Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Regierung spart bei der Entwicklung
Bereits bei ihrem ersten Haushalt verstößt die neue Regierung aus Union und SPD in einem wichtigen Punkt gegen die eigene Koalitionsvereinbarung. Die Quote der Ausgaben für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung sinkt 2018 gegenüber 2017, obwohl genau das nicht passieren sollte.
Am Freitag präsentierten die Mitarbeiter von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Eckpunkte des Bundeshaushalts für dieses Jahr und die Etatplanung bis 2022. Die Entwicklungsausgaben steigen demnach 2018 auf den bisherigen Rekordwert von 14,8 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch gewisse Kosten für die Flüchtlinge im Inland. Nach internationaler Gepflogenheit werden diese in die Entwicklungsfinanzierung eingerechnet, obwohl sie damit eigentlich nichts zu tun haben. Die Quote der Entwicklungsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt dürfte dieses Jahr nahe 0,6 Prozent liegen. 2017 waren es 0,66 Prozent. 0,7 Prozent ist das internationale Ziel, das auch die Bundesregierung grundsätzlich akzeptiert. Trotz des absoluten Anstiegs auf 14,8 Milliarden sinkt die Quote aber im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Das hat die Koalition in ihrer Vereinbarung eigentlich ausgeschlossen.
In den darauffolgenden Jahren wächst dieser Widerspruch. Während das Bruttoinlandsprodukt wohl weiter steigt, gehen die Entwicklungsausgaben nach bisheriger Finanzplanung zurück. 2019 sollen sie zunächst leicht auf 14,7 Milliarden sinken, 2020 dann aber deutlich auf 13,6 und 2021 auf 13,3 Milliarden.
In ihrer Koalitionsvereinbarung haben Union und SPD einen Mechanismus vereinbart, der den Rückgang auffangen könnte. Ergäben sich zusätzliche finanzielle Spielräume, heißt es, solle das Geld „prioritär“für Entwicklung und Verteidigung ausgegeben werden – im Verhältnis eins zu eins. Wenn Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Milliarde Euro mehr bekommt, muss auch das Ministerium für internationale Zusammenarbeit unter Gerd Müller (CSU) ähnlich viel bekommen. Ob das in dieser Legislaturperiode möglich ist, ist ungewiss.
Laut Finanzplanung rechnet Minister Scholz indes damit, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2021 auf 53 Prozent der Wirtschaftsleistung sinkt. Ab 2019 werden die Schulden der deutschen Staatshaushalte und der Sozialversicherung wieder unter der 60-Prozent-Grenze des europäischen Maastrichtvertrages liegen.
Die Koalition verspricht, in der gesamten Legislaturperiode bis 2021 keine neuen Schulden aufzunehmen – wie schon in den vergangenen Jahren. Das kann funktionieren, weil die Wirtschaft brummt und die Steuereinnahmen hoch sind. Diese will die Regierung nutzen, um 46 Milliarden Euro zusätzlich für Zwecke auszugeben, die im Koalitionsvertrag stehen.
Im Vergleich zum Etat der vergangenen Regierung stehen sechs Milliarden Euro mehr für Investitionen zur Verfügung, etwa für schnelle Internetverbindungen. 12 Milliarden mehr sollen in die soziale Absicherung fließen – höheres Kindergeld, Stellen im sozialen Arbeitsmarkt. Rund zehn Milliarden gibt es für eine Steuerreform, durch die der Solidaritätszuschlag teils abgeschafft wird.
In den kommenden Monaten beraten Bundestag und Bundesrat über den Entwurf.