Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bald Frage vor Gericht
War Werner Thierfelder überhaupt Mitglied im Höhlenverein Sontheim?
HEROLDSTATT - Die Verhandlung Werner Thierfelder gegen den Höhlenverein Sontheim sollte eigentlich an diesem Freitag weitergehen – und dabei mit einer gesteigerten Qualität. Doch der Prozess wurde nun kurzfristig ein weiteres Mal verlegt, er soll nun Ende Januar 2019 stattfinden. Der Grund: Die zuständige Richterin ist erkrankt. Bei dem Zivilprozess vor dem Landgericht Ulm geht es inzwischen nicht nur um die Frage, ob der Vereinsausschluss Thierfelders tatsächlich gerechtfertigt und formell richtig war. Es geht auch um die Frage, ob Thierfelder überhaupt ein Vereinsmitglied war. Dies behauptet zumindest die Vorstandschaft des Höhlenvereins Sontheim, wie zu erfahren war: Werner Thierfelder sei nie ein eingeschriebenes Vereinsmitglied gewesen.
Fakt sei, dass er seit 2007 ein Mitglied im Höhlenverein sei und bei den folgenden Generalversammlungen zum Schriftführer, Höhlenführer Höhlenabteilungsleiter gewählt worden sei, sagt Werner Thierfelder auf Nachfrage der SZ, will sich aber zum Stand der Verhandlungen nicht weiter äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Lediglich zu seinem Vereinsbeitritt sagt er weiter: Er habe Mitte 2007 die gesamte Familie bei dem damaligen Vorsitzenden angemeldet und die Aufnahmeformulare übergeben. Seitdem habe er sich als vollwertiges Mitglied gefühlt und sein Name wie auch der seiner Frau und der Kinder seien immer wieder in den Protokollen und den Listen der Arbeits- und Dienstpläne aufgetaucht.
Bei Versammlungen mit gestimmt
Tatsache ist, dass Werner Thierfelder bei den Jahresversammlungen des Höhlenvereins am Tisch saß und wie ein ordentliches Vereinsmitglied bei Wahlen und Abstimmungen mitentschied. Wie Werner Thierfelder so will auch der kommissarissche Vorsitzende Hans Kastner zu den gegenseitigen Vorwürfen und zu dem Verfahren insgesamt nichts sagen, da die Verhandlungen im Laufen seien. Erst nach dem Urteil oder bei der nächsten Generalversammlung wolle er Stellung beziehen. Doch er lässt anklingen: Gut wäre, wenn die Sache endlich geklärt und vom Tisch sei.
Eine neue Wende bekommt also die Verhandlung im Januar 2019 vor der sechsten Kammer des Landgerichts Ulm, wenn Richterin Johanna Schubart den Fall neu aufrollt. Sie hat die Klage Werner Thierfelders gegen den Höhlenverein Sontheim vom Vorsitzenden Richter Ernst-Peter Wackenhut beim Landgericht Ulm übernommen, der eigentlich schon das Jahr über mehrmals ein Urteil sprechen wollte, dessen Verkündungstermine allerdings aus gesundheitlichen Gründen verschoben wurden. Dass ein neuer Richter einen Fall übernimmt, sei nicht außergewöhnlich, legt Pressesprecherin Sandra Thonhofer dar. Sie geht nicht davon aus, dass unmittelbar nach der nun für Januar neu angesetzten Verhandlung mit einem Urteilsspruch zu rechnen sei, zumal ein Urteil ausführlich zu begründen sei.
Die erste Verhandlung in dem Streitfall liegt etliche Monate zurück, sie fand am 22. März statt. Für Richter Wackenhut ging es in dem Verfahren primär um „die Verhältnismäßigkeit des Vereinsausschlusses“Werner Thierfelders und um die Frage, ob sein Vereinsausschluss tatsächlich gerechtfertigt und formell richtig war. Für ihn ging es aber auch darum, ob die Vereinsmitglieder bei dem Rauswurf nicht überreagiert und übersteigert gehandelt haben. Und für Richterin Johanna Schubart kommt nun die Frage hinzu, ob Werner Thierfelder überhaupt jemals rechtmäßiges Vereinsmitglied war, wie von der Gegenseite nun behauptet wird. Denn diese soll neuerdings von einer „fehlenden Eintrittserklärung“ Thierfelders sprechen, was die logische Konsequenz bedeuten würde: Der Rauswurf eines Nichtmitglieds hätte nie stattfinden brauchen.
Wie bereits mehrfach berichtet, hat Werner Thierfelder, „bislang langjähriger Höhlenführer und langjähriges Mitglied mit Aufgaben beim Höhlenverein Sontheim“, vor dem Landgericht Ulm gegen seinen Vereinsausschluss wegen Vereinsschädigung geklagt. Er sah bei sich keinerlei vereinsschädigendes Verhalten, das ihm einige Mitglieder vorgeworfen haben und die am 17. März 2017 bei 24 Ja-Stimmen, fünf NeinStimmen und zwei Enthaltungen seinen Rauswurf aus dem Verein durchsetzten. Er habe allein im Interesse der Höhlenbesucher und deren Sicherheit gehandelt und vor der Gefahr durch Steinschlag im Höhleneingangsbereich gewarnt, hatte Thierfelder immer wieder betont.
„Illoyal, aber der Sache dienlich“
Richter Ernst-Peter Wackenhut hatte in der Verhandlung am 22. März die grundsätzliche Frage gestellt: Ist es gerechtfertigt, dass sich ein Mitglied gegenüber der Vorstandschaft und den anderen Mitgliedern illoyal verhält, wenn er mit seinem Anliegen nicht die notwendige Aufmerksamkeit bekommt, allein gelassen wird und dann im Interesse der Höhlenbesucher eine höhere Instanz einschaltet? „Der Höhlenführer hat sich illoyal, aber der Sache dienlich verhalten“, meinte damals Wackenhut.
Er wollte damals allerdings noch kein Urteil sprechen. Er wollte noch Einsicht in den Schriftverkehr zwischen Höhlenverein und Bergamt vom Frühjahr 2016, um zu sehen, ob der Höhlenverein damals seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen sei. Die Sicherung der Höhle sei damals anhand der Gutachten notwendig gewesen, so der Richter, was auch die Sanierung des Höhleneingangs im Sommer 2016 bei Kosten von 17 000 Euro verdeutlicht habe. Die bei der Gerichtsverhandlung im März am Rande vom Vorsitzenden Hans Kastner eingebrachte Frage, ob Werner Thierfelder „überhaupt ein ordentliches Mitglied des Vereins“sei, wollte er damals nicht weiter verfolgen.
Das Ende des Rechtsstreits lässt also auf sich warten. Ursprünglich sollte die Verhandlung Ende November über die Bühne gehen, dann wurde sie auf den heutigen Freitag vorverlegt und jetzt krankheitsbedingt auf Ende Januar verschoben. Der Höhlenverein Sontheim muss sich derzeit nicht nur der Klage stellen, er ist indes weiter auf der Suche nach einem Vereinsvorsitzenden, denn bei der jüngsten Generalversammlung konnte für den zurückgetretenen Hans Kastner kein Nachfolger gefunden werden. Er führt seit März den Verein kommissarisch. Bei der nächsten Jahresversammlung 2019 sollte unbedingt ein neuer Vorsitzender gefunden und gewählt werden.