Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Landwirt wehrt sich
Anwohnern stinkt’s: Feldstetter Bauer sieht die Schuld aber nicht bei sich.
FELDSTETTEN - Zwei Parteien stehen sich in Feldstetten gegenüber – beiden stinkt’s. Auf der einen Seite Anwohner und andere Bürger Feldstettens, die sich wegen Gerüchen des Bauernhofs am westlichen Ortsrand und eines benachbarten Schafstalls beklagen. Auf der anderen Seite der betroffene Landwirt. Er sieht sich zu Unrecht als Buhmann verunglimpft, der die Luft verpesten würde. Dabei habe er nur das gebaut, was ihm genehmigt wurde. Er beklagt: Landwirte müssten derzeit für vieles als Sündenböcke herhalten. Unklar ist die Rolle einer dritten Partie, des Landratsamtes.
Die SZ hat am Donnerstag ein Detail falsch berichtet. Die Berechnungen nämlich, die Bauamtsleiter Günter Hascher im Bauausschuss präsentierte, bezogen sich auf zwei Betriebe. Und nicht allein auf den am Ortsrand liegenden Kuhstall von Landwirt Reinhold Hirning. Die hohen Emissionswerte kommen zustande, weil sich ein Steinwurf entfernt vom Hirning-Betrieb noch ein weiterer Schafstall befindet.
Für die betroffenen Anwohner ändert sich unterm Strich nichts im Vergleich zum am Donnerstag in der SZ veröffentlichten Artikel. Die Tiere – beider Betriebe – stoßen Emissionen aus, die um ein Vielfaches höher sind, als sie eigentlich sein dürften.
Reinhold Hirning, mit dem die SZ am Donnerstag vor Ort spricht, darf laut Genehmigung etwas mehr als 300 Tiere halten. Und dem Schafbetrieb ist die Haltung von insgesamt 120 Mutterschafen und 30 Mastlämmern erlaubt.
Werte nicht nachvollziehbar
Als er am Donnerstagmorgen die Zeitung las, sei er erschrocken, berichtet Hirning. Die Werte, die eine jüngste Geruchsimmissionsprüfung (GIP) im vergangenen November zu Tage gefördert hat und welche in der Bauausschusssitzung präsentiert wurden, seien für ihn nicht nachvollziehbar. Schon seit 20 Jahren stünde besagter Kuhstall am westlichen Ortsrand. 2009 erhielt er die Genehmigung für eine Erweiterung, die mittlerweile umgesetzt wurde. Und um die Ermittlung der entstehenden Gerüche habe sich seinerzeit das Regierungspräsidium gekümmert. Antrag – Prüfung – Genehmigung: Er habe sich immer an den vorgeschriebenen Weg gehalten. Und nun soll er der Buhmann sein, nur weil er ein zusätzliches Güllesilo bauen muss, um nicht die Gülle über einige Kilometer entfernt zur Entsorgung fahren zu müssen? Reinhold Hirning fühlt sich ungerecht behandelt.
Auf der anderen Seite: Bewohner Feldstettens, die unter dem Stallgeruch leiden. Laut Elisabeth Enderle, Ortsvorsteherin und selbst Landwirtin, würden Beschwerden diesbezüglich vor allem in den Sommermonaten beim Rathaus eingehen. Sie äußert Verständnis: Der Hof stehe nun Mal „voll in der Windrichtung“, bei entsprechenden Wetterlagen würden die Gerüche in den Ort getragen.
Im Detail kann sie es sich nicht erklären, warum der Hof und der Schafbetrieb nach aktueller Berechnung solch hohe Emissionen ausstoßen. Womöglich, so Enderle, hätte sich in der Vergangenheit eine zuständige Behörde die Sache noch genauer anschauen müssen. Wobei es, so Enderle, mit Berechnungen und Emissions-Untersuchungen immer so eine Sache sei: Vor Jahrzehnten, da zogen Gutachter noch runde Kreise um Hofstellen, um die erwartbare Geruchsbelästigung zu kennzeichnen. Dies entsprach aber nicht der Realität, das Verfahren wurde in der Folge dann verfeinert.
Verantwortlich für die Genehmigung der letzten Erweiterung des Betriebs Hirning im Jahr 2009 und des Betriebs des Schafstalls (Baugenehmigungen liegen aus den Jahren 2007 und 2014 vor) ist das Landratsamt. Dieses verspricht der SZ eine Stellungnahme für diesen Freitag.
Keine tatsächlichen Messungen
Gerüche und Grenzwerte sind eine komplizierte Sache. Im Grunde werden Rechenmodelle angestellt, wirkliche, tatsächliche Messungen finden nicht statt vor Ort bei den Höfen. Und die Frage bei solchen Erhebungen ist immer auch – und im Feldstetter Fall ist diese vielleicht entscheidend: Werden die Hofstellen mit ihren Emissionen einzeln bewertet oder werden die ausgestoßenen Gerüche gemeinsam betrachtet und addiert? Schließlich nehmen die Anwohner die Gerüche beider Hofstellen – der Schafe und der Kühe – auch gemeinsam war. Die neueste Berechnung, Auftraggeber die Stadt Laichingen, tat genau dies.
Für Reinhold Hirning ist die Sachlage derweil klar. Er werde sich nicht abstempeln lassen. Dies sei derzeit in Mode: Landwirte würden für vieles verantwortlich gemacht, den Klimawandel, die Verschmutzung der Gewässer, für das Artensterben. Diesen Schuh ziehe er sich aber nicht an.
Wieso soll er Schuld sein an so vielen Miseren, obwohl er sich doch an Recht und Gesetz halte? Er versuche nur, auskömmlich zu wirtschaften. Natürlich hätten auch Landwirte eine Verantwortung. Er selbst zum Beispiel habe sich entschieden, keinen Mais anzubauen, nur um diesen dann in einer Biogasanlage zu verheizen. Für ihn sei dies ethisch nicht in Ordnung.
Trotzdem: Nicht nur für einige wenige Feldstetter scheint die Geruchsbelästigung, vor allem im Sommer, am Rande des Erträglichen zu sein – oder darüber hinaus zu gehen.
Die SZ erreicht am Donnerstag ein Anruf eines Bürgers. Er beklagt: Der Gestank habe in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen, doch unternommen werde: nichts. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass eine abermalige Hof-Erweiterung im Westen der Gemeinde mit der aktuellen Debatte für sehr lange Zeit vom Tisch sein dürfte.
Wenn nicht gar für alle Zeiten.