Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ein künstlerischer Aufschrei
Ausstellung mit Werken von Hermann Weber im Bildungshaus Heiligkreuztal eröffnet
HEILIGKREUZTAL - Im Bildungshaus Heiligkreuztal ist kürlich die Ausstellung „Anthropozän – Das große Sterben“des in Biberach geborenen Künstlers Hermann Weber eröffnet worden. Weber, ehemaliger Student an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei den Professoren Lüpertz, von Hancke und bei Antes, ist Professor an der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design in Halle/Saale.
Die Werke Webers nehmen Bezug auf seine 2017 erschienene Katalogpublikation. Diese war anlassbezogen und ein zorniger Protest des Künstlers anlässlich eines gigantischen Planfeststellungsverfahrens für ein zunächst 46 Hektar, später 140 Hektar großes Industriegebiet im nördlichen Risstal. Als gebürtiger Mettenberger und Sohn einer Bauernfamile lagen ihm die Natur und der Naturschutz am Herzen und es entstanden Bilder, die aufrütteln und zum Nachdenken anregen sollen.
Da er den bekannten Biberacher Künstler Jakob Bräckle persönlich kennenlernen durfte, nahm er einige seiner Bilder als Vorlage und ergänzte sie durch Kollageteile. So zum Beispiel das Bild „Hütte im Schnee“, ein monochromes Bild mit einer schneebedeckten Hütte vor einem bleiernen Himmel; kein Anzeichen von Leben, mit einem Kreuz und einem Baustellenschild davor. Weber nennt es „Gott segne unsere Flure“. Die Hütte stand schon bei Bräckle als Symbol für die Sorge um das eigene Haus. Weber, der mit seinen Geschwistern schon frühzeitig lernte, mit und nicht gegen die Natur zu arbeiten, sah das Problem vom Risstal nicht nur regional, sondern weltweit.
Epochale Eingriffe
Der titelgebende Ausdruck „Anthropozän“stammt vom niederländischen Chemiker und Atmosphärenforscher Paul Crutzen, der es im Jahr 2000 kreierte und das beim internationalen Geologischen Kongress in Kapstadt 2016 als Vorschlag einer neuen geochronologischen Epoche aufgenommen wurde. Die Wissenschaftler erkannten, dass der Einfluss des Menschen auf die Erde global nachweisbar und teils unumkehrbar sei. Anthropozän bedeutet ein neues geologisches Zeitalter, das vom Menschen bestimmt ist.
Der Einfluss des Menschen auf den Planeten ist groß. „Die Menschheit schafft sich ab“, erkannte der bekannte Forscher Prof. Dr. Harald Lesch. Weber benennt eine seiner Collagen deshalb auch mit den Worten von Prof. Dr. Peter Berthold, Ornithologe und Verhaltensforscher von der Vogelwarte Radolfzell: „Erst sterben die Vögel, dann wir.“Im Golgotha-Bild stellt er ein Kruzifix mit Gasmaske dar, vor einem Traktor, der gerade das Feld mit Glyphosat besprüht. Tote Vögel liegen im Vordergrund. Weber ergänzt das Bild mit dem Text: „Täglich sterben bis zu 150 Pflanzen- und Tierarten aus, weil sich eine Art auf diesem Planeten ungebremst, rücksichtslos und gnadenlos ausbreitet und allen anderen Lebewesen den Lebensraum wegnimmt und zerstört: der Mensch. Für die Natur, die Tiere und Pflanzen sind wir Menschen das Auschwitz des 21. Jahrhunderts.“
Weber erzählte in seiner Ansprache vom Aufwachsen in Mettenberg und dem Leben und der Arbeit in tiefer Verbundenheit mit der Natur und den Tieren. Auch seinem Bruder sei dies in der Kindheit von den Eltern mitgegeben worden. Dieser schlug nur einen anderen Weg ein, übernahm den elterlichen Bauernhof, betreibt erfolgreich einen Bioland-Hofladen und sitzt im Kreistag von Biberach für die Grünen. Beide sind bemüht, „Gottes Schöpfung zu bewahren“.