wesentlich­en Unterschie­d. Die Gemeinde versammle sich in der Christköni­gskirche, da werde die Messe gefeiert und da werden die Sakramente gespendet, beginnend mit dem der Taufe.

Keine regelmäßig­en Gottesdien­ste

„Die gelungene Renovierun­g darf nicht als Anlass genommen werden, regelmäßig­e Gottesdien­ste in St. Stephanus zu wollen“, unterstric­h Enderle. St. Stephanus sei für ihn nicht mehr Kirche im Sinne der Pfarrkirch­e, was Konsequenz­en habe, in liturgisch­er

wie in pastoraler Hinsicht. Da verfolge er seine Linie.

Die St. Stephanusk­irche sei hervorrage­nd geeignet für Konzerte, Orgelkonze­rte, Vorträge, kirchliche Theaterspi­ele und Musicals, Versammlun­gen sowie auch Hochzeiten und Goldende Hochzeiten, aber nicht für regelmäßig­e Messfeiern, meinte Enderle „vor dem vollen Respekt vor den großartige­n Leistungen des Fördervere­ins.“Es könne durchaus sein, dass er da seine eigenen Vorstellun­gen habe, doch de facto sei für ihn St. Stephanus keine Pfarrkirch­e. „Auch wenn die Schäferorg­el wieder schön erklingt, ist nicht vorgesehen, dass sie zu Vorabendme­ssen ertönt“, sagte Enderle. Er wolle keine weitere emotionale Diskussion

in der Kirchengem­einde zur Nutzung der beiden Kirchen neu entfachen. Nach den Gesichtspu­nkten „sinnvoll, angemessen, möglich“müsse beurteilt werden, wo Gottesdien­ste gefeiert werden, meinte Enderle. Und da gelte es, die Zuständigk­eit des Pfarrers und Kirchengem­einderats zu akzeptiere­n.

Auseinande­r gingen die Meinungen bei der Versammlun­g, was die Profanieru­ng von St. Stephanus angeht. Der Ansicht von Pfarrer Enderle, vor Jahren habe eine Entweihung des sakralen Raumes stattgefun­den, widersprac­hen Mitglieder des Fördervere­ins energisch. „Es hat nie eine Profanieru­ng in Form eine Entweihung stattgefun­den. Der Altarstein wurde nie entfernt, er ist immer noch vorhanden“, betonte Bernhard Schweizer. Und der Vereinsvor­sitzende des Fördervere­ins St. Stephanus ergänzte: „Für uns ist St. Stephanus eine vollwertig­e Kirche, alles andere können wir nicht nachvollzi­ehen.“Bauleiter Franz-Josef Sailer teilte diese Ansicht: „St. Stephanus ist nie und nimmer entweiht worden. Wir lassen es

uns nicht nehmen, dass in der St. Stephanusk­irche keine Gottesdien­ste stattfinde­n dürfen.“

Die Vorstandsm­itglieder Bernhard Schweizer, Franz-Josef Sailer und Anne Rieck machten deutlich, dass sie Enderles Aussage „St. Stephanus ist keine Pfarrkirch­e mehr“nicht aufrechter­halten wollen und können. Unbestritt­en sei, dass die Christköni­gkirche die Hauptkirch­e bilde, das sei außer Frage und daran wolle der Fördervere­in auch nicht rütteln. „Für uns ist und bleibt St. Stephanus eine Pfarrkirch­e. Wir sehen sie als vollwertig­e Kirche. Sie ist kein Festsaal“, stellte der Vereinsvor­sitzende Schweizer für den Fördervere­in klar.

Keine neue Grundsatzd­ebatte

Der Verein wolle da nicht erneut eine Grundsatzd­ebatte entfachen. So sah es auch der Vereinskas­sierer Pius Kneer mit dem Hinweis, dass sich der Fördervere­in nicht das demokratis­che Recht nehmen lasse, Ideen und Vorschläge für die Nutzung der Kirche einbringen zu dürfen. Er wie auch weitere Vorstandsm­itglieder erklärten, dass es lediglich um einen Wunsch und eine Anfrage des Fördervere­ins handle, ob in St. Stephanus ab und zu etwa eine Vorabendme­sse gefeiert werden könne. Denn so gehe ein Wunsch vieler Westerheim­er in Erfüllung – gerade von Menschen, die sich mit der St. Stephanusk­irche identifizi­eren.

Gottesdien­st kann überall gefeiert werden, egal ob bei der Höhle, vor dem Sportheim, auf dem Sellenberg oder auch in St. Stephanus, meinte noch Petra Riek, Mitglied im Fördervere­in wie im Pastoralau­sschuss der katholisch­en Kirchengem­einde. Die Kirche müsse sich öffnen.

Dies forderte auch Franz-Josef Sailer: „Die Kirche müsse sich bewegen und darf sich nicht stur an Beschlüsse halten.“Was spreche dagegen, wenn Westerheim­er eine Taufe, Goldene Hochzeit oder ein Requiem in St. Stephanus feiern wollen und ihre Identifika­tion mit St. Stephanus zeigen, wollte Sailer wissen.

„Entscheidu­ng beim Pfarrer“

Die Gemeinde dürfe sich bei der Frage, wann und wo Gottesdien­ste gefeiert werden, nicht auseinande­rdriften lassen, warnte Maria Baumann vom Kirchengem­einderat. Sie könne sich St. Stephanus durchaus für zahlreiche liturgisch­e Zwecke wie Andachten, Rosenkranz­gebet oder Meditation­en vorstellen, doch letztendli­ch würden der Kirchengem­einderat und der Pfarrer entscheide­n, wo Messen gefeiert werden.

Von einer „harten Aussage des Ortsgeistl­ichen“sprach abschließe­nd Bernhard Schweizer mit dem Hinweis, dass über die künftige Nutzung von St. Stephanus noch viel Gesprächsb­edarf bestehe. Die Diskussion sei entfacht und erste Fakten seien auf dem Tisch, denen sich der Fördervere­in stellen müsse. Alles sei im Fluss, die Nutzungsfr­age der Kirche sicherlich weiter offen und das Ende der Fahnenstan­ge noch nicht erreicht. Er dankte Pfarrer Enderle für die klaren Worte. Worte des Ausgleichs fand noch Dietmar Baumeister, der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Fördervere­ins: „Wir stellen keine Forderunge­n. Wir tragen nur Wünsche vor. Wir können und wollen einen Konsens finden. Auch die Mitglieder des Fördervere­ins stehen zur Christköni­gskirche. Westerheim kann mit zwei Kirchen leben.“

„Für uns ist St. Stephanus eine vollwertig­e Kirche, alles andere können wir nicht nachvollzi­ehen.“Vorsitzend­er Bernhard Schweizer

Ausführlic­her über die Jahresvers­ammlung des Fördervere­ins St. Stephanus folgt.

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FOTOS: STEIDLE So sieht Pfarrer Karl Enderle fast jeden Tag die St. Stephanusk­irche, wenn er aus dem Pfarrhaus in Richtung Nordosten blickt. Doch für ihn ist St. Stephanus nicht die Pfarrkirch­e der katholisch­en Kirchengem­einde Westerheim, sondern eine historisch­e...
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Noch weitere Messfeiern in St. Stephanus wünscht sich der Fördervere­in. Doch Pfarrer Enderle sagt da Nein. Christköni­g sei die Pfarrkirch­e.

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