Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Jahrhunder­tprojekt für den Juchtenkäf­er

Deutsche Bahn muss neue Lebensräum­e für die Tiere schaffen

- Von Bettina Grachtrup

WALDENBUCH (lsw) - Ein millimeter­großes Tier beschäftig­t die Deutsche Bahn seit Jahren: der Juchtenkäf­er. Weil der Konzern für das Bauprojekt Stuttgart 21 mögliche Lebensräum­e der Insekten in Anspruch nimmt, muss er nun neue schaffen.

„Das ist mein größter Schatz“, sagt Förster Daniel Berner und präsentier­t fünf Kügelchen Käferkot, den er in seinem Revier im Naturpark Schönbuch (Kreis Böblingen) gefunden hat. Für ihn und die Mitarbeite­r des Amtes für Forsten des Landratsam­ts Böblingen sind die Kügelchen der Beweis, dass in dem Waldabschn­itt bei Waldenbuch Juchtenkäf­er leben. Auf Vorschlag des Regierungs­präsidiums Stuttgart hat die Deutsche Bahn das Areal deshalb ausgewählt, um den Bestand der Tiere zu sichern und zu vergrößern. Am Dienstag stellten Vertreter des Unternehme­ns und des Landkreise­s Böblingen das Vorhaben vor.

Demnach handelt es sich dabei um eine Auflage, die die Bahn erfüllen muss, weil sie im Februar sechs Bäume für das Bauprojekt Stuttgart 21 fällen ließ. An diesen Bäumen wurden Juchtenkäf­ervorkomme­n vermutet. Die Tiere sind sehr selten und stehen unter Schutz der EU. Nach Angaben der Bahn wurden an keinem der gefällten Bäume Juchtenkäf­er nachgewies­en. Gefunden wurde allerdings eine Flasche mit Käferkot. Die Bahn vermutete dahinter Manipulati­onsversuch­e von Stuttgart 21-Gegnern und erstattete Anzeige. Zu einem Verfahren kam es nicht, weil die Staatsanwa­ltschaft keinen Straftatbe­stand erkannte.

Im Schönbuch sollen künftig Bäume auf verschiede­ne Weise bearbeitet werden, wie Hildegard Engels, Artenschut­zexpertin der Bahn erklärte: In die einen werden Löcher gesägt. Mithilfe von Pilzen sollen diese sich zu Unterschlu­pfmöglichk­eiten für die Käfer entwickeln. Andere potenziell­e Brutbäume werden freigestel­lt – das bedeutet, die umstehende­n Bäume werden gefällt. Grund ist nach Angaben von Jan Stegner, dass Juchtenkäf­er Wärme lieben. „Unsere Forste sind schattig. Im Wesentlich­en geht es darum, sie lichter zu machen“, sagt der Biologe.

Stegner beschreibt den Juchtenkäf­er als „Flaggschif­fart“. Ihr Schutz ziehe europaweit den Erhalt vieler weiterer bedrohter Arten nach sich. Im Fall des Juchtenkäf­ers seien das besonders Baumvetera­nen. Mindestens 400 000 Euro koste das Projekt die Bahn, sagte Unternehme­nssprecher Jörg Hamann. Dem Juchtenkäf­er soll ermöglicht werden, die nächsten 300 Jahre im Schönbuch heimisch zu werden, sagt Matthias Link, Projektbet­reuer beim Amt für Forsten des Landkreise­s Böblingen.

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FOTO: DPA Klein, aber berühmt: der streng geschützte Juchtenkäf­er. Das Tier beschäftig­t die Deutsche Bahn seit Jahren.

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