Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Das Ronaldo-Beben und die Folgen
30 Millionen Euro netto pro Jahr, Fiat-Arbeiter streiken – Fragen und Antworten zum Transfer
TURIN (SID) - Der italienische Fußball steht Kopf. Der millionenschwere Wechsel von Cristiano Ronaldo von Real Madrid zu Juventus und dessen Folgen für die Fußballwelt sind das beherrschende Thema. Ganz Italien also im Ronaldo-Freuden-Rausch? Nicht ganz. Mitarbeiter des Fiat-Chrysler-Konzerns (FCA) sind auf den Barrikaden, haben in Melfi einen zweitägigen Streik ausgerufen. Die Arbeiter richten sich gegen Exor, die Familienholding des Agnelli-Clans, das FCA, also die Autobauer Fiat oder auch Ferrari, und Juventus kontrolliert. „Während die FCA-Mitarbeiter seit Jahren auf eine Lohnerhöhung warten, gibt Exor Hunderte Millionen Euro für den Erwerb eines Fußballers aus“, protestierte der Gewerkschaftsverband USB und fragt: „Ist es normal, dass eine Person allein Millionen verdient und Tausende Familien mit ihren Löhnen nicht auskommen?“Doch ist das nur ein Aspekt der sonst positiven Euphorie. Fragen und Antworten zum Ronaldo-Transfer:
Wie teuer ist Cristiano Ronaldo?
Ronaldo hatte in seinem Vertrag bei Real Madrid eine festgeschriebene Ablösesumme von einer Milliarde Euro. Dennoch überweist Juventus laut Börsenmitteilung nun lediglich 100 Millionen an Real Madrid. Dazu kommen Gebühren in Höhe von 12 Millionen sowie 5 Millionen für Ronaldos Ex-Clubs Sporting Lissabon und Manchester United. Gesamtsumme: 117 Millionen. Inklusive Gehalt für vier Jahre, sonstigen Kosten und Steuern soll das Gesamtvolumen bei 350 bis 400 Millionen liegen.
Was verdient Ronaldo in Turin?
30 Millionen Euro pro Saison bis 2022. Netto. Damit liegt er aber noch unter dem Gehalt von Lionel Messi, der beim FC Barcelona 41 Millionen kassiert, und dem Neymars, den PSG mit 35 Millionen entlohnt.
Wie kam es zu dem Transfer?
Ronaldo hatte Real um die Freigabe ersucht. Am Dienstag kickte er noch in seinem griechischen Feriendomizil mit Söhnchen Cristiano Ronaldo Jr., ehe Juve-Boss Andrea Agnelli per Helikopter einschwebte. Nach zuvor angeblich 28 (!) Telefonaten kam es dann zur Einigung. Es sei Zeit für „einen neuen Abschnitt“, so der 33-Jährige, der mit Madrid viermal die Champions League gewann.
Warum verlässt Ronaldo Real?
Hauptsächlich aus gekränkter Eitelkeit. Da ist die Sache mit dem Gehalt – Ronaldo verdiente in Madrid 21 Millionen Euro, wollte so viel wie Messi. Dann fühlte er sich in seiner Steueraffäre vom Verein allein gelassen. Dass Clubboss Florentino Pérez öffentlich mit Neymar flirtete, missfiel ihm. Ronaldo, der in 438 Spielen 451 Tore für die Königlichen erzielte, werde „eine einzigartige Referenz für die kommenden Generationen sein“, rief man ihm in Madrid nach.
Wie sind die Reaktionen?
Euphorisch. Die „Gazzetta dello Sport“schrieb: „Juve hat ein Meisterwerk geschaffen.“Der „Corriere dello Sport“spricht von einem „Jahrhunderttransfer“. Und auch die Liga jubelt. Neapels neuer Coach Carlo Ancelotti meint: „Ronaldo ist einer der stärksten Fußballer der Welt, vielleicht der stärkste. Sein Wechsel in die Serie A gibt Juves Rivalen viel Ansporn, noch Besseres zu leisten“, sagte der frühere Bayern-Coach .
Was erhofft sich Juventus?
Sportlich: Den Henkelpott. In Sachen Marketing: Millionen-Einnahmen. „Ronaldo bedeutet einen Qualitätssprung für alle, für den Club und den gesamten italienischen Fußball“, sagte Trainer Massimiliano Allegri. Er hoffe, „alle Ziele zu erreichen“– also, das Triple zu gewinnen.
Kommt es zur Kettenreaktion?
Real braucht nun Ersatz für den abgewanderten Superstar. Der klare Wunschspieler aber ist Neymar, mit 222 Millionen teuerster Spieler der Geschichte, der wohl mindestens 300 Millionen kosten würde. „Die ganze Welt weiß, dass ich ihn haben will“, sagte Pérez bereits vor Monaten über den Brasilianer von Paris St. Germain. Auch den französischen WM-Finalisten Kylian Mbappé könnte es nach Spanien ziehen, doch hat sein Pariser Club selbst ambitionierte Ziele. Hinter den Kulissen soll Real schon Kontakte zu den Alternativkandidaten Eden Hazard und Harry Kane aufgenommen haben. Chelsea-Profi Hazard, sei „verrückt danach, nach Madrid umzuziehen“und würde „nur 100 Millionen“kosten, versichert die Zeitung „El Mundo“. Und auch Juventus muss nun kräftig ausmisten, um das Financial-Fairplay einzuhalten, das nicht zuletzt dank der Italiener eingeführt wurde. Nach Medienberichten ist daher längst das Interesse anderer Clubs an Profis der alten Dame geweckt. Der FC Liverpool von Trainer Jürgen Klopp wolle zum Beispiel 90 Millionen Euro für den Argentinier Paulo Dybala anbieten, schrieb „Tuttosport“. Gonzalo Higuaín, soll ebenfalls auf der Verkaufsliste stehen.