Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Schäden in Milliardenhöhe
Auch Verbraucher werden die Folgen der Dürre spüren
BERLIN (dpa/AFP) - Angesichts der wochenlangen Trockenheit haben acht Bundesländer Dürreschäden in Höhe von fast drei Milliarden Euro an die Bundesregierung gemeldet. Allein in Norddeutschland beliefen sich die gemeldeten Schäden auf womöglich 1,933 Milliarden Euro, berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“. Eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums wollte sich am Wochenende nicht zu den genannten Schadenzahlen äußern.
Über mögliche Bundeshilfen für Bauern soll am Mittwoch entschieden werden. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) will dann den Erntebericht ins Kabinett bringen und bewerten, ob die Schäden „nationales Ausmaß“erreichen.
Die schlechte Ernte werden wohl auch die Verbraucher beim Lebensmittelkauf spüren. Vor allem Milchprodukte wie Trinkmilch, Käse oder Butter könnten sich in den nächsten Wochen verteuern.
HANNOVER/BONN (dpa/AFP) - Die wegen des trockenen Sommers schlechte Ernte in Mitteleuropa werden die Verbraucher voraussichtlich auch beim Lebensmittelkauf spüren. Allerdings sind die Auswirkungen unterschiedlich. Bei Milchprodukten wie Trinkmilch, Käse oder Butter sei es zum Beispiel denkbar, dass es auch über den Sommer hinaus zu einer Drosselung der Milchproduktion komme, sagte Andreas Gorn von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn. „Wenn Milch knapp bleibt, werden die Preise wahrscheinlich auch steigen.“Sicher sei das aber noch nicht.
Bei Gemüse hängen die Preisauswirkungen vom Produkt ab, sagte AMI-Experte Hans-Christoph Behr. Und beim Getreide sind die Weltmarktpreise zwar gestiegen. Aber da der Rohstoffpreis weniger als fünf Prozent am Preis für Brot und andere Backwaren ausmache, könne das keine Begründung für steigende Preise sein, so Herbert Funk von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Auch Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte: „Mit der Trockenheit begründete Preiserhöhungen, insbesondere bei verarbeiteten Produkten, wären derzeit nicht seriös.“Das derzeitige Preisniveau für Weizen entspreche dem der 1980er-Jahre. Hier ein erster Überblick:
Milch: Im Moment sind hitzebedingt die Milchmengen zurückgegangen. Wenn sich die Witterung nicht noch einmal drehe, könne Milch knapp bleiben. Dann spreche einiges dafür, dass bei den Verhandlungen im Herbst zwischen Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel der Preis für Milch steige, sagte Gorn. Bei Butter, Pulverprodukten und Käse seien die Preise schon gestiegen.
Mehl: Die Weltmarktpreise für Getreide sind gestiegen. Deutsche Mühlen, die ihr Getreide zu 95 Prozent in Deutschland beziehen, werden darüber hinaus wahrscheinlich auch einen Preisaufschlag für die knappe Ware bezahlen, sagte Peter Haarbeck, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Mühlen. Dennoch lasse sich daraus nicht direkt auf den Verkaufspreis für Mehl schließen, den Endverbraucher und Bäcker zahlen müssten. Es gebe auch lang laufende Lieferverträge zwischen den Handelspartnern, die auch zu Zeiten hoher Weltmarktnotierungen stabile Preise garantierten. Kammerexperte Funk sieht den Weltmarktpreis derzeit relativ stabil: „Es müssten noch weitere Ausfälle hinzukommen, damit der Preis noch weiter steigt.“
Gemüse: Auch Gemüseanbauer spüren die Trockenheit. „Bei Salaten besteht schon ein höheres Preisniveau“, sagte AMI-Experte Behr. Eisbergsalat liege bei rund 1,02 Euro pro Stück – vor einem Jahr habe der Preis 60 bis 70 Cent betragen. Auch Möhren und Zwiebeln seien leicht im Preis gestiegen. Andererseits waren Gewächshauskulturen wie Tomaten, lange Zeit günstiger als im Vorjahr. Auch Zucchini seien tendenziell günstiger geworden, weil dieses Gemüse eine wärmeliebende Art sei.
Fleisch: Drastisch teurer werden müssen nach Ansicht des Deutschen Bauernverbandes die Preise für Schweinefleisch. Grund ist nicht das Wetter, sondern der Tierschutz. „Schweinefleisch müsste für die Verbraucher fast doppelt so teuer werden, damit wir die Tierschutzvorgaben wie die Kastration von Ferkeln unter Narkose oder deutlich mehr Platz für die Sauen erfüllen können – ohne bankrott zu gehen.“Sonst drohe einigen der von neuen Tierschutzauflagen gebeutelten Schweinemästern der Bankrott.
Unterdessen haben acht Bundesländer der Bundesregierung Schäden in Höhe von insgesamt fast drei Milliarden Euro gemeldet. Die Schäden seien enorm, etliche Betriebe seien in Existenznot, sagte Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied und forderte Bund und Länder auf, ein Hilfsprogramm auf den Weg zu bringen. Die größte Summe fällt mit 980 Millionen Euro in Niedersachsen an. Mecklenburg-Vorpommern meldete 531 Millionen Euro an Schäden, Schleswig-Holstein 422 Millionen. Zudem hätten Sachsen 308 Millionen, Brandenburg 260 Millionen, Rheinland-Pfalz 180 Millionen, Thüringen 150 Millionen und das Saarland 5,3 Millionen Euro an Schäden aufgrund der Trockenheit in diesem Sommer gemeldet.