Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Neues Nato-Kommando wertet Ulm auf
„Keine stärkere militärische Gefährdungslage für die Donaustadt“
ULM - Der Aufbau des neuen NatoKommandos in Ulm wird nach Einschätzung des zuständigen Befehlshabers nicht zu einer stärkeren militärischen Gefährdungslage für die Donaustadt führen. „Es wird keine größere oder geringere Bedrohung sein als heute“, sagte Generalleutnant Jürgen Knappe am Dienstag in Ulm. Knappe leitet neben seiner Aufgabe als Befehlshaber des Multinationalen Kommandos Operative Führung („Ulmer Kommando“) nun auch den Aufbaustab des im Zuge der Nato-Aufrüstung gegen Russland geplanten neuen Nato-Kommandos für schnelle Truppen- und Materialtransporte (JSEC). In Leserbriefen und Facebook-Gruppen waren Befürchtungen geäußert worden, Ulm könne im Konfliktfall zum Angriffsziel werden.
Für den Standort Ulm hatten sich die Nato-Verteidigungsminister Anfang Juni auf Vorschlag der Bundesregierung entschieden. „Eine Aktivierung des Kommandos würde erst in einem Szenario passieren, wo wir uns in einem deutlichen Konfliktfeld bewegen“, sagte Knappe.
Soldaten kommen aus den Nato-Staaten
Die Auswirkungen auf die Donaustadt dürften sich sehr in Grenzen halten: Denn zu den heute 800 Soldaten des Multinationalen Kommandos Operative Führung in der Wilhelmsburg-Kaserne kommen für die Einrichtung des JSEC ab Anfang Juli im Aufstellungsstab etwa 20 bis 30 Soldaten hinzu. Eine sogenannte Anfangsbefähigung soll bis Ende 2019, die volle Einsatzbereitschaft bis Ende 2021 erreicht werden. Dem Kommando sollen nach anfänglichen Schätzungen „im Friedensbetrieb“etwa 100 Offiziere und Soldaten angehören sowie rund 500 im Krisenfall: „Davon werden die Hälfte, vielleicht auch zwei Drittel aus den Partnerstaaten kommen“, rechnet Knappe, denn: „Wenn die USA oder Großbritannien Truppen von A nach B verlegen, wollen sie auch beteiligt sein, wenn es um das Kommando geht, das führt, schützt, ausbildet, verlegt.“
Knappe erwartet einen weiteren Effekt für das „Ulmer Kommando“: „Derzeit fehlt uns Personal im Grundbetrieb.“Von den 160 Stellen für die Partner aus 17 Nationen seien derzeit nur 30 bis 40 Posten besetzt. Frankreich, die Niederlande, Finnland und Norwegen stellen im Moment gar kein Personal ab. Knappe hofft, dass nach dem Nato-Beschluss die Partnerstaaten weitere Soldaten ins „Ulmer Kommando“entsenden. „Wenn Posten relevant sind, dann werden sie auch besetzt“, ergänzte Generalmajor Klaus Habersetzer, der Chef des Stabes des „Ulmer Kommandos“. Und relevant sei die Nato-Entscheidung angesichts der neuen Sicherheitslage: „Mit dem JSEC steigen die Akzeptanz, die Relevanz und die Attraktivität von Ulm.“
Die umfangreichen Baumaßnahmen, die derzeit in der Wilhelmsburg-Kaserne an der Stuttgarter Straße laufen, und das neue Nato-Kommando, hängen zusammen: „Das ist sicherlich ein Grund, warum man sich für Ulm entschieden hat“, sagte Generalmajor Habersetzer am Dienstag: „Es ist auch ein vernünftiger Umgang mit Steuergeldern.“Seit Jahren wird in der WilhelmsburgKaserne gebaut, 61 Millionen Euro kosten die Maßnahmen. Rechnet man die Projekte im Bundeswehrkrankenhaus und in der Rommel-Kaserne in Dornstadt dazu, investiert der Bund 130 Millionen Euro im Großraum Ulm.
Richtfest in der kommenden Woche
In der Kaserne an der Stuttgarter Straße laufen fünf Bauprojekte: Ein Sanitätsbereich, ein Konferenzzentrum, eine Instandhaltungshalle für Gefechtsmaterial, eine Materialhalle und ein Funktionsgebäude entstehen.
Am Mittwoch, 20. Juni, feiert die Bundeswehr Richtfest. Die Veränderungen kommen der Arbeit des neuen Nato-Kommandos zugute, davon ist Befehlshaber Jürgen Knappe überzeugt. Ursprünglich sollten die Bauten ausschließlich den Zwecken des Multinationalen Kommandos dienen.