Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Orgel ist ihre Leidenschaft
Sigrid Scholz-Grathwohl spielt das Instrument seit 50 Jahren - Und das, obwohl sie zunächst einen anderen Beruf lernte
NEU-ULM/GERLENHOFEN - Sigrid Scholz-Grathwohl besitzt noch Fotografien aus dem Jahr 1968. Sie zeigen – aufgenommen im August 1968 – die damals 14-Jährige in einem weißen Kleid an der Link-Orgel der Aalener Stadtkirche. Damals hatte das junge Mädchen erst kurze Zeit Orgelunterricht – doch schon drei Monate später spielte es zum ersten Mal in einem Gottesdienst, und eine weitere Woche später umrahmte ihr Orgelspiel erstmals eine Hochzeit in Aalen. In der Region Ulm/Neu-Ulm kennt Sigrid Scholz-Grathwohl 50 Jahre, nachdem sie vom damaligen Aalener Kirchenmusikdirektor Herbert Tuschhoff „ins kalte Wasser geworfen wurde“, vermutlich alle Kirchenorgeln, egal ob sie in katholischen oder evangelischen Kirchen stehen.
Ihr Großvater, der schon vor ihrer Geburt starb, war Konzertpianist und Chorleiter, weiß Sigrid ScholzGrathwohl. Weil es aber in der Familie hieß, dass der Großvater immer viel Arbeit, aber nie Geld hatte, reagierte ihre Familie auf den Wunsch der zwölfjährigen Tochter nach einer beruflichen Laufbahn am Klavier, das sie begeistert erlernte, negativ.
Nach der Konfirmation dann durfte der Teenager, dessen Großeltern direkt neben der Aalener Stadtkirche lebten und dessen Onkel in Schlesien Organist gewesen war, auch Orgel spielen lernen, gründete später ein Streichquartett und hatte bald einen eigenen Chor.
Beruflich aber ging die junge Frau zunächst auf elterlichen Wunsch andere Wege, arbeitete als Sekretärin im Arbeitsamt und in der Psychologischen Beratungsstelle, bis sie in der Musikschule Aalen einstieg.
Durch ihre Heirat kam Sigrid Scholz-Grathwohl nach Gerlenhofen; ihr Ehemann bestärkte sie im Wunsch, sich zur Kirchenmusikerin und Chorleiterin ausbilden zu lassen. Die Orgel der katholischen Kirche „Maria Königin des Himmels und der Erden“in Gerlenhofen ist neben der renovierten Orgel der Pauluskirche, die sie am häufigsten spielt, ihre Lieblingsorgel.
Sigrid Scholz-Grathwohl ist auch Vorsitzende des Orgelfördervereins. „Wenn man in katholischen und evangelischen Kirchen in Bayern und Baden-Württemberg Orgel spielt, muss man aufpassen, wo man gerade ist. Es gibt doch Unterschiede, wo man nichts falsch machen sollte“, sagt die 64-Jährige, die seit fast 30 Jahren als selbstständige Musiklehrerin eine private Musikschule betreibt und die im Jahr 2009 den Chor der „Illerchoralle“gründete.
Nur ein Instrument verstaubt ein bisschen auf dem Schrank in ihrem Arbeitszimmer: das Cello, das Sigrid Scholz-Grathwohl früher auch intensiv spielte.
Nach der Geburt ihres Sohnes reichte die Zeit nicht mehr, um Orgel, Klavier, Flöte und Cello zu spielen. Das Streichinstrument wurde deswegen damals in den einstweiligen Ruhestand geschickt.