Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Wir wollten die Westerheimer Fasnet retten“
Mit einem bunten Programm mit Tanz, Musik und Showeinlagen feiert die IGF heute ihren 44. Geburtstag
WESTERHEIM - Die Interessengemeinschaft Fasnet (IGF) Westerheim feiert an diesem Samstag, 10. November, in der Albhalle ihr 44jähriges Bestehen. Zum Jubiläumsprogramm gehören Musik, Tanz, Showeinlagen und Ehrungen. Über die Anfänge der IGF sprach SZ-Redakteur Hansjörg Steidle mit Gründungsund Ehrenmitglied Anton Walter. Er war der erste Vorsitzende der IGF. Mit sechs weiteren Kameraden gründete er am 10. Dezember 1974 die Interessengemeinschaft, die im Jahr 1989 zu einem eingeschriebenen Verein wurde.
Herr Walter, wie war es um die Fasnet in Westerheim vor Gründung der IGF bestellt?
Nach dem Wiederaufbau Westerheims kam die Fasnet so langsam wieder ins Rollen, alte Traditionen wurden aufgegriffen. In den 60erJahren zog noch die sogenannte blaue Truppe mit ihrem Esel durch den Flecken, später auch die Stelzenmänner um Michael Moser, Georg Wiedmann und Anton Fischer, die sich aus Westerheimer Handwerkern zusammensetzten. Sie sorgten dafür, dass die Fasnet erhalten blieb und dann eine Wiederbelebung erfuhr. Sie organisierten mit den Rekrutenjahrgängen etwa den Umzug am Rosenmontag. Dieser stand für 1975 auf der Kippe, da Stelzen wie Rekruten keine richtige Lust für das närrische Treiben entwickeln wollten. Ein Fortbestand der Westerheimer Fasnet war in Gefahr.
Da mussten Sie und weiter Mitstreiter handeln?
Ja, unbedingt. Die Westerheimer Fasnet lag uns am Herzen. Sie durfte nicht sterben, sie musste weiterleben. Wir mussten reagieren und die Fasnet auf feste und geordnete Beinen stellen. Die Idee zu einer Art Vereinsgründung war in einer geselligen Kartenrunde im Herbst 1974 im Gasthaus Hirsch entstanden. Unser sogenannter „Rassa-Clubs“sprach sich dafür aus, die Fasnet in Westerheim zu fördern und auszubauen. Wir legten einen Termin für eine Vereinsgründung fest.
Wann und wie schlug dann die Geburtsstunde der IGF?
Diese erfolgte am 10. Dezember 1974 im Sportheim mit dem Ziel, die Fasnet und den Rosenmontagsumzug für 1975 zu retten. Wir waren damals sieben Männer. Jeder von uns war bereit, den Posten anzunehmen, der ihm bei geheimen Wahlen übertragen wurden. Bei der Gründungsversammlung wurde ich zum Vorsitzenden gewählt, Manfred Rehm zu meinem Stellvertreter und zum Kassierer. Karl Klöble übernahm das Amt des Schriftführers. Zu Beisitzern gewählt wurden Fritz Baumeister, Karl Bernhard, Werner Goll und Gebhard Moser. Sechs Wahlrunden waren abgeschlossen und sechs Posten belegt, als zum Schluss noch der Vorsitzende zu wählen war. Es war dann klar, dass ich die neue Interessengemeinschaft leiten sollte. Bei sechs Ja-Stimmen wählten mich die Kameraden zum Vorsitzenden der IGF Westerheim
Wie waren die Anfangsjahre nach der doch schweren Geburt?
Der Anfang war schwer und hart, ja sogar steinig. Es wurden durchaus Stimmen laut, die unserer Gruppe keine lange Zukunft voraussagten. Sie prophezeiten uns ein baldiges Aus. Wir mussten uns im Ort erst einmal behaupten und durchsetzen und Überzeugungsarbeit leisten. Mit Einnahmen aus den Kartenspielen wurde die Kasse erstmals gefüllt. Mit Bettelbriefen baten wir um Geldspenden. In den ersten Wochen konnten wir bereits einen regen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Die Anfangsjahre bargen für mich auch ein Risiko. Wir waren lange kein eingeschriebener Verein und ich haftete mit meinem Privatvermögen.
Was war zunächst anzuschaffen?
Wir benötigten dringend neue Stelzen für junge Stelzenläufer, die habe ich in Göppingen und Ehingen besorgt. Die waren für unsere neue junge Truppe aber viel zu lang. Ich kann mich noch gut erinnern, wie die jungen Leute vom Flachdach meiner Garage auf die Stelzen stiegen und sich an den Wänden entlang hangelten. Sie mussten üben, immer wieder fiel einer zu Boden. Später hat Hans Moser für uns die Stelzen gezimmert.
Ein Höhepunkt der Westerheimer Fasnet sind die Bürgerbälle? Wie sind sie entstanden?
Bereits am 2. Februar 1975 fand der erste Bürgerball unter der Regie der IGF im Rössle-Saal statt. In die Bütt stiegen damals Bernhard Walter als „Wanga-Weible“und Eberhard Walter als Fußballer sowie Gebhard „Jessy“Moser. Putzfrauen und Klatschweiber spielten damals Helga Knupfer und Martha Baumeister. Charly Klöble hielt eine Bettelpredigt. 1975 entstand die IGF-Tanzgarde, die zunächst Frau Weber aus Mühlhausen leitete. Die Bürgerbälle sind heute fester Bestandteil der Fasnet mit weit mehr als 100 Aktiven.
Sie leiteten bis 1989 die IGF. Sind Sie heute stolz auf das Erreichte?
Unbedingt. Wenn man bedenkt, dass die IGF mal gerade mit sieben Mann startete und heute gut 300 Mitglieder bei rund 180 Aktiven zählt, darf ich ein bisschen stolz sein. Die Westerheimer Fasnet ist aus dem Gemeindeleben nicht mehr wegzudenken. Sie erfreut sich großer Beliebtheit und lockt immer mehr Gäste an. Das ist schön und lässt mein Herz als Gründungsmitglied höher schlagen. Wir hatten nie gedacht, dass mal mehr als 100 Vereine und Zünfte zum Rosenmontagsumzug kommen.
Was wünschen Sie der IGF für die Zukunft?
Dass sie die gute Tradition der Westerheimer Fasnet aufrecht erhält und stets ausreichend Mitglieder in ihren Reihen hat. Dass sie weiterhin gedeiht und die Bevölkerung mit tollen Fasnetsbeiträgen erfreut, sei es bei den Bürgerbällen, beim Rosenmontagsumzug oder bei der Kinderfasnet. Sie soll eine nette und harmonische Gruppe bleiben. Die IGF soll eine gute Zukunft haben.