Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Er kommt ganz gut von der Stelle
Marc Michaelis gehört zu den jungen deutschen Eishockeyspielern, die bei der WM zeigen, dass sie die Zukunft sein können
Es ist dieses Tempo, dieses MitPuck-schneller-auf-den-KufenSein als die meisten anderen ohne. Es ist die Fähigkeit, zu antizipieren, das Spiel zu lesen, unter Druck richtige Entscheidungen zu treffen – Zeit lässt Marc Michaelis’ Sport selten. Mike Hastings weiß das. Mike Hastings ist Eishockeytrainer, einer der renommiertesten der US-CollegeSzene. Seit 2012 steht Mike Hastings an der Bande der Minnesota State University Mankato Mavericks; seit 2016 stürmt (und studiert) Marc Michaelis im 32. Bundesstaat der USA. Jetzt, bei der Weltmeisterschaft in Dänemark, vertritt der 22-jährige Mannheimer Deutschlands Farben, und er macht das prima: 14:37 Minuten Eiszeit im Schnitt, ein Tor, zwei Vorlagen, frech, couragiert sein Auftritt. Mike Hastings wundert das wenig. „Marc“, sagt er, „bremst das Spiel nicht. Er forciert es.“
Mit vier und dem Papa im Fanblock, alsbald ein Trikot von AdlerLegende Jochen Hecht daheim – so begann die Eishockeykarriere des Marc Michaelis. Mit den Jungadlern, dem DNL-Team seines Heimatvereins, sollte er drei Nachwuchs-Meistertitel in Serie gewinnen, den dritten als Kapitän, Abiturient und „DNL-Spieler des Jahres“. Marc Michaelis damals über Marc Michaelis: „Ich denke schon, dass ich weiß, wo das Tor steht. Meine größte Stärke ist aber wohl meine Geschwindigkeit, ich komme ganz gut von der Stelle.“Nutznießer dieser Qualität(en) waren beim Abenteuer Übersee zunächst Minnesota Magicans und Green Bay Gamblers – zwei Junioren-Mannschaften –, ehe Marc Michaelis sich unter Mike Hastings’ Fittiche begab. Des Studiums (Business, Sport Management) in Mankato wegen – und der sportlichen Perspektiven. Merke: „Es gibt auch ein Leben nach dem Eishockey.“Und eines neben dem Eishockey. Vorlesungen, Seminare, Lernen sind Ausgleich für den Kopf, ein Freundeskreis auch außerhalb der Halle tut gut, und „schon so drei, vier Stunden am Tag“ bleiben ja bei einem College-Spieler „eishockeyspezifisch“. Auf einem Level, das fordert und fördert. Über das Junioren-Alter hinaus. Marc Michaelis: „Ich habe den College-Weg eingeschlagen, weil ich da bis 23, 24 auf hohem Niveau Eishockey spielen kann.“
Kilos allein sind nicht alles
Das tut Marc Michaelis bereits. 76 Punkte in 75 Partien (32 Tore; 46 Assists) hat er in zwei Spielzeiten Western Collegiate Hockey Association gesammelt – und Marco Sturms Aufmerksamkeit. „Marc“, lobt der Bundestrainer, „ist ein technisch guter Spieler; er ist zwar ein bisschen kleiner und hat vielleicht nicht so viele Kilos auf den Knochen, aber mit seiner Geschwindigkeit macht er sehr viel wett.“Eine Option also für die Weltmeisterschaftsvorbereitung, für den nacholympischen Umbruch. Der erste WM-Test in Sotschi sah das erste Michaelis-Tor im Nationaltrikot, Test Nummer 2 das zweite. Inzwischen stehen 14 Einsätze, vier Treffer und drei Vorlagen für die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes zu Buche. Marc Michaelis’ Geheimnis zwischen Debütant-Sein und WM-Ticket? Gibt es keines – nur: „Ich konnt’s einfach halten, konnte mich auf mich konzentrieren, meine Spiele bringen.“
Auch jetzt in Dänemark, wo Frederik Tiffels – in Mannheim einst Klassenkamerad – und Marcel Noebels die Reihenkollegen sind. Kumpel Tiffels übrigens ist ebenfalls in seiner College-Zeit zum Nationalstürmer geworden. Bei der Heim-WM 2017, bei der er erfrischend aufspielte. Sein Ziel: die National Hockey League. Auch das Ziel von Marc Michaelis? „Natürlich ist das ein Schritt, den ich im Kopf habe.“Für den Tag x – wenn das Studium abgeschlossen ist und die Arbeit mit Mike Hastings Früchte tragen wird. Noch aber ist Weltmeisterschaft. „So viel mitnehmen, wie’s geht“, will Marc Michaelis aus Herning. Und „jeden Tag genießen“. Heute (16.15 Uhr/Sport1) heißt der Gegner Kanada. Große Namen, großer Respekt? „Wenn du auf dem Eis stehst, spielst du dein Spiel.“Ungebremst.