Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Braucht der Fußball Zeitstrafen wie im Handball?
Im Handball gibt es so gut wie keine Diskussionen mit den Schiedsrichtern – zumindest im laufenden Spiel. Wird Zeitspiel gepfiffen, oder Offensivfoul, oder sonst ein Fehler, dann lassen Handballer zügig den Ball los, der Gegner kann den Konter starten.
Der Grund: Sonst droht die Zwei-Minuten-Strafe.
Im Jugendfußball gibt es ebenfalls Zeitstrafen. Warum also nicht auch bei den Profis? Simulieren von schmerzhaften Verletzungen, teilweise langes Lamentieren nach Entscheidungen des Schiedsrichters oder die Unart, nach einem Pfiff des Unparteiischen den Ball in die Hand zu nehmen, ein paar Schritte laufen und den Ball dann erst herzugeben. Das nervt. Und es findet – zu sehen jedes Wochenende – Nachahmer im Amateurbereich. Und am Ende beschweren sich die, die auf Zeit gespielt haben, auch noch, dass die Nachspielzeit zu lang sei.
Natürlich gibt es bereits die Gelbe Karte. Die gibt es im Handball aber auch. Nach dem nächsten verwarnungswürdigen Vergehen folgt da aber die Zeitstrafe, die dritte Zeitstrafe bedeutet den Platzverweis. Ließe sich problemlos auf den Fußball übertragen. Schön wäre auch diese Regel: Wer sich auf dem Platz behandeln lässt, muss draußen zwei Minuten warten, bis er wieder mitmachen darf. Ich wette, die Zahl der „Liegenbleiber“würde sinken.
●»
Wer wirklich denkt, dass Zeitstrafen dem Fußball gut zu Gesicht stehen würden, verklärt die Fakten oder ist sich der Möglichkeiten nicht bewusst. Der Schiedsrichter hat bereits heute alle Mittel an der Hand, um nervige Zeitspiele zu unterbinden. Eigentlich ist die Sachlage klar – empfindet er zum Beispiel ein Foul als zu harmlos, läuft das Spiel trotz aller eingesprungenen und mit Schreien garnierten Salti einfach weiter. Zeitverlust Null. Lamentieren fällt bei einem guten Unparteiischen auch nicht mehr ins Gewicht als eine langsame Ballstafette. Der Nutzen für den Zuschauer wäre also auch hier: Zero! Zudem stellt sich die Frage, was eine Zeitstrafe – die unseren höchst verehrten Sport aufs äußerste verändern würde – wirklich brächte. Wie lang fällt sie aus? Liegt es im Ermessen des Referees? 5, 10, 20 Minuten? Diese Verantwortung und das zusätzliche Palaver hätte nicht nur keinen Nutzen, sondern würde das begünstigen, was es verhindern soll – ein flüssiges und faires Spiel, ohne Hinhaltetaktiken. Um diese dauerhaft zu unterbinden, gibt es eine einfache Lösung, die sich im Hintergrund umsetzen ließe und trotzden erzieherisch wirkt: die Netto-Spielzeit. Die Stadionuhr läuft nur, wenn der Ball rollt. Und noch einen Vorteil hätte diese Variante des Mehr-Netto-VomBrutto: längeren Fußballgenuss.
Lamentieren mit dem Schiri nervt. Von Thorsten Kern
Lieber direkt einen Schritt weitergehen. Felix Alex
●»