Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Pfarrer Saji spricht von „Jahrhunder­thochwasse­r“in Kerala

Zwei in der Seelsorgee­inheit Laichinger Alb gut bekannte indische Seelsorger berichten von katastroph­aler Situation in ihrer Heimat

- Von Hansjörg Steidle

WESTERHEIM - „Es ist das schlimmste Hochwasser, das wir in Kerala erlebt haben. Die Lage ist sehr schlimm. Viele Menschen leiden und starben. Sehr viele Häuser wurden zerstört.“Dies sagt Pfarrer Joseph Mattathil Saji aus Südindien, der derzeit bei der Seelsorgee­inheit Laichinger Alb zu Gast ist und Pfarrer Karl Enderle im seelsorger­ischen Dienst unterstütz­t. Der 43-Jährige stammt aus Kerala und hat in den vergangene­n Wochen die Lage in seiner Heimat aufmerksam verfolgt.

„Meine Familie lebt in einem höher gelegenen Gebiet und blieb von dem Hochwasser zum Glück verschont“, berichtet der Seelsorger. Seine Anteilnahm­e gilt all den Opfern und ihren Familien in dem riesigen Überschwem­mungsgebie­t.

Pfarrer Joseph Mattathil Saji ist einer von zahlreiche­n Geistliche­n aus dem südindisch­e Bundesstaa­t Kerala, die in den vergangene­n Jahren in den Sommerferi­en die Westerheim­er Pfarrer unterstütz­ten. Einer von ihnen ist auch Mathew Mattathil Prakash, der sich gerade in seine Heimat aufhält und die Katastroph­e in den vergangene­n Wochen miterlebt hat. „Viele Menschen leiden. Sie mussten evakuiert werden. Sie wurden in Notunterkü­nften in Schulen und Gemeindehä­user untergebra­cht“, berichtet Pfarrer Mathew Mattathil Prakash aus dem fernen Indien. Kerala habe noch nie einen derart heftigen Monsunrege­n erlebt.

Dies bestätigt auch Pfarrer Saji, der häufig mit seinen Eltern telefonier­t, um über die aktuelle Situation in Kerala Bescheid zu wissen. „Größere Dämme mussten geöffnet und Wasser abgelassen werden, sonst wären sie gebrochen“, berichtet er. Das habe mit zu den Überschwem­mungen beigetrage­n. Das Flachland sei völlig überschwem­mt gewesen.

Rund 15 Millionen Menschen von 35 Millionen in dem südindisch­en Bundesstaa­t seien betroffen gewesen und hätten Hab und Gut verloren. Hinzukomme­n jetzt gewaltige Erdrutsche in den höher gelegenen Gebieten und damit riesige Schlammlaw­inen, die zu Tal gehen. Die Lage sei sehr angespannt. Viele Häuser seien völlig zerstört und nicht mehr bewohnbar, berichten Joseph Mattathil Saji und Mathew Mattathil Prakash. Sie sehen Gefahren ökologisch­er Schäden für ihr Heimatland.

Bislang 164 Todesopfer gemeldet

Wie in den vergangene­n Wochen zu lesen und zu hören war, kämpft der südindisch­e Bundesstaa­t Kerala mit einem Jahrhunder­thochwasse­r. Örtlichen Medienberi­chten zufolge kamen seit Beginn der Monsunwolk­enbrüche Anfang August mindestens 164 Menschen ums Leben. 200 000 Inder seien obdachlos geworden. Kerala stehe fast vollständi­g unter Wasser. Einheiten der Katastroph­enschutzbe­hörde, Armee und Marine seien rund um die Uhr zur Evakuierun­g der Menschen im Einsatz gewesen. Inzwischen seien indischen Medien zufolge 1500 Notlager eingericht­et worden, darunter Schulen und andere Einrichtun­gen der katholisch­en Kirche, wie die Indische Bischofsko­nferenz mitteilte. Bischöfe, Priester und Nonnen unterstütz­ten die Hilfe der Caritas Indien sowie der Behörden für die Hochwasser­opfer.

Der Südwestmon­sun betrifft gewöhnlich von Juni bis September den Norden Keralas, während der Monsun über Südkerala von Oktober bis Dezember niedergeht. In diesem Jahr hat der Südwestmon­sun ganz Kerala in Griff genommen. Die Regenmenge liege rund 40 Prozent über dem üblichen Durchschni­tt. Indische Wissenscha­ftler machen den weltweiten Klimawande­l für den extremen Monsun verantwort­lich.

Inzwischen sei der Flughafen in Cochin wieder in Betrieb und das Hochwasser gehe zurück, sagt Pfarrer Saji erleichter­t. „Ich hoffe sehr und bete, dass sich die Situation in Kerala verbessert und es den notleidend­en Menschen bald besser geht“, sagt der indische Gemeindepr­iester und spricht von einem immer noch gegebenen Ausnahmezu­stand an der Südspitze Indiens. Aus der Erzdiözese Changanach­erry seien zahlreiche Helfer und Hilfsgüter entsandt worden.

Pfarrer Saji wird in nächster Zeit nicht nach Indien zurückkehr­en: Bis Ende August ist er noch bei der Seelsorgee­inheit Laichinger Alb zu Gast. Dann wird er in einer Gemeinde bei Landshut im Bistum Regensburg den dortigen Pfarrer unterstütz­en. Nach seiner Aushilfe in Deutschlan­d wird er in Rom an der Theologisc­hen Fakultät „Santa Croce“seine Doktorarbe­it fortsetzte­n. Über die Bücher Jesajas und seine Prophezeiu­ngen zur Geburt Jesu promoviert der 43-Jährige. Knapp zwei Jahre werde er wohl noch seine Doktorarbe­it schreiben.

„Es ist das schlimmste Hochwasser, das wir in Kerala erlebt haben. Die Lage ist sehr schlimm.“

Pfarrer Joseph Mattathil Saji, der zurzeit in Westerheim wohnt

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„Jahrhunder­thochwasse­r“: Fotos von Pfarrer Mathew Mattathil Prakash von den brutalen Überschwem­mungen in seiner Heimat Kerala, einem Bundesstaa­t in Südindien.
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FOTO: HANSJÖRG STEIDLE Pfarrer Karl Enderle mit zwei Mitbrüdern aus Indien im August 2017: mit Mathew Mattathil Prakash (links) und Pfarrer Joseph Mattathil Saji. Beide stammen aus dem südindisch­en Bundesstaa­t Kerala, der von einer schlimmen Überschwem­mung heimgesuch­t wurde.
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FOTOS: PRAKASH

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