Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sein Wissen ist auch in Las Vegas gefragt
Der Burgrieder Zauberkünstler Michael Stehle hat sich einen internationalen Ruf erarbeitet
BURGRIEDEN/REGION - In diesen schlimmen Zeiten, in denen wegen der Corona-Krise das öffentliche Leben nahezu zum Erliegen gekommen ist, kann es nur guttun, auch über Positives zu berichten. Dies hat SZ- Mitarbeiter Kurt Kiechle zum Anlass genommen, bei Michael Stehle, alias „Ried-Michl“, nachzufragen, was sich bei ihm in Sachen Zauberei getan hat. Dabei hat sich der Zauberkünstler aus Burgrieden auch zum Thema „Glück“geäußert.
„Pech im Spiel, Glück in der Liebe“– das sei immer eine gerne verwendete Redewendung, die jeder von uns kenne, sagt Stehle. Glück zaubere den Menschen ein Schmunzeln ins Gesicht, es euphorisiere für einen kurzen Moment. „Und wir bekommen dadurch einen kleinen Kick mit positiver Stimmung.“
Bei seinen Auftritten als Zauberkünstler, Glücksbringer und Erbsenzähler spielt Michael Stehle mit Emotionen. Den Zuschauern für eine Weile den Alltag vergessen zu lassen, das ist für ihn „die ehrlichste Art der Unterhaltung, die beim Gegenüber gut ankommt und für positive Reaktionen sorgt“.
Als ausgebildeter Produktdesigner hat Michael Stehle, der ein Unternehmen führt, die Möglichkeit, die Requisiten für seine Zauberkunst im eigenen Betrieb herzustellen. Oftmals seien diese unsichtbar, um dem Zuschauer eine Illusion zu vermitteln. Dabei schlüpft er auch in verschiedene Rollen: Er mimt den heimischen RiedMichl oder den mexikanischen Falschspieler El Miguel. Die Requisiten und das Outfit passen stets zu dem Charakter, den Stehle bei seinen Auftritten darstellt. Und zu den Geschichten, die seine Kunststücke umrahmen.
Der Burgrieder hat sich mittlerweile weltweit in der einschlägigen Branche einen guten Ruf erarbeitet. Es hat sich herumgesprochen, dass im schwäbischen Burgrieden Hütchen-, Nussschalen- und Becherspiele für die Zauberszene entwickelt und hergestellt werden. Künstler in Australien, USA, Kolumbien, Russland, Singapur, Japan, Italien, Frankreich, England – um nur einige Länder zu nennen – bedienen sich der Kreationen aus der MagierWerkstatt von Michael Stehle. Aber auch Psychologie-Professoren machen bei ihren Vorträgen anhand von Tricktechniken bestimmte psychologische Abläufe im menschlichen Gehirn sichtbar.
Michael Stehle entwickelt und produziert für Glücksspielexperten, die unter anderem Casinos in Las Vegas beraten. „Sie sind immer an neuartigen Techniken interessiert, um die Branche des Glücksspiels vor Betrügern zu schützen“, berichtet er. Außerdem wird der verheiratete Zauberkünstler oft zu Workshops verschiedener Zauberzirkel eingeladen – einerseits, um die größte Hütchenspiel-Sammlung
der Welt zu präsentieren, andererseits, um den Kollegen die neuesten Techniken des charmanten Trickspiels beizubringen. „Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland“, erzählt Stehle. „Der nächste Workshop ist in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen geplant.“
Seine neueste Kreation ist das sogenannte „Thimble-Ringing“– eine Variante, die mit Fingerhüten gespielt wird. Bereits vor der Markteinführung ist die erste Auflage schon ausverkauft, erzählt Michael Stehle.
Jedes Mal, wenn ein Zauberrequisit formal neu gestaltet, ein Klassiker überarbeitet und mit neuen Materialien ausgeführt werde, entstünden neue Möglichkeiten, das Publikum zu verzaubern. Das setzt natürlich stundenlange Übungsfrequenzen und Fingerfertigkeit voraus. Und die Talente Stehles verzücken nicht nur das Laienpublikum, sondern auch internationale Größen der Zauberbranche: Zum Beispiel zieht der Gewinner des „World Magic Artist Awards“, Gregory Wilson, den Hut vor dem Können des Burgrieders. Denn selbst er konnte durch Stehles neue Techniken getäuscht werden.
Außer den Zaubertricks hat Michael Stehle noch ein weiteres Steckenpferd: Als Westernfan hat er schon wiederholt die Besucher der Festspiele Burgrieden mit seinen Falschspielkünsten in echtem Westernstil unterhalten. Und in seinem Wohnhaus am Nonnenberg hat er sich ein kleines Zauberatelier eingerichtet, in dem er in kleiner Zaubertheater-Atmosphäre vor ausgewähltem Publikum seine Künste präsentiert.
Was es sonst Neues gibt: Die in jahrelanger Arbeit entwickelten Hütchen und Glücksnüsse, die aus Kunstharz und Bronze produziert werden, gibt es jetzt auch als Seifen oder Schokoladen. Dafür ist Michaels Frau zuständig. Sie ist mit Kreativität und Einfallsreichtum dabei. Inzwischen gibt es eine kleine Kollektion an Dekoseifen mit passenden Sprüchen, wie zum Beispiel „Eine Hand wäscht die andere“oder „Nicht jeder, der sich mit teurer Seife wäscht, riecht auch gut“. In Zeiten der Corona-Krise ist ja das Thema Händewaschen mehr als aktuell. Die Pandemie ist also auch eine Chance auf neue Kreativität.