Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kräutertee auch aus dem eigenen Garten
Große Vielfalt bei Sorten und Aromen sorgt für Abwechslung
HAMBURG (dpa) - Es ist immer Zeit für eine gute Tasse Tee. Dafür kann man aber nicht nur die Blätter von Teestrauchgewächsen verwenden, die dem Getränk seinen Namen verleihen. Auch viele andere Kräuter entfalten in heißem Wasser ihre Wirkung – und sie wachsen auch im Garten oder auf dem Fensterbrett, weiß Matthias Schuh. Der Museumsgärtner im Freilichtmuseum am Kiekeberg bei Hamburg hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt: „Menschen haben schon immer Blätter von bestimmten Pflanzen aufgegossen. Ab dem Mittelalter hat man sich auch näher mit einer heilenden Wirkung von Pflanzen auseinandergesetzt“, erklärt Schuh.
Wer aus Pflanzen einen Tee zubereiten möchte, dem sind nur wenige Grenzen gesetzt, ergänzt Gartenbaufachmann Engelbert Kötter: „Die Pflanzenteile müssen natürlich genießbar und dürfen nicht giftig sein. Ansonsten ist erlaubt, was gefällt“. Wie sich Kräuter am besten verwerten lassen, dazu hat Kötter ein Buch geschrieben.
Aus der Tasse duften Minze, Salbei oder Thymian
Zu den Klassikern unter den Teekräutern gehören Fenchel, Kamille, Melisse, Minze, Salbei und Thymian. „Sie haben einen ganz charakteristischen Geschmack und sind besonders aromatisch“, sagt Mechtild Ahlers von der Niedersächsischen Gartenakademie. Von diesen Pflanzen gibt es nicht nur eine Sorte, sondern viele Varianten und Aromen. „Allein das Minz-Sortiment umfasst an die 30 bis 50 Versionen, die zum Beispiel nach Ananas, Zitrone, Erdbeere oder Schokolade schmecken“, sagt Ahlers. Viele von diesen lassen sich auch drinnen auf einer hellen Fensterbank oder im Wintergarten kultivieren. Solange die Pflanzen reichlich Laub produzieren, kann man auch frische Blätter ernten. „Je robuster das Kraut ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es auch drinnen wächst“, erklärt Ahlers.
Museumsgärtner Schuh hingegen empfiehlt grundsätzlich den Anbau im Freien. „Die aromatischen Inhaltsstoffe können sich drinnen nicht gut entwickeln. Auf der Fensterbank bekommen die Pflanzen im Winter kein UV-Licht und können daher keine Fotosynthese betreiben.“Mehrjährige Stauden wie Minzen, Küchensalbei und Zitronenmelisse benötigten zudem eine Ruhepause. „Sie müssen Kraft sammeln, sonst wachsen sie im nächsten Jahr nicht mehr so gut.“
Wie Kräutertees schmecken, ist von den Inhaltsstoffen der Pflanzen abhängig. Engelbert Kötter unterscheidet Aufgüsse, die nach Minze, Zitrone, Früchten oder Anis schmecken. Würzige Tees werden aus Rosmarin, Thymian und Salbei hergestellt. „Es lohnt sich, das Spektrum an möglichen Kräutertees kennenzulernen, das der Garten hergibt“, findet Kötter. Anis-Geschmack in der Tasse liefern zum Beispiel die Blätter von Süßdolden, Anis-Ysop und Fenchel. Von diesem kann man auch die Samen verwenden. „Französischer Estragon macht den Tee wiederum etwas würziger.“
Für ein zitroniges Aroma im Becher sorgen nicht nur Varianten der Zitronenmelissen, von denen Kötter die Sorten „Binsuga“und „Limoni“empfiehlt. Auch Zitronengras, Zitronen-Bohnenkraut und Zitronen-Thymian haben ein ähnlich frisches Aroma. Sein Favorit in dieser Reihe ist jedoch die Zitronenverbene, auch Verveine genannt. „Sie hat wohl das reinste Zitronenaroma und wird dafür vor allem in Südfrankreich sehr geschätzt, wo man den Tee literweise trinkt“, so Kötter.
Die Zitronenverbene reagiert empfindlich auf Frost
Ein weiterer Vorteil: Die mehrjährige Zitronenverbene gilt als pflegeleicht und sehr erntefreudig. Ahlers empfiehlt sie daher Gartenlaien. Im Kübel an einem sonnigen Platz fühlt sich der südamerikanische Strauch besonders wohl. Die kalten Monate muss die Pflanze allerdings im Warmen verbringen. „Frost verträgt die Zitronenverbene nicht.“Ob auch im Winter geerntet werden kann, hängt vom Quartier ab: „Dunkel überwintert wirft die Pflanze alle Blätter ab.“
Wer es fruchtig mag, sollte sich einen Fruchtsalbei oder einen Ananassalbei zulegen. „Ananassalbei schmeckt tatsächlich nach Ananas und hat zudem eine zarte Salbeinote“, erklärt Kötter. Da beide Pflanzen aus tropischen Regionen stammen, brauchen sie einen warmen Ort sowie durchlässigen, nährstoffreichen Boden. Auch sie müssen drinnen überwintern – am besten hell und kühl. Nach einem kräftigen Rückschnitt im Frühjahr entwickeln sich die Pflanzen im Lauf des Sommers zu kleinen Büschen und tragen zum Ende der Saison hin rote Blüten.
Für Nachschub von der Fensterbank können in der kalten Jahreszeit Duftpelargonien sorgen. Die mit den klassischen Balkonpflanzen verwandten Gewächse lassen sich an einem hellen, nicht allzu warmen Platz einfach kultivieren. Bei der Suche nach der passenden Pflanze hat man die Qual der Wahl: „Duftpelargonien gibt es in einer unglaublichen Palette an Düften und Geschmacksrichtungen: von erfrischender Zitrone über süße Erdbeere und fruchtige Orange bis hin zu Rose und Minze“, so die Expertin der Niedersächsischen Gartenakademie. Sie empfiehlt, nicht nur die Blätter zu verwenden. „Die Blüten sind ebenfalls essbar und lassen sich dekorativ in die Tasse streuen. Das sinnliche Erleben ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, auch das Auge darf sich erfreuen“, so Ahlers.