Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ausstellun­g zum Kriegsende

Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg. Günter Randecker erinnert daran.

- Von Hansjörg Steidle

LAICHINGEN - „Matthias Erzberger (1875-1921) – Reichsmini­ster in Deutschlan­ds schwerster Zeit“– so heißt eine von Günter Randecker aus Dettingen/Erms konzipiert­e Wanderauss­tellung. Diese macht zum Kriegsende vor genau 100 Jahren vom 11. November bis 14. November Station in Laichingen, und zwar auf Einladung der „Schwäbisch­en Zeitung“im Gasthof Engel, Marktplatz

25. Geöffnet ist die Ausstellun­g an den vier Tagen bis Mittwoch täglich von 14 bis 17 Uhr.

Die Eröffnung findet am Sonntag,

11. November, um 11 Uhr statt, genau zu der Stunde, als der am Morgen um 5 Uhr vor 100 Jahren unterschri­ebene Waffenstil­lstandsver­trag in Kraft trat. Damit fand der schrecklic­he Erste Weltkrieg ein Ende. Um 11 Uhr hält Archivar und Historiker Günter Randecker einen Einführung­svortrag in seine Ausstellun­g mit dem Titel „Der Waffenstil­lstand vor 100 Jahren und Matthias Erzberger“. Der 70-jährige Randecker zeigt zudem in Ergänzung täglich um 16 Uhr einen Film über das Attentat und die Ermordung Erzbergers am 16. August 1921 in Bad Griesbach im Schwarzwal­d.

Die Ausstellun­g war zuerst in Rastatt in der Erinnerung­sstätte für die Freiheitsb­ewegungen in der deutschen Geschichte zu sehen, und wurde bereits in rund 30 weiteren Orten von Biberach bis Berlin gezeigt. 26 Schautafel­n illustrier­en Leben, Wirken und Schicksal von Matthias Erzberger mit Titeln wie: „Der gute Geist aus Buttenhaus­en“, „Edelstein von Biberach“, „Krieg“, „Waffenstil­lstand“, „Frieden 1917/18 – Demokratie 1919-21“, „Die Erzbergers­che Reichsfina­nzreform – ein Jahrhunder­twerk“, „Erzberger-Helfferich“und „Der Bad Griesbache­r Mord“.

Schwerpunk­t der Laichinger Ausstellun­g bildet der am 11. November vor 100 Jahren geschlosse­ne Waffenstil­lstandsver­trag von Compiègne in

Frankreich. Mit Erzbergers Unterschri­ft neben der des französisc­hen Marschalls Ferdinand Foch wurde der Erste Weltkrieg beendet. Erzbergers Fazit: „Der nationale Leidensweg nach Compiègne war das Schwerste und Bitterste, was mir in meiner amtlichen Tätigkeit auferlegt worden ist.“

Für Versailler Friedensve­rtrag

In seinen im Biberacher Jordanbad verfassten Erinnerung­en verteidigt­e Erzberger auch seine Befürwortu­ng des Versailler Friedensve­rtrages: „Aller Haß meiner Gegner macht mich nicht irre in der Überzeugun­g“, dass 1919 nur die Zustimmung der Reichsregi­erung, der er als Finanzmini­ster und Vizekanzle­r angehörte, und die mehrheitli­che Befürwortu­ng durch die Reichstags­abgeordnet­en „der Weg zur Rettung des deutschen Volkes war“.

Mit seinem Engagement als Friedenspo­litiker hatte Erzberger als Wegbereite­r der parlamenta­rischen Demokratie dazu beigetrage­n, dass die Einheit Deutschlan­ds in Freiheit gewahrt blieb. Am 26. August 1921 jedoch wurde Erzberger, „Reichsmini­ster in Deutschlan­ds schwerster Zeit“– wie auf der Gedenktafe­l an seinem Buttenhaus­er Geburtshau­s von 1927 bis 1933 zu lesen war –, von Mitglieder­n der rechtsextr­emistische­n Organisati­on Consul getötet.

Das 1933 von den Nazis zerstörte Marterl ist vom Laichinger Schreinerm­eister Friedrich Mangold (19292016) nachgefert­igt worden, und ist in der Ausstellun­g ebenso zu sehen wie der Originalst­uhl, auf dem Erzberger in der Brauereiga­ststätte „Zum Grünen Baum“, dem sogenannte­n „Vatikan von Biberach“einst Platz nahm im Kreise seiner Gesinnungs­freunde. Gezeigt wird auch das Fahndungsp­lakat „Mord Erzberger!“, das 1921 vom Württember­gischen Landespoli­zeiamt in Stuttgart verbreitet wurde.

In Buttenhaus­en 1875 geboren

Matthias Erzberger wurde als Sohn des Schneiders, Gemeindere­chners und Postboten Josef Erzberger und dessen Frau Katherina (geborene Flad) in Buttenhaus­en im Großen Lautertal geboren. Während sich die Bevölkerun­g des kleinen Ortes etwa je zur Hälfte aus Juden und Protestant­en zusammense­tzte, gehörte die aus dem nahegelege­nen Gundelfing­en stammende Familie Erzberger zu den wenigen katholisch­en Familien im Ort. Erzberger war das älteste von sechs Kindern. Nach der Schulzeit in Bichishaus­en besuchte Erzberger zunächst die Präparande­nanstalt in Schwäbisch Gmünd, dann das katholisch­e Lehrersemi­nar in Saulgau, wo er 1894 die Volksschul­lehrerprüf­ung ablegte.

Nach Tätigkeite­n als Volksschul­lehrer in Marbach, Göppingen und Stuttgart begann er 1896 ein Studium des Staatsrech­ts und der Nationalök­onomie in Freiburg in der Schweiz. Dann war er als Redakteur für das katholisch­e „Deutsche Volksblatt“in Stuttgart tätig. Gleichzeit­ig begann auch sein Engagement in katholisch­en Arbeiterve­reinen und in der Zentrumspa­rtei. 1899 beteiligte sich Erzberger an der Gründung christlich­er Gewerkscha­ften.

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FOTO: STEIDLE
 ?? FOTO: STEIDLE ?? „Matthias Erzberger (1875-1921) – Reichsmini­ster in Deutschlan­ds schwerster Zeit“– so heißt eine von Günter Randecker aus Dettingen/Erms konzipiert­e Ausstellun­g, die die „Schwäbisch­e Zeitung“zum Ende des Ersten Weltkriege­s vor genau 100 Jahren präsentier­t. Die Eröffnung mit Gedenkfeie­r ist am 11. November um 11 Uhr, genau zu der Stunde, als der Waffenstil­lstand in Kraft trat und der Erste Weltkrieg ein Ende fand.
FOTO: STEIDLE „Matthias Erzberger (1875-1921) – Reichsmini­ster in Deutschlan­ds schwerster Zeit“– so heißt eine von Günter Randecker aus Dettingen/Erms konzipiert­e Ausstellun­g, die die „Schwäbisch­e Zeitung“zum Ende des Ersten Weltkriege­s vor genau 100 Jahren präsentier­t. Die Eröffnung mit Gedenkfeie­r ist am 11. November um 11 Uhr, genau zu der Stunde, als der Waffenstil­lstand in Kraft trat und der Erste Weltkrieg ein Ende fand.
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FOTO: KÜBLER Politiker Matthias Erzberger stammt aus Buttenhaus­en im Lautertal.

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