Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mesale Tolus Ehemann Suat Corlu ist zurück in Deutschland
Prozess wegen angeblicher Verbindungen zu einer Terrororganisation geht weiter
ULM - Suat Corlu, der Ehemann der aus Ulm stammende deutsche Journalistin Mesale Tolu, ist wieder bei seiner Familie in Neu-Ulm. Ein türkischer Richter hatte die Ausreisesperre gegen Corlu, der türkischer Staatsbürger ist und sich wegen angeblicher Terrorwürfe vor Gericht verantworten muss, Mitte Oktober aufgehoben. „Ja, wir sind wieder zusammen“, sagte Tolu, die mit dem gemeinsamen Sohn seit Ende August wieder in NeuUlm lebt, am Sonntag der „Schwäbischen Zeitung“, „mein Mann ist vor einigen Tagen hier angekommen.“Die Familie werde jetzt „ein ganz normales Leben führen“.
Allerdings geht der Prozess wegen Verbindungen zu einer Terrororganisation gegen Suat Corlu und fünf weitere Angeklagte weiter. Er ist auf den 10. Januar angesetzt. Suat Corlu wird nach Angaben seiner Ehefrau in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder in die Türkei reisen: „Er ist ja Vorstand in der ESP.“Die sozialistische Partei ist Teil der pro-kurdischen HDP. Die HDP fungiert als Dachorganisation für mehrere politische Parteien. Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft ihr vor, der politische Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein.
Angesichts einer neuen Verhaftungsund Verurteilungswelle in der Türkei rät Tolu anderen aus politischen Gründen festgesetzten Bundesbürgern in dem Land, auf sich aufmerksam zu machen: „Ich habe von Anfang an den Weg in die Öffentlichkeit gesucht“, sagte Tolu: „Es bringt nichts, still zu bleiben.“
„Tatsächlich wurde mir von deutschen Vertretern immer wieder mal geraten, doch der stillen Diplomatie eine Chance zu geben“, hatte Tolu der „Welt am Sonntag“gesagt. Dies sei ihrer Erfahrung nach aber der falsche Weg. „Wenn man einfach in seiner Zelle ausharrt und schweigt, passiert nichts. Die Türkei ist kein Rechtsstaat. Abwarten heißt, sein Schicksal anderen in die Hand legen. Und jeder Tag da drinnen ist ein Tag zu viel“. Sie betonte: „Wenn man Unrecht erfährt, muss man das auf die Tagesordnung setzen.“
Noch mehrere Deutsche in Haft
Mehrere deutsche Staatsbürger sitzen immer noch wegen Terrorvorwürfen in türkischer Untersuchungshaft. Darunter ist der Kölner Adil Demirci, dessen Prozess am morgigen Dienstag beginnt.
Drei Urteile gegen Deutsche sind bekannt: Die Kölner Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane war am Mittwoch wegen Terrorvorwürfen zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht im westtürkischen Edirne sprach die deutsche Sängerin mit kurdischen Wurzeln wegen Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK schuldig.
Ende Oktober wurde dann der 29jährige Gießener Patrick K. wegen Mitgliedschaft in der YPG – dem syrischen Ableger der PKK – zu mehr als sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist im osttürkischen Elazig inhaftiert. Nach Angaben seiner Familie war er zum Wandern in der türkisch-syrischen Grenzregion unterwegs.
Ende September war der Hamburger Ilhami A. wegen angeblich über Facebook verbreiteter Terrorpropaganda für die PKK zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. A. ist auf freiem Fuß, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Er darf jedoch nicht ausreisen.
Im vergangenen Jahr hatte eine Reihe von Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei eine schwere Krise zwischen Berlin und Ankara ausgelöst. In der Türkei werden immer wieder auch Ausländer wegen Inhalten in den sozialen Medien festgenommen. Vor kurzem verschärfte das Auswärtige Amt die Reisehinweise für die Türkei. Es warnt Deutsche deutlicher als zuvor vor regierungskritischen Meinungsäußerungen in sozialen Medien.