Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Schweinemästern drohen Kosten bei Ferkelkastration
Kreisbauernverband Ulm-Ehingen unterstützt Bayerns Bundesratsinitiative für Verlängerung der Übergangsfrist
DELLMENSINGEN - Bayern will die am Ende dieses Jahres auslaufende Übergangsregel für das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um fünf Jahre verlängern und hat dem Bundesrat einen entsprechenden Gesetzentwurf zugeleitet, über den das Plenum am 21. September abstimmt. Der Kreisbauernverband Ulm-Ehingen setzt sich dafür ein, dass auch Baden-Württemberg der Verlängerung zustimmt.
Daher hat der Kreisbauernverband für Montagabend zu einer Besprechung der Situation ins Haus der Bauern im Dellmensinger Gewerbegebiet eingeladen. Als Vertreter der baden-württembergischen Regierungsparteien begrüßte Vorsitzender Ernst Buck die Landtagsabgeordneten Jürgen Filius (Grüne) und Manuel Hagel (CDU). Jürgen Filius bat er, die Landtagsfraktion der Partei der Grünen von der Notwendigkeit der Verlängerung zu überzeugen. Bei Manuel Hagels CDU geht er von der Unterstützung der bayerischen Initiative aus.
Bayern fordert, Paragraph 21 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes folgendermaßen festzulegen: „Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 ist abweichend von § 5 Absatz 1 Satz 1 eine Betäubung nicht erforderlich für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt.“Findet der Vorschlag im Bundesrat keine Mehrheit, ist ab 1. Januar 2019 ein Verfahren anzuwenden, das Schmerzen wirksam ausschaltet. Sofern das nicht möglich ist, müssen Tierhalter auf eine chirurgische Kastration verzichten. Für nicht kastrierte Eber ist der Markt nach Aussage von Rolf Michelberger, einem der Geschäftsführer der Ulmer Fleisch GmbH, aber gesättigt.
Falls der Bundesrat den bayerischen Gesetzesänderungsantrag ablehnt, bleibt den Schweinemästern ab dem kommenden Jahr nur die Narkose mit Isofluran oder die Impfung mit Improvac. Bei der Anwendung von Isofluran werden gesundheitsschädliche Auswirkungen auf die Anwender befürchtet. In Deutschland darf das Gas nur durch Tierärzte oder in deren Anwesenheit verabreicht werden. Findige Tierärzte sollen sich nach Angabe des Kreisbauernverbands dafür billigere osteuropäische Kollegen engagieren und die Leistung nach deutschem Tierarztrecht honorieren lassen. Der dem Mäster entstehenden Mehraufwand von bis zu fünf Euro pro Ferkel werde von den Fleischvermarktern nicht ausgeglichen.
Die Impfung mit der Injektionslösung Improvac wird von der Metzgerinnung und einigen Schlachthöfen abgelehnt. Ein belgischer Lebensmittelgroßhändler habe das Fleisch geimpfter Ferkel aus seinen Regalen genommen, sagte Ernst Buck. Bei zwei bis drei erforderlichen Impfungen sei der Aufwand im Stall erheblich. Niemand sei bereit, dem Mäster die Kosten zu vergüten. Zudem verhielten sich die Eber bis zur zweiten Impfung bei einem Gewicht von rund 85 Kilogramm wie unbehandelte. Durch die ungehemmte Sexualität der geschlechtsreifen Tiere soll es als Folge heterosexueller Kopulation bei weiblichen Tieren gelegentlich zu ungewollter Trächtigkeit kommen. Diese habe, wie andere negative Folgen triebhafter Zudringlichkeit, heute schon Preisabschläge bei den abnehmenden Fleischvermarktungsbetrieben zur Folge.
„Sonst bekommen wir Probleme“
Mit einer einjährigen Fristverlängerung habe er kein Problem, sagte Jürgen Filius, verwies aber auf unterschiedliche Positionen in seiner Fraktion. Manuel Hagel fügte hinzu, auf die Stimmen von Hessen und BadenWürttemberg komme es im Bundesrat an. Hanns Roggenkamp, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisbauernverbands, forderte drei Jahre, um in dieser Zeit einen gangbaren Weg zu finden. „Bei einer negativen Entscheidung bekommen wir Probleme“, gab Kreisbauernvorsitzender Ernst Buck zu bedenken.
Mit einer dreijährigen Fristverlängerung könnte er leben, sagte Buck und gab den beiden Landtagsabgeordneten den Wunsch nach einer positiven Entscheidung mit auf den Weg. Rheinland-Pfalz hat die Bundesregierung gebeten, die derzeitigen Untersuchungen zu den Möglichkeiten des Einsatzes von Lokalanästhetika bei der Ferkelkastration mit höchster Priorität zu unterstützen beziehungsweise selbst voranzutreiben. Für den Fall einer Zulassung eines Lokalanästhetikums soll sie die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um die Anforderungen an die Sachkunde der Landwirte zu regeln.