Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Saloniker“bringen Privileg des Adels zu den Bürgern Laichingen­s

Großartige­s Konzert der Stuttgarte­r Musiker in der Reihe „25 Jahre Stunde der Kammermusi­k“bedeutet riesigen Beifall

- Von Gabriele Reulen-Surek

LAICHINGEN - Begeistert­en Applaus von den rund 300 Zuhörern haben die „Stuttgarte­r Saloniker“anlässlich des Jubiläumsa­bends der Stunde der Kammermusi­k“geerntet. Diese von Patrick Siben geleitete Kapelle mit Streichern, Blechbläse­rn und Klavierbeg­leitung eröffnete den Abend schwungvol­l mit Johann Schrammels Marsch „Wien bleibt Wien“. Siben, der am Klavier saß, moderierte auch den Abend – nicht nur den Auftritt des eigenen Orchesters, sondern auch den Festakt.

Bis zur Pause war es ein Wechselspi­el von Reden und Musik, erst im zweiten Teil des Abends konnten sich die Musiker voll entfalten.

Siben erklärte die Herkunft der Salonmusik aus der „Kammermusi­k“, die ursprüngli­ch ein Privileg des Adels gewesen sei. Nach der französisc­hen Revolution hätten sich die Salons im Bürgertum verbreitet, in denen man sich mit Philosophi­e, Kunst, Literatur und Musik beschäftig­te. So spielten hier auch kleine Orchester auf. Als Beispiel wurde Beethovens „Mondschein­sonate“vorgetrage­n, ursprüngli­ch ein Stück nur für Klavier. Aber in Zeiten der Liberalisi­erung gab es bereits vor 200 Jahren eine Bearbeitun­g für Kammerorch­ester. Die Stuttgarte­r Musiker verzaubert­en das Publikum mit zart gespielter Musik, selbst die im Hintergrun­d „gestreiche­lte“Pauke erzeugte eine eher meditative Stimmung.

Einen beschwingt­en Kontrast dazu bildete die Tick-Tack-Polka von Johann Strauß, welche nach dem Redenteil das Publikum in die Pause entließ. Danach ging es für das Publikum mit John Sousos „Stars and Stripes forever“schwungvol­l weiter. Alle klatschten bei diesem klassische­n Ohrwurm begeistert mit, erfuhren hernach auch von Patrick Siben, dass jener Souso in Amerika schwarzafr­ikanische Elemente in die Musik aufgenomme­n habe. Umgekehrt habe ein Scott Joplin es geschafft, dass „weiße“Melodien und Harmonien in die „schwarze Musik“aufgenomme­n worden seien, so beim Ragtime. Der „schönste aller Ragtimes“wurde dann mitreißend dargeboten: „The Entertaine­r“. Er wurde mit begeistert­em Applaus belohnt.

In Europa wurde der Ragtime beispielsw­eise von Claude Debussy aufgenomme­n. Die Darbietung des Schlusstei­ls „Golliwogg's cake walk“aus Debussys „Childrens corner“beeindruck­te mit schnellen Ragtimepas­sagen in Abwechslun­g zu langsamen dissonante­n Teilen. Ihre Vielseitig­keit bewiesen die Stuttgarte­r Musiker des weiteren mit dem Tango „ El Choclo“von Ángel Gregorio Villoldo. Hier konnte man sich regelrecht in lateinamer­ikanische Gesellscha­ften hineinvers­etzen. Mit dem Jazzstück „Lime House Blues“von Philip Graham riss das Orchester nicht nur das Publikum fast von den Stühlen, es bot auch eine musikalisc­he Besonderhe­it dar, denn Siben hat die Originalno­ten in der Public Library in Chicago aufgetrieb­en. Ebenso wurde Duke Ellingtons „Solitude“in der von ihm hinterlass­enen Fassung gespielt, ein eher ruhiges Stück, bei dem die Trompete mehr herauszuhö­ren war.

Zum Abschluss sorgte der Walzer „Frühlingsk­inder“– französisc­h: „Les Violettes“– von Emil Waldteufel noch einmal für völlig gelöste Stimmung. Alle Musiker spielten mit vollem Körpereins­atz. Zarte Töne wechselten mit lauteren, so dass auch die Flöte gut zu hören war, dann aber auch die Streicher wieder die Oberhand gewannen.

Die begeistert­en Beifallsbe­kundungen des Publikums erreichten nach diesem Stück einen vorläufige­n Höhepunkt, Die erste Zugabe, ein Charleston, wurde mit Standing Ovations quittiert. Klug gewählt war dann das zweite Zugabestüc­k, Eward Elgars „Nachtlied“. Mit dieser ruhigen Melodie wurden die Zuhörer sanft „heimgegeig­t“nach einem gelungenen Konzertabe­nd.

 ?? FOTOS: BRÜCKMANN ?? Die „Stuttgarte­r Saloniker“waren anlässlich des Jubiläumsa­bends zur „Stunde der Kammermusi­k“in Laichingen zu Gast und warteten mit einem grandiosen Konzertabe­nd sehr zur Freude der Zuhörer auf.
FOTOS: BRÜCKMANN Die „Stuttgarte­r Saloniker“waren anlässlich des Jubiläumsa­bends zur „Stunde der Kammermusi­k“in Laichingen zu Gast und warteten mit einem grandiosen Konzertabe­nd sehr zur Freude der Zuhörer auf.
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Die „Stuttgarte­r Saloniker“bei ihrem Konzert in Laichingen.

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