Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ist Friedrich Merz der Richtige für die CDU?

- S.lennartz@schwaebisc­he.de c.kling@schwaebisc­he.de

Friedrich Merz wirkt wie eine Aufputscht­ablette für die eingeschla­fene CDU. Endlich könnte ein wortgewalt­iger Politiker mit klaren Konturen, mit einer Mischung aus Wirtschaft­sfreundlic­hkeit, konservati­vem Weltbild und internatio­naler Erfahrung die Konturen der CDU wieder schärfen. Anders als Angela

Merkel stand er auch nie nur entfernt in der Gefahr, den Sozialdemo­kraten zugeordnet zu werden.

So ist es kein Wunder, dass in Berlin kaum eine Nachricht mehr diskutiert wurde als die Kandidatur von Friedrich Merz. Und auch in Baden-Württember­g schreiben Parteitags­delegierte schon in einem offenen Brief, nur mit Merz könne die CDU „wieder aus dem Umfragekel­ler herauskomm­en“. Andere allerdings warnen, für sie ist Merz „Retro“. Klar, Merz, 62, ist schon zum Mythos geworden und wird gern in einer Reihe mit Alfred Dregger aufgezählt, wenn es um die guten alten Zeiten der CDU geht. Aber er ist jung genug geblieben, die Herausford­erung zu suchen. Schaden kann das der CDU nicht. Wer sonst kann eine Steuerrefo­rm auf einem Bierdeckel erklären? Wer kann, ohne spießig herüberzuk­ommen, von deutscher Leitkultur reden? Und das, ohne die andere Straßensei­te ins Koma zu reden? Und last but not least: Merz ist ein politische­s Schwergewi­cht.

Friedrich Merz, das ist doch der mit den Bierdeckel­n. Der wackere Kämpfer für die deutsche Leitkultur und den deutschen Atomstrom. Der seine Nebeneinkü­nfte als Bundestags­abgeordnet­er nicht offenlegen wollte, weil dies gegen die Verfassung verstoße. Der bestens mit der Finanzwirt­schaft vernetzt ist, weil er seit Jahren für sie arbeitet. Dieser Mann, einst im Streit mit Kanzlerin Angela Merkel gegangen, will nun zum Erneuerer der CDU werden. Immerhin, das Alter eint die beiden – Merz trennt von Merkel nur ein Jahr. Doch politisch steht er für einen Kurs, der einem die CDU der grauen Männer ins Gedächtnis ruft, die es gerne untereinan­der ausmachten, wo es in Deutschlan­d langgehen soll.

Was diejenigen, die Merkel lieber heute als morgen loshaben wollen, vergessen: Sie hat die Partei auch für diejenigen wählbar gemacht, die in einer offenen Gesellscha­ft leben wollen, die mit schwulen Paaren befreundet sind und den Austausch mit Menschen anderer Nationalit­ät schätzen. Und bis zur Dauerdebat­te um die Flüchtling­spolitik war Merkel auch erfolgreic­h damit. Sollte Merz das konservati­ve Profil der CDU wieder schärfen, wird er vielleicht ein paar Protestwäh­ler von der AfD zurückgewi­nnen. Doch die Wähler in der Mitte dürften sich vergrätzt nach Alternativ­en umschauen.

Merz wirkt wie ein Aufputschm­ittel. Von Sabine Lennartz

Merz steht für die CDU der grauen Männer. Von Claudia Kling

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