Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Fast 800 Pädophile suchen Hilfe
ULM (sz) - Wer sich von Kindern und Jugendlichen sexuell angezogen fühlt, aber keine Übergriffe begehen will, findet in Ulm therapeutische Hilfe. Seit inzwischen vier Jahren ist die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Teil des deutschlandweiten Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“.
Seit Projektstart im Juli 2014 kam es zu 790 Kontaktaufnahmen. Diese Zahlen hat das Universitätsklinikum in einer Mitteilung veröffentlicht. Seit Januar 2015 können Betroffene in einer Therapiegruppe an sich und im Umgang mit der Präferenz arbeiten. Auch an der weiterführenden Nachsorgegruppe besteht großes Interesse. Sie richtet sich an Patienten, die die Intensiv-Therapie erfolgreich abgeschlossen haben und weiter niederschwellig unterstützt werden möchten.
Die therapeutische Hilfe ist anonym, unter Schweigepflicht und kostenfrei. Ziel ist es, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen bereits im Vorfeld zu verhindern. Seit Anfang 2018 wird das Ulmer Therapieangebot von den Krankenkassen finanziert. Das bezeichnet Koordinatorin Elisabeth Quendler als „besonderen Meilenstein“. Nicht nur die Betroffenen leiden unter ihrer sexuellen Neigung. Meist haben auch die Angehörigen Schwierigkeiten, mit der Situation umzugehen. Daher wurde das Angebot im November 2015 um eine Angehörigengruppe erweitert.
Die größten Schwierigkeiten sind aus Sicht von Quendler die Angst der Menschen und die Stigmatisierung, die Betroffenen den Umgang mit ihrer Präferenz deutlich erschwert. Die Psycho- und Sexualtherapeutin will die Ausgrenzung von Menschen mit diesen Neigungen verringern. Die präventive Therapie bezeichnet sie als besten Opferschutz.