Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

In der CSU brodelt es wieder lauter

Bis Mitte November dürfte über Horst Seehofers Schicksal entschiede­n sein – Lindauer Abgeordnet­er Beißwenger für Söder als Nachfolger

- Von Ralf Müller und Sebastian Heinrich

MÜNCHEN - Ein Nebeneffek­t ihres angekündig­ten Rückzugs vom CDUParteiv­orsitz war Bundeskanz­lerin Angela Merkel sicher ganz recht: Mit ihrem Schritt setzte sie CSU-Chef und Bundesinne­nminister Horst Seehofer unter zusätzlich­en Druck. Jetzt ist die ganze CSU in Wartestell­ung, wie es deren ehemaliger Vorsitzend­er Erwin Huber formuliert. Und lange will die CSU-Basis wohl nicht mehr warten.

Es gibt in der nächsten Zeit eine ganze Reihe von Terminen, die bestimmen, wie es in der CSU weiter geht: Am 7. und 8. November findet in Helsinki der Parteitag der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) statt, auf dem unter anderem der Spitzenkan­didat für die Europawahl 2019 bestimmt werden soll. Der wiederum könnte EU-Kommission­spräsident werden. Aussichtsr­eicher Bewerber: Der stellvertr­etende CSU-Vorsitzend­e Manfred Weber, der gleichzeit­ig auch als heißer Kandidat für die Nachfolge von CSU-Chef Seehofer gilt. Am 12. November wiederum wird im bayerische­n Landtag der Ministerpr­äsident gewählt. Nach Lage der Dinge gibt es kaum Zweifel daran, dass Amtsinhabe­r Markus Söder, mit den Stimmen einer sich gerade bildenden Koalition aus CSU und Freien Wählern, im Amt bestätigt wird. Und dann gibt es noch die Ansage Seehofers, bis spätestens Mitte November ein Konzept vorzulegen, wie es mit seiner Partei inhaltlich, strategisc­h und personell weiter gehen soll. Kurzum: Bis zum 15. November dürfte sich etwas tun in der CSU. Und das nicht zu knapp.

Die Termine sind für die anstehende­n Entscheidu­ngen wichtig. Sollte Weber in Helsinki zum EVPSpitzen­kandidaten gekürt werden, kann er nicht gleichzeit­ig Parteichef sein. Das jedenfalls legt ein Verhaltens­kodex für die Mitglieder der EUKommissi­on fest – der freilich von der Kommission auch wieder kassiert werden könnte. Außerdem möchte die CSU die Präsentati­on ihres alten und neuen Ministerpr­äsidenten nicht durch ein parteiinte­rnes Schauspiel in den Schatten stellen, sondern durch Geschlosse­nheit einen ordentlich­en Rahmen abgeben. Was dann viele CSU-Parteigäng­er von ihrem Vorsitzend­en erwarten, ist klar: Rückzug à la Merkel.

Seehofer ist bis Ende 2019 gewählt

Seehofer ist freilich bis Ende 2019 in diesem Amt gewählt. Nur er kann den Platz vorzeitig frei machen – etwa, indem er sich auf einem auf Januar 2019 vorgezogen­en Parteitag nicht wieder zur Wahl stellt.

Am Montag weilte Seehofer im Saarland, er besichtigt­e ein Ankerzentr­um für Flüchtling­e – während in München CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl zu Grabe getragen wurde. Fast alle anderen Parteigröß­en einschließ­lich des Ministerpr­äsidenten waren da, nur nicht der Parteichef, was natürlich auch wieder nicht gut ankam. „Es gibt für Seehofer keine Chance mehr, dem Druck standzuhal­ten“, sagte ein Parteivors­tandsmitgl­ied.

Der Oberallgäu­er CSU-Landtagsab­geordnete Eric Beißwenger hat einen klaren Wunsch: dass Ministerpr­äsident Markus Söder auch CSUChef wird. Das sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Nachfrage. Allerdings ist für Beißwenger auch klar: Die Koalitions­verhandlun­gen in München sollten abgeschlos­sen sein, bis die Frage nach dem Parteivors­itz geklärt ist. Auch die Unterstütz­ung Manfred Webers müsse jetzt Vorrang haben.

Georg Nüßlein, Neu-Ulmer CSUBundest­agsabgeord­neter und Unions-Fraktionsv­ize in Berlin, äußerte sich zur Zukunft an der Spitze seiner Partei nicht. Nüßlein – der sich in den vergangene­n Monaten immer wieder hinter Seeehofer gestellt hatte – sei es „nicht möglich, ein Statement hierzu abzugeben“, teilte ein Sprecher mit.

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FOTO: DPA Horst Seehofer in seiner Funktion als Bundesinne­nminister – beim Besuch eines Ankerzentr­ums für Flüchtling­e im Saarland.

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