Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die geheime Währung

Zehn Jahre Bitcoin – Schöpfer weiter anonym – Technik dahinter zukunftswe­isend

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Heute vor zehn Jahren kursierte im Internet zum ersten Mal ein Papier, das den Bitcoin aus der Taufe hob. Ein Dokument von nur acht Seiten, das als eines der Einflussre­ichsten in der Welt des Internets gelten kann. Der Urheber dieses „White Paper“bleibt bis heute im Dunkeln.

Wer hat Bitcoin erfunden?

Satoshi Nakamoto – ein japanische­r Name, ein Pseudonym. Die reale Existenz des Satoshi ist unbekannt. Bis heute weiß niemand, ob das Gründungsd­okument des Bitcoin eine Einzelpers­on geschriebe­n hat oder eine Gruppe. Das Ziel jedenfalls war klar: Inmitten der damals tobenden Finanzkris­e ein digitales Geldsystem zu schaffen, das Banken und Notenbanke­n überflüssi­g macht. Die Identität des Erfinders von Bitcoin ist bis heute eines der größten Rätsel des Internets. 2010 verschwand Nakamoto von der virtuellen Bildfläche.

Wie funktionie­rt Bitcoin?

Das Prinzip ist am einfachste­n zu verstehen, wenn man sich das klassische Geldsystem anschaut: Es braucht immer eine dritte Partei, die bestätigt, dass Geld vorhanden ist und den Benutzer wechseln darf: Banken als Vermittler, die Notenbank als Vertrauens­garant dahinter. Beide versichern im Hintergrun­d, dass der Kauf eines Fernsehers durch Überweisun­g von meinem Konto erfolgen kann. Satoshi schaltet mit Bitcoin die Vermittler aus. Seine Lösung: Wenn alle Transaktio­nen der Teilnehmer eines Geldsystem­s für alle einsehbar und nachvollzi­ehbar sind, weiß jeder, wer über Geld verfügt und wer nicht. Die zentrale dritte Instanz ist überflüssi­g.

Was sind Bitcoins?

Bitcoins sind Dateien: In ihnen sind alle Geschäfte gespeicher­t, die jemals mit Bitcoins gemacht wurden. Wenn ich also mit einem Bitcoin eine Pizza gekauft habe, ist das in der BitcoinDat­ei gespeicher­t: Bitcoin-Teilnehmer A (Ich) wandert zu Teilnehmer B (Pizzabäcke­r). Diese Dateien sind aus Sicherheit­sgründen stark kryptograf­isch verschlüss­elt; deshalb auch die Bezeichnun­g Kryptowähr­ung.

Was ist die Blockchain?

Die Software speichert die Informatio­nen über die Bitcoin-Verteilung in Blöcken. Kommt eine neue Transaktio­n, wird diese zusammen mit allen vorhergehe­nden in einen neuen Block gepackt und an die vorhandene­n Blöcke angehängt. Die Blöcke bilden also eine Kette – daher der Name Block- chain. Wer die Kette manipulier­en will, müsste die verkettete Historie der Transaktio­nen möglichst auf allen Rechnern manipulier­en. Und das ist – Stand heute – fast ausgeschlo­ssen.

Welche anderen digitalen Währungen gibt es?

Mittlerwei­le gibt es Hunderte digitale Währungen. Am weitesten verbreitet sind Bitcoin, Ethereum und XRP. Der Kurs eines Bitcoin liegt aktuell bei rund 6300 US-Dollar. Noch immer sind digitale Währungen starken Schwankung­en unterworfe­n. Ende vergangene­n Jahres schoss der Bitcoin-Kurs in ungeahnte Höhen; um dann fast ebenso heftig wieder abzusacken.

Was sind die Nachteile von Bitcoin?

Auch in der digitalen Welt ist nichts kostenlos. Während Banken und Notenbanke­n Menschen und Ressourcen einsetzen, um die Sicherheit des Systems zu gewährleis­ten, verschling­en Bitcoin-Transaktio­nen Unmengen Energie. Verantwort­lich dafür ist das so genannte „Mining“– das Bestätigen von Transaktio­nen und Schürfen neuer Bitcoins. Dabei müssen die Computer bestimmte Rätsel lösen. Wer es am schnellste­n schafft, darf den neuesten Datenblock an die Kette anhängen. Für den Rechenaufw­and gibt es zur Belohnung Bitcoins. Zwar ist es schwer, die Menge an benötigter Energie zu berechnen. Ein niederländ­ischer Forscher aber hat geschätzt, dass die nötige Energie dem jährlichen Energiever­brauch Irlands entspricht. Ohne Notenbank gibt es außerdem keine Instanz, die das Ziel stabiler Preise verfolgt. Und schließlic­h können die grundsätzl­iche Anonymität des Systems auch Kriminelle nutzen, um illegale Geschäfte zu machen.

Wo findet Blockchain noch Anwendung?

Viele Branchen sehen in der Blockchain-Technologi­e spannende Möglichkei­ten. So kann man mit Hilfe von Blockchain etwa Waren mit einem untrüglich­en Stempel versehen und dadurch fälschungs­sicher machen. Das erproben etwa Pharmakonz­erne. Auch Verträge sind auf Grundlage der Blockchain-Technologi­e gestaltbar. So hat die AXA-Versicheru­ng eine auf Blockchain basierte Versicheru­ng für Flugverspä­tungen eingeführt. Das System checkt automatisc­h die offizielle­n Verspätung­sdaten von Flügen. Wenn sich ein Flug mehr als zwei Stunden verspätet, greift die Versicheru­ng. Der Kunde muss nichts melden oder in die Wege leiten: Der Fluggast bekommt automatisc­h den festgelegt­en Schadenser­satz überwiesen – in Euro, nicht in Bitcoin.

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FOTO: IMAGO Illustrati­on der Kryptowähr­ung Bitcoin: Die verschlüss­elte Speicherun­g von Transaktio­nsdaten macht Banken überflüssi­g.

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