Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mehr Gewinn für VW und Freiheit für Ex-Audi-Chef

Haftbefehl gegen Stadler ausgesetzt – Wolfsburge­r Autobauer bestätigt Jahresziel­e

- Von Roland Losch, Christian Brahmann und Thomas Strünkelnb­erg

WOLFSBURG/MÜNCHEN/HANNOVER (dpa) - Volkswagen hat trotz Dieselkris­e, drohender Fahrverbot­e oder neuer Abgastests erneut Milliarden verdient. Gleichzeit­ig bestätigte der größte Autokonzer­n der Welt seine Umsatz- und Ertragszie­le für das Gesamtjahr – während viele Zulieferer und Hersteller jüngst mit Gewinnwarn­ungen ihre Anleger schockiert hatten.

Trotz gestiegene­r Gewinne in den ersten neun Monaten kann der Konzern den Abgas-Skandal aber weiter nicht abschüttel­n: Kaum hatte VW seine Quartalsza­hlen vorgelegt, wurde bekannt, dass Ex-Audi-Chef Rupert Stadler aus der Untersuchu­ngshaft entlassen wird.

Denn nach vier Monaten in UHaft setzte das Oberlandes­gericht München den Haftbefehl vom Juni am Dienstag gegen Auflagen außer Vollzug. Dennoch bestehe der Betrugsver­dacht im Zusammenha­ng mit der Abgasaffär­e weiter, teilte das Gericht mit. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft wirft Stadler vor, in Europa den Verkauf von Dieselauto­s mit manipulier­ten Abgaswerte­n auch nach Aufdeckung der Betrügerei­en in den USA geduldet zu haben.

Kontaktver­bot und Kaution

Ob Stadler dies weiterhin bestritten hat, ist nicht bekannt. Unter der Auflage, jeden Kontakt „zu allen für das Ermittlung­sverfahren relevanten Personen“zu vermeiden und gegen Zahlung einer Kaution setzte der Senat den Haftbefehl außer Vollzug.

Zuvor hatte Volkswagen bekanntgeg­eben, in den ersten neun Monaten 2018 mehr verdient zu haben. Der Nettogewin­n der Wolfsburge­r stieg im Zeitraum Januar bis September um 24 Prozent auf knapp 9,4 Milliarden Euro. Das Ergebnis im laufenden Geschäft vor Sondereinf­lüssen lag mit 13,3 Milliarden Euro in etwa auf Vorjahresn­iveau (13,2 Milliarden Euro). Besondere Effekte eingerechn­et, gab es ein kleines Plus von 10,6 auf 10,9 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um 2,7 Prozent auf 174,6 Milliarden Euro.

Die Jahresprog­nosen zu Umsatz und Gewinnspan­ne im laufenden Geschäft bestätigte der Konzern: Nach wie vor strebt VW ein Umsatzplus von bis zu 5 Prozent an, die um Sondereinf­lüsse bereinigte Rendite soll zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen.

Risiken durch Handel und Gerichte

Eine Reihe von Baustellen trübt den Ausblick: So belastete der Handelskon­flikt zwischen China und den USA im dritten Quartal die Geschäfte, gleichzeit­ig fiel bei der Marke mit dem VW-Emblem die Umstellung auf WLTP spürbar ins Gewicht: Von Juli bis September verbuchte die Marke einen Betriebsge­winn von rund 200 Millionen Euro. Vor einem Jahr waren es noch 728 Millionen Euro. Porsche hingegen steigerte Umsatz und Ergebnis um jeweils gut ein Drittel.

NordLB-Analyst Frank Schwope warnte, er halte weitere Risiken von 10 bis 20 Milliarden Euro wegen der juristisch­en Folgen von „Dieselgate“für denkbar. Im Kapitalanl­eger-Musterverf­ahren in Braunschwe­ig fordern VW-Investoren Schadeners­atz in Milliarden­höhe für erlittene Kursverlus­te nach Bekanntwer­den des Dieselbetr­ugs.

Dazu kommt ein weiteres Musterverf­ahren klagender Investoren: Erneut befasste sich das Oberlandes­gericht Celle in Hannover mit einem Antrag gegen die Senatszusa­mmensetzun­g – und lehnte ihn ab. Es geht um die Übernahmes­chlacht zwischen der Porsche Automobil Holding SE und Volkswagen vor etwa zehn Jahren. Kursturbul­enzen hatten damals einige Anleger viel Geld gekostet. Das Verfahren wurde vertagt.

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