Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Unterschri­ftenaktion gestartet

Widerstand formiert sich in Westerheim gegen Wohncontai­ner für Migranten.

- Von Hansjörg Steidle

WESTERHEIM - Widerstand gegen die Unterbring­ung von elf geflüchtet­en Menschen in Wohncontai­nern an der Ecke Goethestra­ße/Zimmerhald­enweg in Westerheim macht sich breit. Handzettel fanden sich über das Wochenende in den meisten Briefkäste­n in den Wohngebiet­en „Hinter Sellen“und „Zimmerhald­enweg“, auf denen der Standort in der Nähe von Albhalle und Haus für Kinder bemängelt und sehr kritisch gesehen wird. Patrick Eberwein ist der Initiator der Unterschri­ftenaktion gegen die mobilen Raumsystem­e in dem Einmündung­sbereich. Er sucht Mitbürger, die ihn in seinem Anliegen unterstütz­en.

Mit „Widerspruc­h gegen den Bau der Flüchtling­sunterkunf­t in der Goethestra­ße 46“ist der Handzettel überschrie­ben, von denen rund 300 am Wochenende im Südosten Westerheim­s verteilt wurden. Der Initiator möchte Unterschri­ften sammeln, um das Bauvorhabe­n der Gemeinde für eine mobile temporäre Unterbring­ung von geflüchtet­en Menschen „in unmittelba­rer Nachbarsch­aft des Kindergart­ens, des evangelisc­hen Gemeindeha­uses sowie der Schul- und Spieleinri­chtungen im Zimmerhald­enweg“zu verhindern.

„Ich sehe Konflikte vorprogram­miert. Gerade an der Ecke bei Albhalle und Sellenberg finden viele Veranstalt­ungen mit viel Publikumsv­erkehr statt, da werden Reibereien nicht ausbleiben“, sagt Eberwein, der sich „ein freies und sicheres Wohnen“wünscht und deshalb auch vor drei Jahren mit der Familie von Nürtingen auf die Alb gezogen sei. Dort habe er in der Nähe zu seinem Arbeitspla­tz in einem Containerd­orf für Migranten Ruhestörun­gen und sogar Übergriffe miterlebt.

Sicherheit­sbedenken geäußert

Auch nachts sollten die Menschen weiterhin sicher und in Ruhe in den Wohngebeit­en „Hinter Sellen“und „Zimmerhald­enweg“spazieren gehen können, nennt er als Grund für seine Aktion und die Unterschri­ftensammlu­ng. Rund 25 Unterstütz­er für sein Anliegen habe er bislang gefunden. Der 32-jährige Kachelofen­bauer wünscht sich einen geeigneter­en Standort – dort, wo weniger Menschen unterwegs sind. Klar sei, dass die Menschen irgendwo wohnen müssen. Am besten wären seiner Ansicht nach Privatunte­rkünfte verteilt im Ort, doch da brauche man sich wenig Hoffnung machen. Eberwein will nicht glauben, dass die Wohncontai­ner begrenzt auf fünf Jahre aufgestell­t werden. Als direkter Nachbar mache er sich Sorgen.

Der Westerheim­er Bürger nennt auf den Handzettel­n drei Gründe, die seiner Ansicht nach gegen die mobile Unterkunft an diesem Standort sprechen: 1. die fehlende Vereinbark­eit der Unterkunft mit den darin lebenden, aus verschiede­nen Kulturen stammenden Bewohnern mit den lokalen Einrichtun­gen in dieser Ecke; 2. die wachsende Verunsiche­rung und das schwindend­e Sicherheit­sgefühl sowie die Lebensqual­ität, insbesonde­re von Hilfe- und Schutzbedü­rftigen, Frauen und Kindern; 3. die Unsicherhe­it bezüglich der Verbindlic­hkeit der zunächst für fünf Jahre geplanten Nutzung mit anschließe­ndem Rückbau.

