Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein Fest für Mesale Tolu und ihren Sohn
Am Sonntag kehrt die lange festgehaltene Neu-Ulmer Journalistin aus der Türkei zurück
ULM/NEU-ULM - Sie wollen feiern. Monatelang haben Freunde und Verwandte hörbar und sichtbar für die Freiheit und die Rückkehr von Mesale Tolu gekämpft. Am Sonntag ist es so weit. Die 33 Jahre alte Journalistin aus Neu-Ulm kommt mit ihrem dreijährigen Sohn Serkan nach Deutschland. Um 13.30 Uhr landet ihr Flugzeug in Stuttgart, eine Stunde später will Tolu im Bürogebäude SkyOffice in der Nähe des Terminals ein Statement abgeben.
Wie es danach weitergeht, will niemand verraten. Zumindest fürs Erste. Mesale Tolu, die acht Monate lang in Untersuchungshaft saß und anschließend weitere acht Monate lang die Türkei nicht verlassen durfte, will erst einmal ihre Ruhe haben. Ihr Vater Ali Riza Tolu, der sich derzeit ebenfalls in der Türkei aufhält, hat der Deutschen Presse-Agentur verraten, dass seine Tochter wohl weiter als Journalistin arbeiten will, unter anderem für eine österreichische Zeitschrift.
Die Freude über die Rückkehr der Neu-Ulmerin ist groß, das betonen ihr Vater, der ältere Bruder Hüseyin und die Helfer vom Solidaritätskreis. Doch zumindest Vater Ali Riza macht sich öffentlich Sorgen – um seinen Enkel Serkan, der zeitweise mit seiner Mutter im Gefängnis lebte und eine schwierige Zeit erlebt hat. Serkan soll hier in den Kindergarten gehen, deutsch lernen und das Geschehene verarbeiten.
Wann die Rückkehr der Journalistin gefeiert wird, steht noch nicht fest. Cengiz Dogan, einer der Sprecher des Solidaritätskreises „Freiheit für Mesale Tolu“, verspricht eine großes Feier. Sie soll Anfang September in Ulm steigen. Die Details stehen noch nicht fest – genauso wenig wie die Details des Empfangs, den die Städte Ulm und Neu-Ulm der Familie Tolu gemeinsam bereiten wollen. „Uns geht es darum, sie willkommen zu heißen“, sagt Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, der Tolu einen Brief geschrieben hat. „Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass die Familie – Eltern und Geschwister zusammen mit ihren Sohn – nun Zeit zum Durchatmen und zur Verarbeitung der Geschehnisse findet.“
Keine Angst vor erneuter Festnahme in der Türkei
Mesale Tolu, so ihr Vater, will weiter in die Türkei reisen, weil ihr Mann Suat Corlu das Land weiter nicht verlassen darf. Angst, dass sie wieder festgenommen werde, habe er nicht – obwohl der Prozess gegen die NeuUlmerin weiterläuft. Tolu wird Terrorpropaganda und „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen.
Er sei gespannt, wie der Prozess ausgeht, schreibt Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg in einer Stellungnahme. Der Jurist fordert einen Prozess nach rechtsstaatlichen Prinzipien – und denkt nicht nur an die 34-Jährige: „Der Fall Mesale Tolu geht uns besonders nahe, da sie Bürgerin unserer Stadt ist. Es sind in der Türkei jedoch weiterhin Journalisten inhaftiert.“Auch für sie müsse ein demokratisches Verfahren sichergestellt werden.
Am Stuttgarter Flughafen werden nicht nur etliche Journalisten und ihre Familie auf Mesale Tolu warten, sondern auch viele Unterstützer aus dem Solidaritätskreis, wie Cengiz Dogan ankündigt. Vertreter der Städte dagegen werden nicht kommen. „Wir möchten die Privatsphäre von Frau Tolu respektieren. Wenn sie einen städtischen Vertreter hätte dabei haben wollen, dann hätte sie uns mit Sicherheit eingeladen“, sagt eine Sprecherin der Stadt Neu-Ulm. Das sei auch mit der Schwesterstadt Ulm abgestimmt.
Ob Mesale Tolu einen besonderen Schutz durch die Polizei genießen wird, will er Sprecher nicht verraten. Die Polizei wolle sich nicht berechenbar machen. Deswegen könne er dazu nichts sagen.