Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Seehofer verschärft die Gangart bei den Abschiebungen
Bundesinnenminister legt das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“vor – Lob von Strobl, harte Kritik von Pro Asyl
BERLIN (AFP/KNA/sal) - Seit seinem Antritt als Bundesinnenminister verspricht Horst Seehofer, dass er die Zahl der Abschiebungen erhöhen will. Jetzt hat der CSU-Politiker einen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt – und erhält neben Zustimmung aus Unionskreisen für die härtere Gangart auch viel Kritik aus Reihen der Opposition und von Nichtregierungsorganisationen wie Pro Asyl. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) lobte Seehofers Vorschläge am Donnerstag. Er sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Der Gesetzentwurf geht jetzt in die absolut richtige Richtung.“Vieles, was er selbst häufig gefordert habe, werde „hier konkretes Regierungshandeln“.
Das am Donnerstag von Seehofer an die anderen Ministerien übermittelte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“sieht unter anderem vor, dass künftig bestraft werden kann, wer Betroffene vor einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung warnt. Auch soll besser unterschieden werden können zwischen Ausreisepflichtigen, die aus humanitären Gründen geduldet sind, und solchen, die ihre Abschiebung aktiv behindern. Insgesamt gab es laut Innenministerium Ende 2018 rund 236 000 Ausreisepflichtige, davon 180 000 mit Duldung und 56 000 ohne Duldung. Nun solle der Fokus stärker auf die Gruppe der Geduldeten gelegt werden. Von diesen hätten fast 80 Prozent keine Reisedokumente. Wer seine Ausreise so oder durch Identitätstäuschung verhindere, soll aus der Duldung herausfallen. Auch sollen die Voraussetzungen für die Abschiebehaft vereinfacht werden. ProAsyl-Chef Günter Burkhardt kritisierte, die „uferlose Ausdehnung von Haftgründen“könne nahezu jeden abgelehnten Asylbewerber treffen.
Heute stimmt der Bundesrat zudem darüber ab, ob Tunesien, Algerien, Marokko sowie Georgien künftig als „sichere Herkunftsstaaten“eingestuft werden. Auch dieses Gesetz hat zum Ziel, Asylverfahren zu beschleunigen.
BERLIN (sal) - Seit Jahren wird über die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer gestritten, doch noch immer gibt es keine Einigung. Durch die Ausweisung als sicheres Herkunftsland sollen schnellere Asylentscheidungen ermöglicht werden.
Heute wird der Bundesrat erneut über die vier Länder Georgien, Marokko, Tunesien und Algerien entscheiden. Die Grünen wollen nicht zustimmen, weil sie die Lage in diesen Ländern nicht für alle Bürger als sicher einschätzen. Ohnehin sei dies eine symbolische Einstufung, sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Viel wichtiger sei es, verbesserte Verfahren an den Verwaltungsgerichten zu schaffen, Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern zu schließen und vor jedem Asylverfahren eine Rechtsberatung durchzuführen.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, es sei an der Zeit, „die elende Debatte über die sicheren Herkunftsländer zu beerdigen“. Die Grünen sind in neun von 16 Landesregierungen vertreten und haben im Bundesrat 37 von 69 Stimmen. Das heißt, sie können das Gesetz blockieren. Baden-Württemberg hat allerdings eine Annahme des Gesetzes signalisiert, doch auch das würde nicht weiterhelfen. Denn das rot-rotregierte Brandenburg hat angekündigt, der Ausweisung nicht zuzustimmen. Damit müssten mindestens zwei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung dem Gesetz ihr Okay geben, damit es den Bundesrat passieren kann.
Zunächst hieß es, dass das schwarz-grün regierte Hessen noch einmal eine Vertagung der Entscheidung beantragt, nun gab Hessen bekannt, sich der Stimme zu enthalten. In einer Vertagung sehen viele Grüne ohnehin keinen Sinn, weil sich an ihrer Haltung nichts ändere.
Wenn das Thema heute im Bundesrat aufgerufen wird, könnte es damit enden, dass es an den Vermittlungsausschuss weitergeleitet wird. Dann wiederum wird für möglich gehalten, dass es eine abgespeckte Lösung gibt. So erscheint Georgien am ehesten als sicheres Herkunftsland geeignet, auch bei Marokko gibt es weniger Bedenken als bei den anderen beiden Ländern.