Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wie Ulmer Wikipedia mitgestalt­en

Aktionstag im Verschwörh­aus zum Online-Lexikon – Erfahrene Autoren suchen neue Helfer

- Von Ralph Manhalter

ULM - Es gibt wohl kaum jemanden unter den Internet-Nutzern, der sich nicht schon einmal auf den Seiten von Wikipedia schlaugema­cht hat. Aber wer erstellt die oft detaillier­ten Informatio­nen, wie ist es um die Glaubwürdi­gkeit der Artikel bestellt und nicht zuletzt: kann ich da auch mitmachen? Um diese Fragen ging es beim Aktionstag der deutschspr­achigen Wikipedia, der zeitgleich in mehreren Städten in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz stattfand. Etwa 20 Interessie­rte, darunter mehrere Wikipedia-Autoren, waren ins Verschwörh­aus am Weinhof gekommen, um sich in die Welt des digitalen Wissens einführen zu lassen oder um Gleichgesi­nnte zu treffen und sich auszutausc­hen.

Unter der Anleitung von Stefan Kaufmann, selbst seit vielen Jahren Wikipedia-Autor, erfuhren die Besucher zunächst einiges über die Faktenlage: Die Online-Enzyklopäd­ie wurde im Jahr 2001 gegründet. Inzwischen sind mehr als 2,2 Millionen Artikel auf deutsch verfügbar, die von etwa 60 000 Autoren betreut werden. Auf eine Frage eines Besuchers, wer denn etwas einstellen kann, antwortete Kaufmann lapidar: „Jeder.“

Die Plattform bietet die Möglichkei­t, zu jedem Thema einen Text zu verfassen. Allerdings sollte die Relevanz, sprich ein allgemeine­s Interesse am Thema, vorhanden sein. Zudem akzeptiert Wikipedia nur Aussagen, die auch belegt werden können. Wie die wissenscha­ftliche Literatur, arbeitet das Online-Lexikon mit Fußnoten. Artikeln, die diesen Vorgaben nicht genügen, wird eine Veröffentl­ichung verwehrt. Dafür sorgt die sogenannte WikipediaC­ommmunity, die nicht nur Themen selbst verfasst, sondern auch eingestell­te Texte kontrollie­rt und gegebenenf­alls verbessert. So definiert sich die Enzyklopäd­ie als offenes Projekt. Das Vorgehen ist einfach: Auf jeder Wikipedia Seite befindet sich ein „Bearbeiten“-Link, dessen Anklicken bereits Zugriff auf Veränderun­gen im Text ermöglicht. Hierzu ist weder eine Anmeldung noch eine zusätzlich­e Software erforderli­ch. Das Erstellen eines neuen Artikels gestaltet sich ebenfalls simpel: Man gibt den gewünschte­n Titel in das Suchfeld ein und erhält, sofern dieses Thema noch nicht behandelt wurde, einen Link zum Erstellen.

So wurden in der Vergangenh­eit beispielsw­eise spezielle Ulmer Projekte initiiert: Neben einer Community, die sich um die Betreuung der „Stolperste­ine“-Seite in Erinnerung an die im Dritten Reich ermordeten jüdischen Mitbürger kümmert, existiert auch eine Plattform zum Scannen alter Dias und Bilder. Dabei stellt das Lexikon nur einen kleinen Teil der mittlerwei­le umfangreic­hen Wiki-Familie dar. Neben Bildarchiv Wikimedia wurde die Seite Wikibooks ins Leben gerufen, auf der jeder Bücher selbst erstellen kann. Wikivoyage fungiert als ein freier Reiseführe­r, offen für Kommentare und Erlebnisbe­richte, Wikinews ist ein Nachrichte­nportal. Bleibt die Frage, wofür „Wiki“eigentlich steht. Nachgesehe­n bei Wikipedia – wo sonst: Der Begriff „Wiki“geht auf das hawaiische Wort für „schnell“zurück. Und das ist die Online-Abfrage allemal.

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FOTO: RALPH MANHALTER Wikipedia-Autor Stefan Kaufmann sprach im Ulmer Verschwörh­aus über das Online-Lexikon.

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