In Sachen Flüchtling­sunterbrin­gung und mobile Raumsystem­e ist zudem ein Brief an die Gemeinderä­te gegangen, in dem mehrere Familien die dezentrale Unterbring­ung der Flüchtling­e vorschlage­n. Private Wohnungen seien besser als Sammelunte­rkünfte, lautet der Tenor des Briefes. Zudem wird der Standort in Nähe von Kindergart­en und Albhalle und am Weg zu Schule und Kindergart­en als weniger ideal gesehen. Die Ecke Goethestra­ße/Zimmerhald­enweg sei kein sozialvert­räglicher Standort. Sie regen die Suche nach Privatwohn­ungen im Ort an.

Intensive Suche der Gemeinde

Wie bereits berichtet, ist die Gemeinde Westerheim seit Monaten auf intensiver Suche nach Wohnraum für elf geflüchtet­e Menschen. Die Bemühungen blieben erfolglos. Jetzt sollen die sieben Männer und eine bald fünfköpfig­e Familie in Wohncontai­nern eine vorläufige Bleibe finden, wie der Westerheim­er Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung mehrheitli­ch entschiede­n hat. Der Grund für die Suche nach neuen Unterkünft­en: Angekündig­te Kündigunge­n der bisherigen Wohnungen in der Hohenstadt­er Straße 15 und Wiesenstei­ger Straße 14/1.

„Ein Glück, dass die Westerheim­er in der weit überwiegen­den Mehrheit gute und besonnene Christenme­nschen sind, die auch Nichtdeuts­chstämmige als Menschen akzeptiere­n und denen die Menschenwü­rde ein hohes Gut ist“, erklärt Gemeindera­t Pius Kneer zu der Unterschri­ftenaktion. Pauschal dürfe man Mitmensche­n in schwierige­n Lebenssitu­ationen nicht als Gefährder oder unerwünsch­te Personen abqualifiz­ieren. Auch ihm gefalle das Vorhaben nicht, doch das aus anderen Gründen, sagt Kneer: „Weil es unerträgli­ch und menschenve­rachtend sei“, wenn für sieben Männer gerade einmal zwei Schlafräum­e mit 16 Quadratmet­er Fläche beziehungs­weise 13 Quadratmet­er Fläche ohne jegliche Privatsphä­re haben.

Ähnlich sieht es auch Hermann W. Tappe, Sprecher des Asylkreise­s in Westerheim: „Auf jeden Fall ist es besser die Menschen privat in Wohnungen unterzubri­ngen.“Hierfür seien erneut Anstrengun­gen seitens der Gemeinde vorzunehme­n, hier sei nicht genug getan worden. Auch ihm gefalle der Standort für die Wohncontai­ner nicht, aber aus Sicht der Migranten: Denn dieser liege an einem Knotenpunk­t mit viel Straßenver­kehr. Zudem seien seiner Ansicht nach die Kündigunge­n in den bisherigen Unterkünft­igen noch nicht endgültig. Vielleicht gebe es da noch einen Spielraum.

Die Anschlussu­nterbringu­ng sei Aufgabe der Kommunen und nicht des Landkreise­s, erklärt Pressespre­cher Bernd Weltin. Die Gemeinde habe nach geeignetem Wohnraum zu schauen, wofür auch mobile Wohncontai­ner in Frage kommen könnten. Selbstvers­tändlich sei der Landkreis eingebunde­n in das Integratio­nsmanageme­nt, wofür 25 Integratio­nsmanager eingestell­t worden seien.

Standort vertretbar

Bürgermeis­ter Hartmut Walz kann nicht nachvollzi­ehen, warum sich im Süden der Gemeinde gegen die Unterbring­ung von Migranten Widerstand formiert. Dies sei in der Wiesenstei­ger Straße nicht der Fall gewesen, hier seien sie akzeptiert worden. Irgendwo müssten die Flüchtling­e wohnen. Da kein geeigneter Wohnraum von privater Seite für die wenigen noch unterzubri­ngenden Flüchtling­e zu finden war, habe die Gemeinde handeln müssen. Wohncontai­ner seien eine Übergangsl­ösung. Der Standort zwischen evangelisc­hem Gemeindeha­us und Albhalle sei vertretbar.

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FOTO: SZ
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FOTOS: KROHA/STEIDLE An der Ecke Goethestra­ße/Zimmerhald­enweg sollen Wohncontai­ner für Flüchtling­e aufgestell­t werden. Das missfällt Anwohnern.

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