Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Für einen Nachmittag wieder Profifußball
In und um Ulm ist die Fußball-Euphorie durch den Einzug in den DFB-Pokal gestiegen
ULM - Wenn am Samstag um 15.30 Uhr (Sky) Eintracht Frankfurt als amtierender DFB-Pokalsieger in Ulm aufläuft, wird das Donaustadion mit rund 18 000 Zuschauern ausverkauft sein. Zum ersten Mal seit mehr als 18 Jahren. Lange ist sie her, die Bundesligavergangenheit des SSV Ulm 1846, der Spatzen, wie sie genannt werden. Fast auf den Tag genau vor 18 Jahren und drei Monaten spielten die Spatzen zum letzten Mal im Oberhaus, während damals Geborene heute volljährig sind, hat der SSV Ulm eine wahre Odyssee mit Abstiegen und Insolvenzen hinter sich. Groß ist beim Regionalligisten daher die Sehnsucht nach der Rückkehr in den Profifußball. Groß ist dieser Tage aber auch die Euphorie.
Aktuelle Verfassung: In der Vorbereitung hatte Trainer Holger Bachthaler davor gewarnt, schon zu sehr auf das Pokalspiel zu blicken. „Wir müssen erst einmal gut in die Liga starten“, hatte der neue SSV-Trainer seiner Mannschaft mit auf den Weg gegeben. Die Spieler haben offensichtlich zugehört, denn nach vier Spieltagen in der Regionalliga Südwest haben die Spatzen drei Siege und ein Unentschieden auf dem Konto und sind Tabellenführer. „Mit der Leistung und der Entwicklung bin ich sehr zufrieden“, sagt Bachthaler. „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir erst seit etwa neun Wochen zusammen sind.“Denn neben dem neuen Trainer kam auch eine ganze Reihe neuer Spieler nach Ulm. Bisher scheint alles zu passen. Die Eintracht dagegen hat im Supercup beim 0:5 gegen Bayern München einen Dämpfer erlitten. Selbstredend ist das Team von Adi Hütter dennoch der Favorit am Samstag. „Das sind drei Klassen Unterschied, und Frankfurt ist für mich eine Spitzenmannschaft der Bundesliga“, meint Bachthaler. „Wir wollen dennoch versuchen, den Gegner vom Tor wegzuhalten und selber aktiv zu spielen.“
Die Euphorie: Das Pokalspiel gegen Frankfurt am Samstag ist ausverkauft. Die 18 000 Zuschauer – „beim Aufwärmen wird es für meine Jungs bestimmt anders sein“, so Bachthaler – werden für eine ganz andere Atmosphäre sorgen als es der SSV in der Regionalliga Südwest gewohnt ist. Zum Heimspiel gegen die Kickers Offenbach kamen zuletzt etwa 2500 Zuschauer. „Die Mannschaft, der Verein und das Umfeld fiebern dem Spiel entgegen“, sagt Bachthaler. „Im Rahmen unserer Möglichkeiten wollen wir ein gutes Spiel abliefern.“2001 stand der SSV zum bisher letzten Mal im DFB-Pokal – damals gab es als Verbandsligist in der ersten Runde einen Sensationssieg gegen den 1. FC Nürnberg.
Das Geld: Das spielt für Amateurvereine im DFB-Pokal natürlich immer eine große Rolle. 100 000 Euro an Prämien bekommen die Spatzen garantiert. „Daneben wird bestimmt der eine oder andere Euro hängenbleiben“, meint der SSV-Trainer und fügt lächelnd hinzu: „Gegen diese Einnahmen wehrt sich garantiert niemand.“Im Gegensatz zu früheren Zeiten steht das Präsidium der SSVFußballer mit dem Vorstandstrio Anton Gugelfuß, Thomas Oelmayer und Alexander Schöllhorn nicht im Verdacht, das Geld gleich wieder mit vollen Händen auszugeben.
Die Vergangenheit: Ein Spiel zwischen dem SSV Ulm 1846 und Eintracht Frankfurt gab es zuletzt am 20. Mai 2000. Durch die 1:2-Niederlage im Donaustadion war der Abstieg der Ulmer aus der Bundesliga besiegelt. Es war der Anfang eines tiefen Falls. Auch in der Zweiten Liga verpassten die Spatzen ein Jahr später den Klassenerhalt, es folgten die erste Insolvenz und der Neuanfang in der Verbandsliga. 2010 und 2014 gab es weitere Insolvenzen. „In den vergangenen zwei, drei Jahren hat der Verein aber eine gute Entwicklung genommen“, sagt Ulms Trainer. „Strukturell und finanziell steht der Verein auf soliden Füßen. Wir wollen den eingeschlagenen Weg fortsetzen.“
Die Zukunft: In zwei bis drei Jahren wollen die Ulmer den Sprung in die Dritte Liga schaffen – und damit die Rückkehr in den Profifußball. „Momentan sind die Rahmenbedingungen bei anderen Regionalligisten noch wesentlich besser als bei uns“, weiß Bachthaler. Auch und vor allem im Bereich der Sponsoren. „Durch eine gute Saison und gute Spiele wollen wir das Vertrauen von Sponsoren und Fans gewinnen“, nennt Bachthaler die Hauptziele für die Saison 2018/19.
Die Fans: Wie beim Thema Geld hat der SSV auch beim Thema Fans schon häufig Negativschlagzeilen geschrieben. Ausschreitungen nach dem Verbandspokalsieg in Stuttgart, Randale in Ravensburg – die Liste der Verfehlungen ist lang. „Ich habe mich rein aufs Sportliche konzentriert“, sagt Bachthaler. „Aber natürlich gab es viele Sicherheitsgespräche zwischen dem Verein und verschiedenen Vertretern von Polizei und Fans.“Für den Samstag hat Bachthaler einen Wunsch: „Ich hoffe, dass alle einsichtig und vernünftig sind und wir alle ein friedliches, tolles Spiel erleben können.“