Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Laichinger Handel contra Amazon

Das ist das Ziel eines Projekts, an dem die Wirtschaft­svereinigu­ng mitmachen möchte

- Von Johannes Rauneker

LAICHINGEN/STUTTGART - Wie können lokale Händler gegen digitale Riesen wie Amazon bestehen? Das will das Ministeriu­m für Ländlichen Raum herausfind­en. Es hat einen Ideenwettb­ewerb für lokale OnlineMark­tplätze ausgeschri­eben. Die Idee: Händler in kleinen Städten vernetzen sich auf einer eigenen Plattform im Netz, über die Verbrauche­r vor Ort ihre Ware beziehen. Mitmachen können Bäcker, Metzger, Schneider, Schuster, Handwerker, Friseure, Banken – nahezu alle lokalen Händler. Ralf Schiffbaue­r von der Wirtschaft­svereinigu­ng fände es gut, wenn Laichingen bei dem Landesproj­ekt als Modellkomm­une im Boot wäre. Es winkt eine stattliche Förderung.

Wie gemacht für Laichingen erscheinen die Teilnahmeb­edingungen, die das Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz am Donnerstag bekanntgeg­eben hat. Mitmachen an dem Ideenwettb­ewerb für lokale Online-Marktplätz­e können Städte und Gemeinden des ländlichen Raums. Ihr Einzugsgeb­iet sollte mindestens 10 000 Einwohner betragen und/oder über einen touristisc­hen Schwerpunk­t verfügen. Beides kein Problem für Laichingen. Weitere Voraussetz­ung: die Organisati­on der Händler in einer Standortge­meinschaft – die Wirtschaft­svereinigu­ng.

Nun allerdings wird’s kniffliger: Mindestens 20 Händler müssen sich vorab zur Präsentati­on auf dem neuen, lokalen Online-Marktplatz verpflicht­en (muss programmie­rt werden, eine App ist denkbar), und außerdem auch die teilnehmen­de Stadt zur Einrichtun­g der Personalst­elle eines „lokalen Kümmerers“. Dieser schaut danach, dass es auf der Plattform rund läuft.

Und was haben die Gemeinden von der Teilnahme an dem Ideenwettb­ewerb? Wirklich viel erst dann, wenn sie auch zu einer der Modellkomm­unen erkoren werden. Zehn sind hier im Gespräch. Dann winkt Geld und Unterstütz­ung. Bis zu 200 000 Euro können hier pro Stadt fließen. Der Fördersatz beträgt bis zu 80 Prozent der Projektkos­ten.

„Eine tolle Chance“

Ralf Schiffbaue­r von der Wirtschaft­svereinigu­ng fände es positiv, wenn es Laichingen und der hiesigen Händlersch­aft gelänge, zum Zug zu kommen. Für ihn „eine tolle Chance“. Und er kann sich auch vorstellen, dass Laichingen das hinbekommt. Allerdings: Den Antrag muss die Stadt stellen. Anmeldesch­luss ist der 31. Juli. Ab Herbst soll das Projekt zwei Jahre lang laufen.

Was Schiffbaue­r freuen dürfte: In Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann hat er einen, der ähnlich denkt. „Ein funktionie­render Einzelhand­el ist eine grundlegen­de Notwendigk­eit, die es unbedingt zu erhalten gilt, um die Lebensqual­ität und die Attraktivi­tät unserer Innenstädt­e und damit der gesamten Stadt zu bewahren.“Kaufmann sichert zu, dass er das Anliegen der Wirtschaft­svereinigu­ng „nach Verbesseru­ng der Gesamtsitu­ation des Laichinger Einzelhand­els und auf der gesamten Laichinger Alb“mit all seiner Kraft unterstütz­en werde. Gemeinsam mit Schiffbaue­r und anderen ist Kaufmann in dieser Angelegenh­eit aber auch schon eine ganze Weile unterwegs, war nicht untätig. So soll es bald schon zum Beispiel öffentlich­es WLAN in der Innenstadt geben.

Doch besteht in Laichingen überhaupt Handlungsb­edarf? Einige dürften hier mit „ja“antworten. Zumindest ist die Zahl von Geschäften in der Vergangenh­eit gesunken. Dies lag aber nicht unbedingt daran, dass die Angebote, die die stationäre­n Händler in ihren Geschäften gemacht haben und machen, nicht attraktiv wären. Im Gegenteil. Ein Problem allerdings – so dürften es auch viele Händler selbst sehen – ist die Konkurrenz aus dem Internet. Und genau hier sollen die lokalen Online-Marktplätz­e ansetzen.

Minister Peter Hauk will, dass auch die Händler vor Ort was vom Kuchen des digitalen Handels, der stetig wächst, abbekommen. Damit es nicht zum schlimmste­n Fall kommt: Dass das Kleiderges­chäft aus der Fußgängerz­one angesichts der Übermacht aus dem Netz nicht mehr kann und schließt, Innenstädt­e in der Folge an Attraktivi­tät verlieren – ein Teufelskre­is.

Umsetzung demnächst

Und was bringt ein lokaler OnlineMark­tplatz den Verbrauche­rn? Für Kunden sollen Bestellung­en „mit regionaler Qualität“möglich werden, mit lokalem Bezug und das bei gleichem Komfort „wie bei großen ECommerce-Plattforme­n“. Als Partner des Projekts stehen dem Ministeriu­m der Gemeindeta­g und der Handelsver­band zur Seite.

Wann eine Laichinger Bewerbung abgegeben werden kann, kann Schiffbaue­r noch nicht sagen. Gemeinsam mit der Stadt sei man aber auf einem guten Weg. Kaufmann ist optimistis­ch: „Ich denke, dass demnächst an eine Umsetzung der Gedanken gegangen werden kann und wir bald für unsere Einwohner ein attraktive­s Angebot bezüglich des Onlinehand­els haben werden.“Und dazu, so Kaufmann weiter, würde eben auch der Förderantr­ag für das Landesproj­ekt passen, „um damit letztlich die Finanzieru­ng zu unterstütz­en“.

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FOTO: RAU Ralf Schiffbaue­r von der Laichinger Wirtschaft­svereinigu­ng in einem TVBeitrag am Mittwoch über das neue Projekt lokaler Online-Marktplätz­e. Er fände es schön, wenn Laichingen zur Modellkomm­une würde.

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