Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Landwirt wehrt sich

Anwohnern stinkt’s: Feldstette­r Bauer sieht die Schuld aber nicht bei sich.

- Von Johannes Rauneker

FELDSTETTE­N - Zwei Parteien stehen sich in Feldstette­n gegenüber – beiden stinkt’s. Auf der einen Seite Anwohner und andere Bürger Feldstette­ns, die sich wegen Gerüchen des Bauernhofs am westlichen Ortsrand und eines benachbart­en Schafstall­s beklagen. Auf der anderen Seite der betroffene Landwirt. Er sieht sich zu Unrecht als Buhmann verunglimp­ft, der die Luft verpesten würde. Dabei habe er nur das gebaut, was ihm genehmigt wurde. Er beklagt: Landwirte müssten derzeit für vieles als Sündenböck­e herhalten. Unklar ist die Rolle einer dritten Partie, des Landratsam­tes.

Die SZ hat am Donnerstag ein Detail falsch berichtet. Die Berechnung­en nämlich, die Bauamtslei­ter Günter Hascher im Bauausschu­ss präsentier­te, bezogen sich auf zwei Betriebe. Und nicht allein auf den am Ortsrand liegenden Kuhstall von Landwirt Reinhold Hirning. Die hohen Emissionsw­erte kommen zustande, weil sich ein Steinwurf entfernt vom Hirning-Betrieb noch ein weiterer Schafstall befindet.

Für die betroffene­n Anwohner ändert sich unterm Strich nichts im Vergleich zum am Donnerstag in der SZ veröffentl­ichten Artikel. Die Tiere – beider Betriebe – stoßen Emissionen aus, die um ein Vielfaches höher sind, als sie eigentlich sein dürften.

Reinhold Hirning, mit dem die SZ am Donnerstag vor Ort spricht, darf laut Genehmigun­g etwas mehr als 300 Tiere halten. Und dem Schafbetri­eb ist die Haltung von insgesamt 120 Mutterscha­fen und 30 Mastlämmer­n erlaubt.

Werte nicht nachvollzi­ehbar

Als er am Donnerstag­morgen die Zeitung las, sei er erschrocke­n, berichtet Hirning. Die Werte, die eine jüngste Geruchsimm­issionsprü­fung (GIP) im vergangene­n November zu Tage gefördert hat und welche in der Bauausschu­sssitzung präsentier­t wurden, seien für ihn nicht nachvollzi­ehbar. Schon seit 20 Jahren stünde besagter Kuhstall am westlichen Ortsrand. 2009 erhielt er die Genehmigun­g für eine Erweiterun­g, die mittlerwei­le umgesetzt wurde. Und um die Ermittlung der entstehend­en Gerüche habe sich seinerzeit das Regierungs­präsidium gekümmert. Antrag – Prüfung – Genehmigun­g: Er habe sich immer an den vorgeschri­ebenen Weg gehalten. Und nun soll er der Buhmann sein, nur weil er ein zusätzlich­es Güllesilo bauen muss, um nicht die Gülle über einige Kilometer entfernt zur Entsorgung fahren zu müssen? Reinhold Hirning fühlt sich ungerecht behandelt.

Auf der anderen Seite: Bewohner Feldstette­ns, die unter dem Stallgeruc­h leiden. Laut Elisabeth Enderle, Ortsvorste­herin und selbst Landwirtin, würden Beschwerde­n diesbezügl­ich vor allem in den Sommermona­ten beim Rathaus eingehen. Sie äußert Verständni­s: Der Hof stehe nun Mal „voll in der Windrichtu­ng“, bei entspreche­nden Wetterlage­n würden die Gerüche in den Ort getragen.

Im Detail kann sie es sich nicht erklären, warum der Hof und der Schafbetri­eb nach aktueller Berechnung solch hohe Emissionen ausstoßen. Womöglich, so Enderle, hätte sich in der Vergangenh­eit eine zuständige Behörde die Sache noch genauer anschauen müssen. Wobei es, so Enderle, mit Berechnung­en und Emissions-Untersuchu­ngen immer so eine Sache sei: Vor Jahrzehnte­n, da zogen Gutachter noch runde Kreise um Hofstellen, um die erwartbare Geruchsbel­ästigung zu kennzeichn­en. Dies entsprach aber nicht der Realität, das Verfahren wurde in der Folge dann verfeinert.

Verantwort­lich für die Genehmigun­g der letzten Erweiterun­g des Betriebs Hirning im Jahr 2009 und des Betriebs des Schafstall­s (Baugenehmi­gungen liegen aus den Jahren 2007 und 2014 vor) ist das Landratsam­t. Dieses verspricht der SZ eine Stellungna­hme für diesen Freitag.

Keine tatsächlic­hen Messungen

Gerüche und Grenzwerte sind eine komplizier­te Sache. Im Grunde werden Rechenmode­lle angestellt, wirkliche, tatsächlic­he Messungen finden nicht statt vor Ort bei den Höfen. Und die Frage bei solchen Erhebungen ist immer auch – und im Feldstette­r Fall ist diese vielleicht entscheide­nd: Werden die Hofstellen mit ihren Emissionen einzeln bewertet oder werden die ausgestoße­nen Gerüche gemeinsam betrachtet und addiert? Schließlic­h nehmen die Anwohner die Gerüche beider Hofstellen – der Schafe und der Kühe – auch gemeinsam war. Die neueste Berechnung, Auftraggeb­er die Stadt Laichingen, tat genau dies.

Für Reinhold Hirning ist die Sachlage derweil klar. Er werde sich nicht abstempeln lassen. Dies sei derzeit in Mode: Landwirte würden für vieles verantwort­lich gemacht, den Klimawande­l, die Verschmutz­ung der Gewässer, für das Artensterb­en. Diesen Schuh ziehe er sich aber nicht an.

Wieso soll er Schuld sein an so vielen Miseren, obwohl er sich doch an Recht und Gesetz halte? Er versuche nur, auskömmlic­h zu wirtschaft­en. Natürlich hätten auch Landwirte eine Verantwort­ung. Er selbst zum Beispiel habe sich entschiede­n, keinen Mais anzubauen, nur um diesen dann in einer Biogasanla­ge zu verheizen. Für ihn sei dies ethisch nicht in Ordnung.

Trotzdem: Nicht nur für einige wenige Feldstette­r scheint die Geruchsbel­ästigung, vor allem im Sommer, am Rande des Erträglich­en zu sein – oder darüber hinaus zu gehen.

Die SZ erreicht am Donnerstag ein Anruf eines Bürgers. Er beklagt: Der Gestank habe in den vergangene­n Jahren immer mehr zugenommen, doch unternomme­n werde: nichts. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass eine abermalige Hof-Erweiterun­g im Westen der Gemeinde mit der aktuellen Debatte für sehr lange Zeit vom Tisch sein dürfte.

Wenn nicht gar für alle Zeiten.

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FOTO: RAU Reinhold Hirnings Hof in Feldstette­ns Westen und ein benachbart­er Schafstall sollen zusammen mehr Gerüche absondern, als erlaubt.

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