Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bayern München kontert Dortmund
Bayern bleibt in der Bundesliga das Team der Stunde – Niko Kovac dünnhäutig
MÜNCHEN (sz) - In der FußballBundesliga hat der FC Bayern München im Fernduell um die Tabellenführung mit Borussia Dortmund nachgelegt. Die Bayern besiegten am Sonntag chancenlose Mainzer mit 6:0 und bleiben punktgleich mit dem BVB Spitzenreiter. Mann des Spiels war der Kolumbianer James mit drei Toren.
MÜNCHEN - Gerade hatten sie den auffälligsten und erfolgreichsten Spieler des Abends mit viel Applaus und fast noch lauterem Jubel vom Feld verabschiedet, nun wurden die Bayernfans vielleicht ein wenig zu übermütig. James, Autor dreier wunderschöner, obgleich teils auch mit erschreckend wenig Gegenwehr zustande gekommener Tore, hatte sich gerade mal eine warme Jacke angezogen, als es von der Südkurve der Allianz Arena tönte: „Nur noch vier, nur noch vier.“Als ob in der Allianz Arena neuerdings Eishockey gespielt werden würde.
Genug Dampf im Kessel
Zehn Tore wurden es in den folgenden 17 Minuten nicht mehr, die Bayern beließen es beim 6:0 (3:0) gegen den FSV Mainz. Genug, um den Rheinhessen die höchste Niederlage in der Bundesliga generell zuzufügen. Genug aber vor allem auch, um die nach dem hochverdienten 1:3 am Mittwoch gegen Liverpool in der Champions League doch etwas durcheinandergeratene Bayernwelt wieder durch die weißrote Brille zu sehen. Sechs Tore gegen Mainz waren ja auch sechs schöne Grüße nach Dortmund, das seinerseits ein turbulentes Spiel bei Hertha BSC am Vortag zwar 3:2 gewonnen hatte, aber in einer Saison, in der das Torverhältnis am Ende womöglich ausnahmsweise tatsächlich über Titel oder nicht entscheiden könnte, nun bereits sieben Tore hinter den Serienmeistern aus München liegt. Thomas Müller, der sehr gut mit James harmoniert hatte, freute sich zusammen mit den „neutralen Fans“über ein „rassiges Fernduell mit Dortmund“. Der Rivale wisse, dass „er keinen Fehler machen dürfe“.
Eine der Fragen nach dem 1:3 in der Champions League war ja gewesen, ob bei den Münchnern nun auch die Luft draußen sein könnte für die zwei noch zu vergebenden nationalen Titel. Würde die Mannschaft, die in der Bundesliga nach einer unwiderstehlichen Aufholjagd neun Punkte auf den BVB aufgeholt und die jungen Dortmunder Himmelsstürmer schließlich sogar überholt hatte, nach der Ernüchterung gegen Liverpool nun die Spannung verlieren? Am Sonntag beantworteten die Bayern die Frage mit einem klaren Nein. „Das war sehr wichtig, nach dem doch sehr enttäuschenden Spiel am Mittwoch eine Reaktion zu zeigen. Wir haben gemeinsam die Enttäuschung wettgemacht. Nicht nur das Ergebnis freut mich, sondern auch die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben. Wir können beruhigt in die Länderspielpause gehen“, sagte Trainer Niko Kovac.
Doch das 6:0 in der Liga, die Tore von Robert Lewandowski (3. Minute), James (33./51./55.), Kingsley Coman (39.) und Alphonso Davies (70.), waren das Eine. Das andere waren die Niederlage gegen Liverpool und das große Ganze.
„Ich finde, dass wir im Großen und Ganzen seit drei Monaten sehr guten Fußball spielen“, sprach dann auch Präsident Uli Hoeneß zu den Reportern, nachdem er der Mannschaft und Kovac zum klaren Sieg gegen Mainz und zur Verteidigung der Tabellenführung gratuliert hatte. Und das Aus in der Champions League? Vergeben, vergessen, verdaut? Das dann doch nicht. „Gleichwohl muss man konstatieren, dass wir am Mittwoch nicht gut gespielt haben, zu wenig Mumm hatten“, so Hoeneß. Die Niederlage gegen Jürgen Klopps gut geölte Pressingmaschine sei „noch nicht verdaut“.
Hoeneß gegen Generalkritik
Doch der klare Sieg gegen Mainz, der sich in der Bundesliga ja einreihte in die klaren Siege gegen Mönchengladbach (5:1) und Wolfsburg (6:0), gab Hoeneß Anlass genug für eines dieser von einer ordentlichen Portion Mia san Mia genährten großen Uli-Hoeneß-Abers: „Aber ich kann die generelle Kritik von dem ein oder anderen, der auch hier steht, nicht verstehen. Man kann nicht ein Spiel anschauen und dann eine Generalkritik über den FC Bayern machen. Zu sagen, der FC Bayern ist wegen dieses Spiels international nicht konkurrenzfähig, das ist mir zu weit hergeholt.“
Tatsächlich hatten nach dem Achtelfinalaus gegen Liverpool viele langjährige Beobachter des Clubs und seiner Spiele das Ende der äußerst erfolgreichen, einst unter Louis van Gaal begonnenen und von Jupp Heynckes und Pep Guardiola zur Blüte gebrachten Dekade der Dominanz-Bayern verkündet. Für Hoeneß aber kann ein schwaches Spiel wie gegen Liverpool eben „schon mal vorkommen“.
Ziemlich überrascht wirkte Kovac, als er mit der These konfrontiert wurde, dass es so aussähe, als ob Bayern mit ihm in Zeiten des Umbruchs, nationale Titel holen könne, Kritiker ihm aber nicht zutrauen würden, den Club wieder in die Top 4 Europas zu führen. Was er denn den Kritikern entgegnen würde? „Hammer-Frage ... Gar nichts. Die werden wahrscheinlich recht haben“, so Kovac.