Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Bewahrer des Brückenschoppens
Seit in Würzburg ein Sicherheitsdienst auf der Alten Mainbrücke nach dem Rechten schaut, hat sich die Atmosphäre wieder entspannt
WÜRZBURG (lby) - Wenn David Obermeier über die Alte Mainbrücke schlendert, liegt sein Fokus vor allem auf Weingläsern. Und den Menschen, die sie in den Händen halten. Er achtet darauf, dass weder die Gläser noch die Trinkenden auf der Brüstung stehen oder sitzen. Außerdem spricht er sowohl die „Brückenschopper“als auch vorbeidüsende Radfahrer an, falls sie einander nicht ausreichend Platz lassen.
Obermeier ist Inhaber der Sicherheitsfirma, deren Mitarbeiter auf der Alten Mainbrücke an sonnigen Tagen für Frieden und Sicherheit sorgen – und dafür, dass der berühmte „Brückenschoppen“im Herzen der Würzburger Innenstadt möglich ist. Immer zu zweit und in beschrifteten Shirts haben sie als Brückenwächter das Geschehen im Blick.
Die Alte Mainbrücke gilt als eine der bekanntesten Steinbrücken Deutschlands. Sie steht in ihrer Berühmtheit der Regensburger und selbst der Prager Brücke in nichts nach. Als offizieller Radweg verbindet sie die Flussseite mit der Festung Marienberg mit der Innenstadt, dem Würzburger Dom und der Residenz. Entsprechend viel Verkehr herrscht auf der etwa sieben Meter breiten Brücke. Radfahrer, Fußgänger, ob des Blicks über die Weinberge staunende Touristen, Weintrinker, Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen – vor allem in den Nachmittags- und Abendstunden ist die Verkehrsdichte hoch. Gefahr droht auch durch Weingläser, die auf der Brückenbrüstung abgestellt werden: Unter der Brücke verlaufen Straße und Fußweg, es gibt Schiffsverkehr und ab und an Bauarbeiten an der Schleuse. Da könnte ein herabstürzendes Glas ordentlich Schaden anrichten.
Verbale Attacken nach dem Ertönen der Fahrradklingel, dem Wunsch nach ein bisschen mehr Platz oder einer Zurechtweisung von Gaststättenpersonal waren noch vor Monaten keine Seltenheit. Beim Ordnungsamt und der Lob-und-Beschwerde-Stelle der Stadt machten zudem immer wieder wütende Mainbrücken-Nutzer ihrem Ärger Luft. Seit Jahren suchen Wirte und Stadt deshalb nach Lösungen. Mit Schildern. Mit Hinweisen. Mit einem Gläser limitierenden Pfandsystem. Und nun im inzwischen dritten Jahr eben auch mit Brückenwächtern.
Sicherheit darf auch was kosten
Das lassen sich die Wirte auf der Alten Mainbrücke sogar etwas kosten. Sie finanzieren die Arbeit von Obermeier und seinen Kollegen. Diese Vereinbarung war eine Bedingung der Stadt Würzburg. Und seitdem funktioniere es besser, sagt auch Wirt Jan Endres. Auf der Brücke schenken mindestens drei Gastwirte Weine aus – und der Brückenschoppen hat sich etabliert. Nicht wenigen Touristen bleibt neben Festung, Weltkulturerbe-Residenz und den Weinbergen vor allem das entspannte Weintrinken auf der Innenstadtbrücke in Erinnerung. „Mittlerweile wird der „Brückenschoppen“in fast jedem Reiseführer als Highlight erwähnt“, sagt Endres. Auch Straßenmusiker haben die Brücke als lukrativen Platz entdeckt.
Obermeier und seine Kollegen freuen sich über die meist entspannte Atmosphäre und tragen selbst dazu bei. „Unsere Prämisse ist: Wir sind so freundlich wie möglich.“Das komme in der Regel gut an, und die meisten Menschen seien rasch einsichtig, sagt Obermeier. Gibt es doch mal größere Probleme, rufen sie Ordnungsamt oder Polizei – die Brückenwächter sind nicht weisungsbefugt. „Man muss sich da wirklich umgewöhnen: Wir können nicht so bestimmt auftreten wie sonst.“Meist ist härteres Durchgreifen aber ohnehin nicht nötig, neben höflichen Bitten bleibt Zeit für Gespräche oder Scherze mit den Besuchern. So sind die Brückenwächter inzwischen selbst zur kleinen Attraktion geworden – und ein beliebtes Fotomotiv.