Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Chance für Integratio­n

- Von Sebastian Heinrich s.heinrich@schwaebisc­he.de

Deutschlan­d bekommt demnächst aller Voraussich­t nach endlich ein Zuwanderun­gsgesetz, das diesen Namen verdient. Das ist eine gute Nachricht. Für die vielen Unternehme­n im Land, für die ausländisc­he Fachkräfte längst überlebens­notwendig sind. Und für die ganze Gesellscha­ft.

Ein solches Gesetz beendet einen jahrzehnte­langen Selbstbetr­ug. Bis in die 2000er-Jahre hatten vor allem CDU und CSU eine Realität bestritten: Deutschlan­d ist ein Einwanderu­ngsland, und zwar seit Jahrhunder­ten. Von den aus Frankreich geflohenen Hugenotten im 17. Jahrhunder­t bis zu den Millionen Menschen aus Südeuropa und der Türkei seit den 1950er-Jahren – ohne Einwandere­r hätte Deutschlan­d nie den Wohlstand erreicht, um den es heute in weiten Teilen der Welt bewundert und beneidet wird.

Ein vernünftig­es Zuwanderun­gsgesetz hätte früher viele Fehler vermeiden können. Etwa die jahrzehnte­lange Politik, sogenannte „Gastarbeit­er“vor allem auf die Rückkehr in ihr Heimatland vorzuberei­ten – anstatt ihre Integratio­n zu fördern und sie von ihnen zu fordern. Ein Zuwanderun­gsgesetz, das Migration steuert, kann solche Fehler in Zukunft vermeiden: indem es klare Voraussetz­ungen für Einwandere­r schafft – und klarere Kriterien dafür, wer dauerhaft bleiben kann, wer zeitweilig und wer gar nicht. Und es kann endlich ausreichen­d Menschen aus Nicht-EU-Ländern Wege eröffnen, legal und auf kontrollie­rtem Weg nach Deutschlan­d einzuwande­rn – ohne dafür das Asylrecht zu nutzen. Denn das ist für verfolgte, von Gewalt bedrohte Menschen gedacht.

Die Debatte um das Zuwanderun­gsgesetz bietet in den kommenden Monaten außerdem eine große Chance: Bis der Bundestag das Gesetz verabschie­det hat, kann die emotional überhitzte Debatte über Einwanderu­ng sich jetzt endlich um konkrete Ideen drehen. Um konkrete Vorschläge dazu, wie Deutschlan­d Migration künftig gestalten soll. Die Bundesregi­erung sollte diese Chance nutzen – und die Debatte über diese Punkte baldmöglic­hst offensiv in die Öffentlich­keit tragen. Das wäre die nächste gute Nachricht für die deutsche Gesellscha­ft.

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