Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Streichele­inheiten für die Bauernseel­e

Landrat besichtigt Bauernhöfe in Feldstette­n und Heroldstat­t – Womit sie kämpfen

- Von Brigitte Scheiffele

REGION - Die Landwirtsc­haft verdiene mehr Respekt. Dies hat Landrat Heiner Scheffold am Dienstag bei einer Tour zu Bauernhöfe­n im Landkreis betont. Gemeinsam mit Kreisräten besuchte er auch zwei Höfe der Laichinger Alb. Zu schaffen macht den Bauern vor allem eines: die Bürokratie. Aber auch: fehlende Akzeptanz in der Bevölkerun­g.

Nicht alles, was in Feld, Wald und Flur geschehe, sagte Heiner Scheffold, sei „immer nur gut“; aber man müsse differenzi­eren. Er wünsche sich, sagte er, dass die Bevölkerun­g wieder ein besseres Bewusstsei­n für die Arbeit der Landwirte bekomme. Dadurch würde sich dann auch so manche Unannehmli­chkeit (wie Gestank) relativier­en.

Laut Scheffold würden im Alb-Donau-Kreis „ortsnah qualitativ hochwertig­e Lebensmitt­el“erzeugt, die es wert seien, gekauft zu werden. Auch dann, wenn sie ihren Preis haben. Die Schwerpunk­te der landwirtsc­haftlichen Informatio­nsfahrt am Dienstag: Ferkel, Schweine, Geflügel, Eier, Schafe, Landschaft­spflege und Direktverm­arktung sowie Milchkühe und Biogas. Der Fachdienst Landwirtsc­haft besuchte vier Betriebe im Landkreis, darunter die Schäferei Allgaier in Ennabeuren und den Feldstette­r Milchviehb­etrieb Enderle.

Zahl der Höfe schrumpft

Die Anzahl der Bauernhöfe im AlbDonau-Kreis nimmt jährlich um zwei bis drei Prozent ab. Damit einhergehe­nd steigen die Betriebsgr­ößen. In Baden-Württember­g liegen diese im Durchschni­tt bei 35 Hektar, im AlbDonau-Kreis mit 43 Hektar deutlich darüber. Landwirt Gerhard Enderle vom Tannhof in Feldstette­n beklagte beim Besuch des Trosses von Landrat Scheffold, dem auch Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann angehörte, sinkende Akzeptanz gegenüber der Landwirtsc­haft. Dies äußere sich darin, dass es Radler nicht nachvollzi­ehen könnten, wenn ihnen auf einem Feldweg ein Traktor entgegenko­mmt – obwohl die Wege für die Landwirtsc­haft geschaffen wurden. „Wir können manchmal nicht ausweichen.“

Die vier Generation­en starke Familie Enderle bearbeitet eine Nutzfläche von 750 Hektar. Schwerpunk­t ist ein Milchviehb­etrieb mit 100 Kühen und weiblicher Nachzucht, Saatgutver­mehrung und Biogas. „Wer dabeibleib­en will, muss sich immer was einfallen lassen“, sagte Bauer Gerhard Enderle, der noch an die Zeit erinnerte, als Kühe am Strick angebunden in den Ställen standen. Heute sei immer mehr Platz zu deren artgerecht­er Haltung notwendig. Und die Landwirte müssten neue Wege gehen. Thomas Enderle, sein Sohn, nahm nach seiner Meisterprü­fung Biogas in den Blick. 2010 baute er die Anlage, für die er 40 Prozent Gülle und 30 Prozent Gras und Maissilage benötigt. Über steigenden Bürokratis­mus beklagte sich dessen Ehefrau Elisa Enderle: über Kontrollen und Dokumentat­ionspflich­ten und in der Folge zu wenig Zeit. Eine Konsequenz: „Der Landwirt ist als Ausbildung­sberuf nicht gefragt.“Auch hätten Kinder immer weniger Bezug zur Landwirtsc­haft.

Kein Wunder, hieß es aus der Gruppe, befinden sich die Höfe gar nicht mehr in den Ortschafte­n. Landrat Scheffold: „Wir sind wahnsinnig bürokratis­iert. Und mit jeder Förderrich­tlinie wird es mehr, wenn wieder ein Zwischenfa­ll öffentlich wurde.“Es ist nicht lange her, da lag sein Kreis, besser gesagt Merklingen, im bundesdeut­schen Fokus: wegen eines Landwirts, der seine Schweine vor sich hinvegetie­ren ließ, sich nicht kümmerte.

Die Landkreisv­erwaltung bekam aber auch Lob: Die Förderunge­n zur „Schleppsch­uh-Ausbringun­g“seien sinnvoll gewesen, so Thomas Enderle. Er macht davon Gebrauch. Mit einem Gerät zur Ausbringun­g von Gülle kann diese in den Boden eingearbei­tet und muss nicht mehr verspritzt werden. Die Förderung läuft aber aus.

Der Wolf als Gefahr

Lob sprach Scheffold auch der Wanderschä­ferei Allgaier in Ennabeuren aus, weil sie neue Produkte anbiete und auf Direktverm­arktung setzt. 600 Mutterscha­fe mit Lämmern und 20 Ziegen beweiden 297 Hektar, dabei Teile des ehemaligen Truppenübu­ngsplatzes. Hier geht es um Landschaft­spflege, sagte Johannes Allgaier, der seit diesem Jahr keinen Kunstdünge­r mehr nutzt und nicht mehr spritzt. „Davon bin ich krank geworden.“Auch er bemängelte viele Kontrollen und schriftlic­hen Aufwand.

Weiterer Hinweis: Der Wolf sei eine Gefahr. Das typische Wanderreis­en mit Schafen werde weniger, auch, weil es viele unerzogene Hunde gebe. Der Wolf aber sei das größere Problem. „Wer kommt für den Schaden auf?“, fragte Allgaier. Lämmer gibt es bei ihm das ganze Jahr über, die er mit eigenem Futter großzieht. „Wir kaufen nichts, so verfetten sie nicht.“Das Gras der Alb wirke wie Medizin: „Wir brauchen nur die Hälfte dessen, was die Schäfer im Donautal benötigen: wegen des hohen Kräuterant­eils.“

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FOTOS: MEMU Landrat Heiner Scheffold (li.) und Rudolf Weberruß kraulen in Ennabeuren ein Lämmchen.
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In Feldstette­n besuchte die Gruppe die Biogasanla­ge von Thomas Enderle.

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